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Der Pathologe weiß alles, ... aber zu spät.

Der Pathologe weiß alles, ... aber zu spät.

Titel: Der Pathologe weiß alles, ... aber zu spät.
Autoren: Dr. med. Hans Bankl
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Gründung der Wiener Universität mit Stiftungsbrief vom 12. März 1365. Dieser „Rudolf der Stifter“ starb jedoch vier Monate später, und die Universität war unvollständig, da Papst Urban V. aus politischen Gründen eine theologische Fakultät nicht gestattete. Die wurde erst 1384 eingerichtet, und im Jahre darauf konnte der erste Rektor gewählt werden.
Es ist sehr wahrscheinlich, daß die regelmäßige Arbeit an der medizinischen Fakultät nicht vor 1399 begann.
Am 12. Februar 1404 wurde jedenfalls in der Badestube des Heiligen-Geist-Spitales vor den Stadtmauern Wiens die erste öffentliche Sektion einer menschlichen Leiche durchgeführt. Geleitet hat dieses feierliche Ereignis der Dekan der medizinischen Fakultät, Galeazzo de Santa Sophia. Von den eingehobenen Zuschauergebühren wurde das erste Siegel der medizinischen Fakultät angeschafft. Bier, Wein und Konfekt wurden angeboten, „Doctores, Scholares, Apothecarii et Chirurgii“ waren vom Eintrittsgeld befreit, alle übrigen mußten für das Spektakel zahlen.
Das Heiligen-Geist-Spital, vornehmlich für Pilger bestimmt, lag im Süden Wiens vor dem Kärntner Tor und jenseits des Wienflusses, etwa in der Gegend der heutigen Technischen Universität. Anläßlich der ersten Türkenbelagerung 1529 wurde das Krankenhaus aus strategischen Gründen geschleift und nicht mehr aufgebaut. 1452 fand die erste Sektion einer Frauenleiche statt. Diesmal schloß man aber aus Gründen der Sittlichkeit die Öffentlichkeit aus.
Der Buchhändler Alantsee aus der jetzigen Sonnenfelsgasse war der erste Wiener, der in seinem Testament verlangte, daß nach seinem Tod der Körper geöffnet würde.
Das Ergebnis wurde so protokolliert: „. . . daß man ihm nach seinem Begehren und der Freundschaft willen die Brust geöffnet im Jahre 1522 und befunden, daß das Herz mehr denn halben verfault und eitrig gewesen . . .“

WAS IST PATHOLOGIE?
    Jeder braucht sie, keiner will sie.
Im täglichen Sprachgebrauch werden meistens Pathologie und pathologische Anatomie synonym gebraucht. Das war früher einmal richtig, ist jedoch gegenwärtig nicht mehr so einfach.
Pathologie ist Krankheitslehre und Krankheitsforschung. Pathologische Anatomie ist die Lehre von den krankhaften Veränderungen an den Zellen und Geweben des Körpers. Pathologie umfaßt daher - im weiteren Sinn - die gesamte Medizin. Das ist gut, hat sich bewährt und sollte auch so bleiben.
Der Pathologe steht im Seziersaal,
sitzt hinter dem Mikroskop,
betreibt bakteriologische und serologische Diagnostik,
ist Gesprächspartner des Klinikers
. . . und macht Fehler wie jeder andere Mensch.
Die treffendsten Bezeichnungen stammen von Pathologen selbst, so nannte sich Wilhelm Doerr: ,“Arzt mit besonderem Auftrag“, während Robert Rössle unseren Berufsstand so charakterisierte: „Pathologen sind neugierig bewegt, wenn auch einseitig vertieft.“
Beide haben irgendwie recht. Der besondere Auftrag besteht in unserer diagnostischen und gutachterlichen Tätigkeit; ohne neugierig zu sein, ist in der Wissenschaft überhaupt nichts möglich, und einseitig vertieft ist jeder Spezialist. Letzteres macht so lange nichts, als er noch den Blick für das Ganze behalten hat. Für das nichtmedizinische Publikum, und das ist die überwiegende Mehrheit, hat der Pathologe etwas Unheimliches an sich. Die Leute wissen ja nicht so genau, was sich hinter den Türen des Seziersaales tatsächlich abspielt, und daher wird unsere Tätigkeit am menschlichen Leichnam meist mit gemischten Gefühlen betrachtet.
    „Die Pathologen und die
Psychiater sind die schwarzen
Schafe der Medizinerwelt. Die einen beschäftigen sich mit dem Tod, die anderen mit dem Wahnsinn. Und so weit hergeholt ist die Verwandtschaft Pathologie - Psychiatrie nicht.“ Aus den USA kam eine noch härtere Charakterisierung der Pathologen von einer Medizinstudentin: „How can anyone in his right mind do this sort of thing!“
    Pathologische Anatomie zur Feststellung einer Todesursache wurde schon von Maria Theresias Hof- und Leibarzt Gerard van Swieten (1700-1772) und dessen Schülern getrieben. 1796 wurde ein unbesoldeter staatlicher Amtsposten geschaffen und kaiserlich genehmigt. Der junge Arzt Aloys Rudolf Vetter (geb. 1765) durfte die im Allgemeinen Krankenhaus zu Wien Verstorbenen sezieren. Ein Amt wurde installiert, keine Wissenschaft gegründet. Die Pathologie ist beamtet worden, aber das ist bekanntlich in unserem Land entscheidend.
Aus seinen anatomischen Anfangszeiten
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