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Der Orden

Der Orden

Titel: Der Orden
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Drohnenbarriere und standen in der Geburtskammer.
     
    Es war ein riesiger, abgedunkelter Raum, in dem alte Leuchtstofflampen trübe glommen. Die Soldaten schwärmten aus. Abil sah, dass sie von Blut und verkohlten Fleischfetzen besudelt waren und überall blutige Fußspuren hinterließen. Sie sahen aus, als wären sie soeben durch diesen schrecklichen Gang des Todes entbunden worden. Ein Flammenwerfer loderte noch, aber Abil befahl mit einer Handbewegung, ihn abzuschalten.
    Die Gestalten, die sich in dieser Kammer durchs Dunkel bewegten, waren ebenso nackt wie jene draußen. Niemand kam, um sich den Soldaten entgegenzuwerfen. Vielleicht war es für die Drohnen einfach unvorstellbar, dass jemand denjenigen, die hier ihr Leben verbrachten, etwas zu Leide tun konnte.
    Vorsichtig ging Abil weiter, tiefer ins Halbdunkel hinein. Die Luft war warm und feucht; seine Sichtscheibe beschlug.
    Nackte Frauen nisteten zu zehnt oder zwölft in flachen Mulden im Boden. Einige der Mulden waren mit milchigem Wasser gefüllt, und die Frauen trieben entspannt darin. Betreuerinnen, junge Frauen und Kinder, liefen mit Nahrung und Getränken hin und her. In einer Ecke waren Kleinkinder, ein ganzer kriechender, krabbelnder Teppich. Abil trat zwischen sie, eine blutige Säule.
    Die Frauen in den Mulden waren allesamt schwanger – kolossal schwanger, sah er, mit gewaltigen Bäuchen, die drei, vier, fünf Kinder enthalten mussten. An einer Stelle gebar eine Frau gerade. Sie stand in Hockstellung da, gestützt von zwei Helferinnen. Ein Baby glitt mühelos zwischen ihren Beinen hervor, wurde aufgefangen, auf den Po geschlagen und in eine Wiege gelegt; aber noch bevor seine Nabelschnur durchschnitten wurde, ragte schon ein weiterer kleiner Kopf aus der Vagina der Frau. Sie schien keine Schmerzen zu haben; ihre Miene war verträumt und geistesabwesend.
    Eine der Brüterinnen blickte auf, als er an ihr vorbeiging. Sie streckte eine Hand mit langen, federdünnen Fingern zu ihm empor. Ihre Gliedmaßen waren spindeldürr und verkümmert; ihre Beine hätten das Gewicht ihres riesigen, fruchtbaren Rumpfes sicher nicht tragen können. Aber ihr Gesicht war ganz und gar menschlich.
    Aus einem spontanen Impuls heraus strich er sich mit dem Daumennagel neugierig über das Kinn. Seine Sichtscheibe knackte und schwang nach oben. Stickige Luft, feucht und heiß, drang auf ihn ein.
    Die Gerüche waren außergewöhnlich. Er machte Blut, Milch, Urin und Kot aus, erdige menschliche Ausdünstungen. Der Brandgestank, der ihm in die Nase stieg, stammte vielleicht von seinem eigenen Anzug, der Geruch des Vakuums oder der Schlacht, die er in den Korridoren außerhalb dieses Raumes ausgefochten hatte.
    Und da war noch etwas anderes, Stärkeres. Abil hatte noch nie ein größeres Tier als eine Ratte gesehen. Aber so bezeichnete er diesen Geruch: ein Gestank wie in einem riesigen Rattennest, stechend und überwältigend.
    Er schaute auf die Frau hinab, die zu ihm hochgelangt hatte. Ihr Gesicht war wirklich schön, fand er, schmal und zart, mit hohen Wangenknochen und großen blauen Augen. Sie lächelte ihn an und entblößte dabei eine Reihe spitzer Zähne. Ihm wurde warm. Er sehnte sich danach, mit ihr zu sprechen.
    Eine Betreuerin beugte sich über sie, ein Mädchen von vielleicht zwölf Jahren. Es sah aus, als küsste das Mädchen die Schwangere. Dann wich das Mädchen zurück, die Kiefer weit geöffnet, und ein dünner Strang einer Art Paste mit leicht grünlichem Glanz kam schubweise aus ihrem Hals und verschwand im Mund der Brüterin. Es war schön, dachte Abil überwältigt; er hatte noch nie solch reine Liebe wie zwischen dieser Frau und dem Mädchen gesehen.
    Aber er, in seinem klobigen, blutbesudelten Anzug, würde niemals an dieser Liebe teilhaben können. Er merkte, wie ihm Tränen in die Augen traten. Er fiel auf die Knie und streckte seine blutbesudelten Handschuhe nach ihnen aus. Die Brüterin kreischte auf und wich um sich schlagend zurück. Die junge Betreuerin spie die Paste aus, die ihr aus dem Mund troff, und warf sich sofort auf ihn. Er verlor das Gleichgewicht, fiel auf den Rücken und schlug mit dem Kopf auf den Boden. Er versuchte, wieder auf die Beine zu kommen. Er musste zur Mutter zurück, um ihr alles zu erklären.
    Ein Arm lag um seinen Hals – ein Arm in einem Anzug. Er wehrte sich, aber seine Lungen schmerzten. Er hörte Denhs laute Stimme: »Tötet die Brüterinnen! Na los!« Eine behandschuhte Hand erschien vor Abils Gesicht, schloss
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