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Der Narr und der Tod

Der Narr und der Tod

Titel: Der Narr und der Tod
Autoren: Charlaine Harris
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nicht gut.“ Nur mit außerordentlicher Mühe gelang es mir, Ruhe zu bewahren.
    Die Eheleute verständigten sich schweigend durch Blicke.
    „Ich glaube nicht, dass wir das riskieren können“, sagte Luke.
    Margaret war schon halb im Haus. „Nein!“, warf sie mir über die Schulter zu. „Ich wüsste nicht, wie das gehen sollte.“
    „Sie müssen es einfach tun!“ Ich stand im Schnee und sah in Lukes Gesicht, in diese klaren, blanken, braunen Augen. „Martin stirbt sonst. Das dürfen Sie nicht zulassen.“
    „Margaret? Können wir nicht doch einen Krankenwagen hinschicken?“, rief Luke, ohne mich aus den Augen zu lassen.
    „So einen Notruf kann man bestimmt zurückverfolgen“, sagte Margaret skeptisch. „Lass uns doch erst mal reingehen, dann können wir weiter nachdenken. Ich wette, unser Kind hat Hunger.“
    Sie würden mir nicht helfen.
    Das war der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte.
    Waffe hin oder her – ich warf mich auf Luke.

    Als ich wieder zu mir kam, lag ich auf einem harten Betonboden in einem fensterlosen Raum, den nur eine einzelne Glühbirne beleuchtete. Sie hing in der Mitte der Decke an einem Kabel.
    Mein Mund war staubtrocken, mein Kopf tat höllisch weh. Allein beim Versuch, ihn zu heben, wurde mir übel, und ich zitterte. So musste ich mich damit begnügen, den Blick im Raum umherwandern zu lassen. Dabei gingen mir alle Krimis durch den Kopf, die ich gelesen hatte. Spenser wäre nie so geendet. Auch Kinsey Milhone nicht. Oder Henry O. Oder Stephanie Plum. Naja, bei Stephanie Plum war ich nicht so sicher ...
    „Hallo.“
    Das kam von einer dunkelhaarigen, jungen Frau. Sie saß mit geradem Rücken an der Wand auf einem Stuhl.
    „Tante Roe, alles klar?“
    Ich war fest von Reginas Tod ausgegangen, wurde mir klar, als ich sie da so lebend und gesund sitzen sah. Aber irgendwie konnte mich die Anwesenheit unserer Nichte auch nicht mehr schockieren, dazu hatte ich zu viel durchgemacht. „Regina“, murmelte ich.
    „Ja, ich bin’s!“, sagte sie lebhaft „Wie geht es dir? Wie geht es dem Kind? Ich drehe hier langsam durch.“
    „Wo ist hier?“
    Über diese Frage musste Regina einen Augenblick lang nachdenken. „Du meinst, wo wir gerade sind?“
    „Ja“, murmelte ich, zu erledigt, um mich noch aufzuregen.
    „Im Keller der Granberrys.“
    Ich hatte nie einen Keller gehabt. Nur wenige Häuser in Georgia waren unterkellert. In Martins altem Bauernhaus hatte ich die Kellertür einmal geöffnet, gezittert, weil von unten dunkle Kälte hochkroch, und die Tür eilig wieder verschlossen. Nun saß ich in einem Keller, einem fensterlosen, unterirdischen Gefängnis.
    „Wie lange bist du schon hier?“
    „Seit der Nacht bei dir. Na ja, abzüglich der Fahrt nach Ohio, aber an die kann ich mich kaum erinnern. Margaret hat mir ziemlich viele Schlaftabletten gegeben.“
    Ich wusste, dass großes Elend auf mich lauerte. Im Grunde hatte Luke mir einen Gefallen getan, als er mich bewusstlos schlug. Möglicherweise gelang es mir ja, meinen Kummer noch ein paar Minuten lang auf Abstand zu halten. „Erzähl mir, was passiert ist“, krächzte ich.
    „Die Granberrys sind aufgetaucht.“ Regina verzog das Gesicht, als hätten ihr Luke und Margaret auf außerordentlich unangenehme Art und Weise eine Feier versaut.
    „Weshalb?“
    „Na ja ... du weißt schon ... um das Kind zu holen. Aber Craig war vor ihnen da.“
    „Weshalb?“
    „Na ja ... um das Baby zu holen.“
    Eine Träne rollte seitlich meine Wange herab. Martin, der neben dem sterbenden Karl auf Hilfe wartete, die ich holen sollte, auf den Krankenwagen, den ich beschaffen sollte ... „Erzähle mir alles von Anfang an“, forderte ich mit einer Stimme, die ich kaum als meine eigene erkannte.
    „Als ich schwanger wurde, war das eine ziemliche Katastrophe. Du kannst es dir vorstellen!“
    Nein.
    „Ich hatte Craig gerade geheiratet. Na ja, es ist passiert, ehe wir getraut waren, was sich leicht ausrechnen lässt, wenn man rechnen kann. Die alten Damen hier in der Gegend können rechnen, das kann ich dir schriftlich geben! Besonders, wo doch meine Mutter dieses Kind hatte ... du weißt schon. Die große Schande.“
    „Ja.“
    „Aber wir haben geheiratet, also war alles in Butter. Ich habe es aber trotzdem niemandem erzählt, weil ich ehrlich gesagt darüber nachgedacht habe, ob ich es wegmachen lasse. Ich meine, ich war einfach zu jung für ein Kind, oder?“
    „Ja.“
    „Außerdem: Craig als Vater – das passte einfach vorn
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