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Der Papstkäufer

Der Papstkäufer

Titel: Der Papstkäufer
Autoren: Günther Thömmes
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verscheuchen.
    »Wenn Ihr die giftigen, bösartigen Miasmen des Schwarzen Todes einmal eingeatmet habt, sind sie drin in Eurem Körper. Auch wenn Ihr danach wieder als geheilt gelten mögt, Ihr könnt immer wieder aufs Neue erkranken.«
    »Wie könnt Ihr mir helfen?« Zinks Stimme kam schwach.
    »Hier, nehmt diesen Sud zweimal täglich.«
    Der Arzt entnahm seiner Tasche eine grünlich schimmernde Glasflasche, zog mit einem ›Plopp‹ den Korken heraus, schnüffelte kurz daran und verzog das Gesicht.
    »Theriak ist das Beste, was ich Euch empfehlen kann.«
    Er stellte die Flasche mit dem Gebräu auf die Anrichte neben der Türe und wandte sich zum Gehen.
    »In einigen Tagen werde ich wieder nach Euch schauen.«
    Zink glaubte nicht an den Arzt, ebenso wenig an die Heilwirkung des Theriak. Zu viele schlechte Ärzte hatte er im Laufe seines langen Lebens herumstümpern, zu viele Menschen unter ihren Händen sterben sehen. Aber ihm blieb keine Wahl …
     
    Kaum war der Arzt gegangen, klopfte das Stubenmädchen und meldete einen Besucher. Erstaunt, denn viel Besuch erhielt der alte Mann nicht mehr, raffte sich der ehemalige Fuggerfaktor auf, um eine würdigere, höhere Sitzposition in seinem Bett einzunehmen, und versuchte, die offensichtlichen Flecken auf seinem Hemd, die seine immer schlimmer werdende Inkontinenz verursacht hatte, mit einer Decke gnädig zu verhüllen. Die Tür öffnete sich und Jakob Fugger kam forschen Schrittes hinein. Wieder einmal wunderte sich Zink, wie unterschiedlich das Schicksal mit den Menschen umging. Hier der fünfundsechzigjährige Kaufmann, der stolz die Zeichen seines Alters trug, dessen Wille aber nach wie vor ungebrochen war. Und er selbst, der sogar ein wenig jüngere ehemalige Mitarbeiter Fuggers, einst dessen bestes Pferd im Stall, lag krank und siech darnieder und wartete auf den Tod. Fugger selbst hielt sich weder mit Genesungswünschen auf noch rümpfte er die Nase ob des Gestanks im Zimmer, diese Melange aus Krankheit, Kot, Urin und Schweiß, die der todgeweihte Patient ausströmte. Er kam gleich knallhart zur Sache:
    »Ihr wisst, dass Ihr unserer Firma noch eine stattliche Summe Geldes schuldet?«
    Zink nickte ermattet. Er wusste es genau, auf den Gulden genau.
    Es hatte eine Weile gedauert, bis er dahinterkam, dass Anton Fugger in Jakobs Auftrag seit einigen Jahren bereits alle Schuldscheine Zinks hatte aufkaufen lassen – meist für einen Bruchteil ihres tatsächlichen Wertes. Anton hatte damit begonnen, sobald sein Plan gereift war, Zink in Rom loszuwerden. Und die Schuldscheine wären ein gutes Druckmittel gewesen, das er aber letzten Endes nicht zum Einsatz bringen musste.
    Johannes Zinks heimliche Hoffnung war bis dahin, sein ehemaliger Arbeitgeber würde seiner Verdienste wegen Milde walten lassen.
    Mühsam brachte er heraus:
    »Könnt Ihr mir die achthundert Gulden noch stunden, bis ich wieder genesen bin?«
    Fugger lachte maliziös.
    »Stunden? Euch? Mit welchem Recht glaubt gerade Ihr, die Natur und das Schicksal besiegen zu können? Ihr werdet Euch nicht mehr gesund von diesem Krankenlager erheben. Somit bedeutete stunden, Euch Eure Schulden zu erlassen. Das kann ich aus Gründen der Geschäftsräson nicht zulassen.«
    Er schüttelte enttäuscht den Kopf, wie sein Vater vor langer Zeit, wenn er als kleiner Junge etwas falsch gemacht hatte.
    Zink startete einen erneuten Anlauf, betonte seine jahrzehntelange Loyalität zu Fugger, seine Erfolge für das Augsburger Kaufmannshaus, alles vergebens. Fugger blieb hart. Schließlich versuchte Zink, Mitleid zu erregen.
    »Ich bin am Ende meines Lebens angekommen. Ich bin todkrank und habe keinen Gulden mehr. Und Ihr habt nichts Besseres zu tun, als mich noch weiter zu demütigen.«
    »Mit Demütigen hat das nichts zu tun, mein lieber Zink«, kam die mitleidlose Replik Fuggers. »Ihr wusstet genau, auf welches Spiel Ihr Euch eingelassen habt. Nun spielt es auch anständig zu Ende, auch wenn Ihr nicht zu den Siegern zählt.«
    Damit drehte er sich um und verließ Zinks Stube, nicht ohne von ein paar kräftigen, gottlosen Flüchen Zinks begleitet zu werden.
     
    Tatsächlich schaffte Zink es drei Wochen später, sich wieder vom Lager zu erheben. Gesund war er beileibe nicht, aber so ganz kampflos wollte er sich Fugger nicht ergeben. Viel war ihm nicht mehr geblieben von seinen einstmals zahlreichen Pfründen, Einnahmen gab es so gut wie keine mehr. Lediglich die Chorherren- und Totenpfründen der Augsburger Sankt-Moritz-Kirche
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