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Der Nebel weicht

Der Nebel weicht

Titel: Der Nebel weicht
Autoren: Poul Anderson
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mit?“
    „Noch nicht“, er­wi­der­te Co­rinth. „Ich bin zu mü­de.“ (Ich möch­te ein we­nig nach­den­ken.) „Ich ge­he noch zum Strand.“
    „Okay.“ Man­del­baum lä­chel­te mit ei­ner selt­sa­men Zärt­lich­keit. „Gu­te Nacht.“
    „Gu­te Nacht.“ Co­rinth wand­te sich um und ver­ließ die Lich­tung, Hel­ga be­glei­te­te ihn wort­los.
    Sie er­reich­ten den Strand, der im Mond­schein wie Rauh­reif glänz­te. Jen­seits des Riffs schäum­te und don­ner­te die Bran­dung, und das Meer glänz­te im kal­ten Schim­mer der Phos­pho­res­zenz.
    Hoch über ih­nen stan­den die Ster­ne in ei­nem kris­tall­kla­ren Him­mel. Co­rinth spür­te den Wind scharf und sal­zig in sei­nem Ge­sicht. Hin­ter ihm ru­mor­te und flüs­ter­te der Dschun­gel, und der Sand knirsch­te lei­se un­ter sei­nen Fü­ßen. Er nahm das al­les mit un­na­tür­li­cher Klar­heit wahr, als sei er nicht mehr er selbst, son­dern nur noch die­se Sin­nes­ein­drücke.
    Er sah Hel­ga an, die sei­nen Arm hielt. Ihr Ge­sicht hob sich scharf vor der Dun­kel­heit ab, und ihr Haar, das sich ge­löst hat­te, flat­ter­te weiß­schim­mernd im Wind. Ih­re bei­den Schat­ten ver­ei­nig­ten sich zu ei­nem, der schwarz­blau auf den glit­zern­den Sand fiel. Er spür­te den Rhyth­mus ih­res Atems, als sie sich leicht an ihn lehn­te.
    Sie brauch­ten nicht zu spre­chen, da­für war durch ge­mein­sa­mes Schaf­fen und ge­gen­sei­ti­ge Be­ob­ach­tung ein zu großes Ver­ständ­nis, ein tie­fes, wech­sel­sei­ti­ges Ken­nen zwi­schen ih­nen er­wach­sen, und jetzt stan­den sie ei­ne Zeit­lang schwei­gend da. Das Meer sprach zu ih­nen, das gi­gan­ti­sche Pul­sie­ren der Wel­len, das Dröh­nen, wenn sie auf das Riff tra­fen, und das Rau­schen, wenn sie zu­rück­ström­ten. Der Wind flüs­ter­te und mur­mel­te un­ter dem Him­mel.
     
    Gra­vi­ta­ti­on (Son­ne, Mond, Ster­ne, die über­wäl­ti­gen­de Ein­heit der Raum-Zeit)
    + Ko­rio­lis­kraft (der Pla­net, der ro­tie­rend sei­nen Weg durch Ki­lo­me­ter und Jah­re nimmt)
    + Flüs­sig­keits­rei­bung (die Ozea­ne, die zwi­schen schma­len Meeren­gen ma­len, wir­beln, röh­ren, schäu­men und über Fel­sen zu­sam­menschla­gen)
    + Vul­ka­nis­mus (Feu­er, tief im Bauch des Pla­ne­ten, das Über­ein­an­der­glei­ten un­vor­stell­ba­rer Fels­mas­sen, Rauch und La­va, das Auf­stei­gen neu­er Ber­ge mit Schnee auf ih­ren Schul­tern)
    + Tem­pe­ra­tur­un­ter­schie­de (Son­nen­licht wie war­mer Re­gen, Eis und Dun­kel­heit, Wol­ken, Ne­bel, Wind und Sturm)
    + Che­mi­sche Re­ak­tio­nen (dunkle, frucht­ba­re Er­de, ver­brauch­te Luft, die wie­der er­neu­ert wird, Fel­sen in Rot, Blau und Ocker; Le­ben, Träu­me, Tod, Wie­der­ge­burt und leuch­ten­de Träu­me)
    IST GLEICH :
    Die­se un­se­re Welt, und sie­he – sie ist schön.
     
    Trotz­dem war ei­ne mü­de Lee­re und Ver­las­sen­heit in dem Mann, und nach ei­ner Wei­le wand­te er sich wie trost­su­chend an die Frau:
    „Leicht“, sag­te er, und Wort und Ton­fall be­deu­te­ten: (Es war zu leicht für sie und für uns. Sie wa­ren von ei­nem hei­li­gen Ei­fer be­seelt, die­se Män­ner. Es hät­te ganz an­ders en­den müs­sen. Feu­er und Wut, Kampf, Zer­stö­rung und der un­beug­sa­me Stolz des Men­schen vor den Göt­tern.)
    „Nein“, ent­geg­ne­te sie. „So war es bes­ser.“ Schwei­gend, ru­hig: (Gna­de, Mit­leid und Ver­ständ­nis. Wir sind kei­ne wil­den Tie­re mehr, die dem Schick­sal die Zäh­ne zei­gen.)
    Ja, das ist die Zu­kunft. Ver­giß al­len blu­ti­gen Ruhm.
    „Aber wie wird un­ser Mor­gen aus­se­hen?“ frag­te er. (Wir ste­hen auf den Trüm­mern ei­ner Welt, bli­cken in ein lee­res Uni­ver­sum, das nur wir selbst fül­len kön­nen und müs­sen. Da ist nie­mand, der uns da­bei hel­fen wird.)
    „So­fern es nicht doch ei­ne Be­stim­mung gibt“ (Gott, Schick­sal, mensch­li­che Tap­fer­keit), sag­te sie.
    „Viel­leicht gibt es so et­was“, mur­mel­te Co­rinth nach­denk­lich. „Ab­sicht­lich oder nicht, uns wur­de ein Uni­ver­sum in die Hän­de ge­legt.“
    Sie stell­te ei­ne stum­me Fra­ge, wuß­te, daß er den Mut, den er so drin­gend brauch­te, auf­brin­gen wür­de, um ihr zu ant­wor­ten: (Ha­ben wir das Recht, es
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