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Der Orksammler

Der Orksammler

Titel: Der Orksammler
Autoren: Jens Lossau , Jens Schumacher
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von zwei mächtigen Pranken, deren klauenbewehrte Finger so lang waren wie Hippolits Unterarme.
    Scheinbar unbehelligt von der Feuersbrunst sprang der Ghoul mit einem mächtigen Satz aus den Flammen heraus. Hippolit sah den aufgerissenen Rachen, in dem unzählige schiefe Reißzähne steckten, er sah die Kreatur auf Jorge zuspringen. Eine von schwärenden Beulen und eitriger Haut bedeckte Klaue holte aus, und bevor er irgendwie reagieren konnte, schlug sie zu.
    Ein Ruck, zu rasch fürs menschliche Auge. Die Flamme aus dem Eisenrohr verlosch. Gurte rissen, klappernd landete der Zerstörer auf dem Gitterboden des Wandelganges. Ihm folgten der Schlauch, das daran hängende Rohr- und etwas Kompaktes, Weiches, das beim Aufprall keinerlei Geräusch verursachte.
    In der nächsten Sekunde war die Luft erfüllt von einem Sprühnebel aus dunkler, warmer Flüssigkeit. Ganz in der Nähe heulte jemand schmerzgepeinigt auf.
    Heftig schüttelte Hippolit den Kopf, versuchte, den Schock zu überwinden, der ihm in sämtliche Glieder gefahren war. Als er erkannte, was wenige Schritte entfernt auf dem Eisengitter gelandet war, spürte er, wie ihn Schwindel ergriff.
    Es war eine große, behaarte Trollhand!
    Hippolit fuhr herum. Der Ghoul war von der Wucht seines eigenen Ansturms an Jorge vorbeigetragen worden und kam jetzt an der Außenwand der Brennkammer zum Stehen, ein knurrender Koloss aus Muskeln, Sehnen und verwachsenem Fleisch. Hippolit riss die schmerzverstärkte Klinge aus seinem Gewand, seine Lippen artikulierten ohne sein bewusstes Zutun die Silben, die die Waffe in ein blau leuchtendes Schwert transformieren würden.
    Neben ihm sank Jorge auf die Knie und starrte mit ungläubigem Blick den Stumpf seines Unken Unterarms an. So schnell er konnte, ging Hippolit im Kopf die Liste der ihm geläufigen Heilsprüche durch.
    Doch er kam nicht dazu, einen davon anzuwenden.
    Nicht einmal drei Herzschläge nachdem Jorge den Abzug des Vernichters betätigt hatte, erhob sich von der anderen Seite der Galerie her eine helle, weibliche Stimme. Und noch während Hippolit ihre gutturalen Worte als das erkannte, was sie waren -Bestandteil einer uralten thaumaturgischen Beeinflussungstechnik –, spürte er, wie sich eine kalte, körperlose Macht auf ihn herabsenkte und ihn unnachgiebig zu Boden drückte …
    Jorge hätte Schmerzen wie diese nie für möglich gehalten. Wie etwas Lebendiges schossen sie durch seinen Arm und weiter durch seinen restlichen Körper, fraßen sich durch jede Zelle, zerfetzten sein von den Eindrücken überfordertes Gehirn.
    Schlagartig wurde ihm übel, er krümmte sich nach vorne, stürzte zu Boden.
    Er konnte sich nicht richtig abfangen und schlug wie ein gefällter Baum auf das Eisengitter des Wandelganges. Neue Schmerzen explodierten, diesmal in seinem Schädel. Mit einer Mischung aus Entsetzen und Faszination starrte er auf den Stumpf, wo noch vor wenigen Sekunden seine Hand gewesen war.
    Das offene Fleisch schabte über den harten Boden und hinterließ auf den Metallstreben eine unnatürlich rote Spur.
    Blut sprudelte wie ein Geysir. Etwas davon spritzte ihm ins Gesicht. Jorge rollte sich auf die Seite. Er überlegte, wie lange es dauern würde, bis der Blutverlust seinem Leben ein Ende setzen würde. Wahrscheinlich nicht sehr lange.
    Die Übelkeit nahm etwas ab, nicht jedoch der ungeheure Schmerz. Jorge wusste, dass er den Verstand verlieren würde, wenn dieser Schmerz nicht bald aufhören würde … er musste aufhören …
    »Blaak …«
    Der verdammte Zerstörer hatte gegen den Ghoul überhaupt nichts ausgerichtet! Jorge, vor dessen Augen rote und schwarze Flecken tanzten, verspürte darüber merkwürdigerweise lediglich Enttäuschung – so als hätte er gerade festgestellt, dass seine Lieblingskneipe im Fassviertel von Nophelet für immer geschlossen worden war.
    Es hätte klappen müssen, verflucht!
    Ihm fiel ein altes Trollsprichwort ein: Überleben heißt, schuldig zu sein. Sterben heißt, noch schuldiger zu werden. Oder so ähnlich.
    »Blaak«, murmelte er erneut und versuchte, seinen Leib in die Höhe zu wuchten. Vergeblich. Er rollte sich auf den Rücken. Mit seiner verbliebenen Hand tastete er nach Pompom, die nach wie vor in seiner Brusttasche steckte. Gut möglich, dass er sie bei seinem Sturz zu Brei zerquetscht hatte. Das würde ihm ähnlich sehen!
    »Pompom?«, murmelte Jorge. »Existierst du noch?«
    Sein Atem ging von Zug zu Zug schwerer. Etwas Warmes, Klebriges überzog sein Gesicht.
    Aus dem
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