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Der Ölhändler und die Blumenkönigin

Der Ölhändler und die Blumenkönigin

Titel: Der Ölhändler und die Blumenkönigin
Autoren: ekz.bibliotheksservice GmbH
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du denn den gewöhnlichen Gang der Dinge in einem öffentlichen Hause nicht?«
    »Nein«, antwortete Meï-Niáng, und bat um nähere Mitteilungen.
    »Nun, wir, die wir öffentliche Häuser halten, leben von den Mädchen, wir kleiden uns von den Mädchen, und wir decken unsere sonstigen Bedürfnisse von dem, was sie verdienen. Haben wir einmal Glück gehabt und ein schönes Mädchen hereinbekommen, dann ist es beinahe so, als ob eine große Familie ein gutes Reisfeld gekauft hätte, damit es reiche Erträge abwerfe. Und ist das Mädchen noch jung und klein, so möchten wir am liebsten, daß der Wind sie groß bliese.
    Ist sie endlich aber berührt worden, so beginnt das Feld zu tragen: Die Ähren sind voll und reif geworden und die Zeit der Ernte ist da.
    Dann streicht man täglich sein schönes ›Blumengeld‹ ein, empfängt an der Vordertür den neuen Gast und entläßt an der Hintertür den alten; Herr Tschang schickt Reis und Herr Li schenkt Brennholz; und ist der Verkehr lebhafter geworden, dann wird sie eine berühmte Schönheit.«
    Meï-Niáng beharrte errötend: »Aber ich tue so etwas nicht!«
    Liú Sse-Ma bedeckte mit der Hand leicht ihren Mund, lachte kurz auf und sagte:
    »Ob du das tust oder nicht, hängt doch nicht von dir ab. Da ist doch noch deine Mutter, welche Herrin im Hause ist und ein Wort mitzusprechen hat.
    Fügen sich die jungen Dämchen nicht willig und tun nicht, was sie will, so gibt's eben eine Tracht Prügel mit der Lederpeitsche.
    Wenn du dann, täglich geschlagen, weder leben noch sterben kannst, so ist mir gar nicht bange, daß du am Ende doch den Weg aller jener Mädchen gehst. Meine Freundin und Schwester Wang Djiú-Ma hat dich bisher noch nicht mißhandelt. Aber nur, weil du klug und schön bist, hast du ihr leid getan; und weil sie weiß, daß du von Kindheit an zärtlich erzogen wordenbist, mußte auf deine Unverdorbenheit und Reinheit Rücksicht genommen, mußte deine Anständigkeit gewahrt bleiben.
    Eben erst hat sie mir sehr viel davon erzählt, wie du das Gute von dem Schlechten nicht zu unterscheiden verstehst: ›Läßt du eine Gänsefeder fliegen, wüßtest du nicht, wie leicht sie ist; trägst du einen Mühlstein auf dem Kopfe, wüßtest du nicht, wie schwer er ist.‹ Daher hat sie großen Kummer und bat mich schweren Herzens, dir doch ins Gewissen zu reden.
    Solltest du aber eigensinnig auf deinem Willen beharren und ihre Geduld bis zum äußersten reizen, wird sie eines Tages eine andere Miene aufstecken müssen. Und dann mach dich auf Schimpfe und Prügel und Prügel und Schimpfe gefaßt!
    Wartest du etwa darauf, in den Himmel gehen zu können? –
    Jedes Ding will seine Weile haben, und der Anfang ist immer das schwerste, – bei allem!
    Hat man ihn aber einmal überwunden, und bist du das erstemal geschlagen worden, dann gibt's zum Frühstück eine Tracht Prügel und zum Abendbrot eine Tracht Prügel. Dann wirst du dieses Elend doch nicht ertragen können, undes wird dir nichts anderes übrigbleiben, als Gäste zu empfangen. Nur mit dem Unterschiede, daß du jetzt von der Höhe deines Ruhmes zu einer gewöhnlichen Dirne herabgesunken sein würdest, nicht viel schlechter und besser als die anderen.
    Dazu käme noch der Spott deiner ›Schwestern‹, den du schutzlos über dich ergehen lassen müßtest! – Übrigens ist meiner Ansicht nach der Schöpfeimer leider schon in den Brunnen gefallen, er kann durch eigene Anstrengung so leicht nicht wieder emporkommen! Mädel, wirf dich doch mit tausend Freuden an den Busen deiner Mutter, und du wirst ein Leben voller Genuß und Annehmlichkeiten führen: Es ist das beste, was du tun kannst!« –
    Meï-Niáng erwiderte: »Ich bin die Tochter anständiger Leute und nur durch unser Unglück in ›Wind und Staub‹ gefallen. Wenn meine Tante dafür sorgen wollte, daß ich einem guten Manne folgte, dann würde ich ihr zum Danke ›eine siebenstöckige Pagode bauen‹.
    Verlangt sie aber von mir, daß ich eine Dirne werden soll, die stets zu Scherz aufgelegt sein und immer ein Lächeln auf den Lippen haben muß, die noch den alten Gast hinauskomplimentiertund schon den neuen empfängt, nein, dann will ich lieber sterben, dann erscheint mir der Tod ruhig und süß! Unter keinen Umständen werde ich das tun.«
    »Aber, mein Kind,« sagt Liú Sse-Ma, »was du willst –: Die Frau eines braven Mannes werden, bleibt ja ganz dir selbst überlassen, das ist Sache des Willens und des Temperaments einer jeden!
    Wem sollte es einfallen, dir
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