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Der neue Frühling

Der neue Frühling

Titel: Der neue Frühling
Autoren: Robert Silverberg
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Versammlung noch bleibst.«
    Husathirn Mueri hob blinzelnd den Blick. »Wozu eigentlich?«
    Der Hauptmann der Wache antwortete nur mit einem Achselzucken. »Das hat er nicht gesagt. Aber wir sollen nachher nicht an dem Tvinnr teilnehmen. Wir sollen bloß hier warten.«
    »Sie ist die Essenz und die Substanz!« rief Tikharein Tourb laut. »… die Essenz und die Substanz!« plapperte die Gemeinde nach. Und Husathirn Mueri zwang sich und brüllte die Antwort mit.
    Er war jetzt ein wenig ruhiger. Diese plötzliche Eröffnung von Chevkija Aim hatte es ihm möglich gemacht, sich aus seinem fieberhaften Brüten zu lösen. Doch als die Litanei immer weiter ging und kein Ende zu finden schien, wurde er unruhig. Er mußte in Kürze bei der Begrüßungszeremonie erscheinen; das Präsidium mußte vollzählig versammelt sein, um die heimkehrenden Helden zu bejubeln. So zuwider ihm dies war, er wagte dennoch nicht, dem Staatsakt fernzubleiben; es hätte ja so aussehen können, als erlaubte er sich eine abgrundtiefe Ranküne, und das würde ihm nur Ärger eintragen. Aber wenn Tikharein Tourb jetzt nicht bald etwas Tempo zulegte…
    Aber dann, endlich, war die Glaubenskongregation vorbei und endete mit den üblichen Tvinnereien. Und als das Feuer ihrer Kommunionen von ihnen gewichen war, stahlen sich die Gläubigen einzeln und stumm aus dem Versammlungsraum.
    Husathirn Mueri und Chevkija Aim erhoben sich und traten zum Altar, wo Tikharein Tourb sie erwartete.
    Die Augen des Jungen wirkten an diesem Morgen noch flammender als sonst. Sein Fell knisterte vor Spannung.
    »Es ist so, wie ich es vorhin verkündet habe«, beschied er Husathirn Mueri. »Heute ist der Tag, an dem die Siegel aufgebrochen werden. Es ist der Tag der Königin. Und ihr beide sollt die Werkzeuge ihres Wirkens sein.«
    Husathirn Mueri runzelte die Stirn. »Ich verstehe nicht.«
    »Prinz Thu-Kimnibol hat Schmach über die Königin gebracht. Sein Leben ist bereits verwirkt für den feigen Mord an IHREM heiligen Mann Kundalimon. Jetzt aber ist er auch in das Allerheiligste des Nests-der-Nester eingedrungen und hat versucht, IHR seinen Willen aufzuzwingen. Dafür und für zahlreiche weitere Missetaten hat die Königin das Todesurteil über ihn verhängt, und du, Husathirn Mueri, wirst es am heutigen Tage vollstrecken.«
    Die Luft blieb ihm weg, als hätte ihm jemand einen Hieb in die Magengrube versetzt.
    »Du wirst ihn ins Herz treffen, wenn er vortritt, um sich bejubeln zu lassen. Und du, Chevkija Aim, du wirst im selben Augenblick Taniane niederstrecken.«
    Es war nicht zu glauben, daß dieser dämonische Zwerg nur ein kleiner zehn-, zwölfjähriger Knabe sein sollte.
    Verdutzt fragte Husathirn Mueri: »Auf der Honoratioren-Tribüne?«
    »Vor dem Angesicht des ganzen Volkes, ja. Das wird das Zeichen sein. Dann wird das VOLK sich erheben und wird die übrigen Hochgeborenen totschlagen, ehe sie auch nur begreifen, was ihnen geschieht. Die gesamte herrschende Kaste muß verschwinden, alle unsere Unterdrücker, alle die Feinde der Königin: Staip, Chomrik Hamadel, Puit Kjai, Nialli Apuilana – alle! In einem Nu und einem raschen Augenblick! Nur du, Husathirn Mueri, wirst aus dem ganzen Präsidium übrigbleiben.« Tikharein Tourb grinste zähnebleckend wie ein wildes Tier. »In der Neuen Ordnung wirst du hier Nest-König sein. Chevkija Aim wird der Nest-Wardein sein.«
    »Nest-König?« wiederholte Husathirn Mueri dumpf. »Ich soll Nest-König sein?«
    »Diesen Titel werden wir dem weltlichen Herrscher geben. Und sein Erster Minister heißt Nest-Wardein. Und ich«, sprach Tikharein Tourb weiter, »werde euer Nest-Denker sein, die Stimme der Königin in der Dawinno genannten Stadt.« Er lachte »Sobald wir die Neue Ordnung haben. Die herbeiführen zu helfen ihr zwei am heutigen Tage die Auszeichnung habt.«
    Als sie aus dem Bethaus traten, sagte Husathirn Mueri: »Geh du schon mal voraus. Ich muß mir erst noch die Festrobe anziehen.«
    Chevkija Aim nickte. »Also, wir sehen uns dann auf der Empfangstribüne.«
    »Ja.« Er packte Chevkija Aim am Handgelenk und hielt ihn kurz fest. »Noch etwas. Trotz allem, was Tikharein Tourb gerade sagte, will ich, daß du eins ganz klar begreifst: Nialli Apuilana muß verschont bleiben!«
    »Aber… Tikharein Tourb wünscht ausdrücklich…«
    »Es kümmert mich keinen Gorynthenfurz, was er ausdrücklich wünscht. Ihr könnt die ganze Bagage abschlachten, es ist mir egal. Ich bin sogar gern bereit, selber den Dolch zu führen. Aber
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