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Der Name Des Windes

Der Name Des Windes

Titel: Der Name Des Windes
Autoren: Patrick Rothfuss
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Lettern im Holz. »Wie hast du das hinbekommen?«
    »Nun ja«, sagte Graham ein wenig selbstgefällig. »Nachdem ich einen halben Tag darauf vergeudet hatte, bin ich rüber zur Schmiede damit. Da haben der Junge und ich es dann geschafft, es mit einem heißen Eisen einzubrennen. Wir haben über zwei Stunden gebraucht, bis es schwarz war. Nicht das kleinste Rauchfähnchen, aber es hat nach altem Leder gerochen und nach Klee. So ein verdammtes Ding. Was ist das denn für Holz, das überhaupt nicht brennt?«
    Graham wartete eine ganze Weile, aber der Wirt ließ nicht erkennen, dass er die Frage gehört hatte. »Wo soll ich es denn nun hinhängen?«
    Kote raffte sich dazu auf, sich im Raum umzusehen. »Das kannst du mir überlassen. Ich habe mir noch nicht überlegt, wohin es soll.«
    Graham ließ eine Handvoll Eisennägel da und wünschte dem Wirt noch einen schönen Tag. Kote blieb am Tresen stehen, fuhr mit den Händen gedankenverloren über das Holz und das Wort. Bald kam Bast aus der Küche und schaute seinem Lehrer über die Schulter.
    Sie schwiegen lange, wie in stiller Ehrerbietung vor den Toten.
    Schließlich ergriff Bast das Wort. »Darf ich dir eine Frage stellen, Reshi?«
    Kote lächelte gütig. »Aber immer doch, Bast.«
    »Eine schwierige Frage?«
    »Das sind gemeinhin die einzigen, die es wert sind, dass man sich mit ihnen befasst.«
    Sie sahen noch einen Moment lang schweigend den Gegenstand auf dem Tresen an, als versuchten sie es sich einzuprägen. Torheit .
    Bast rang offenbar nach Worten. Er öffnete den Mund und schloss ihn wieder mit frustrierter Miene.
    »Heraus damit«, sagte Kote schließlich.
    »Was hast du dir dabei gedacht?«, fragte Bast mit einer merkwürdigen Mischung aus Verwirrung und Besorgnis.
    Kote ließ sich mit der Antwort Zeit. »Ich neige dazu, viel zu viel zu denken, Bast. Meine größten Erfolge verdanke ich Entscheidungen, die ich traf, als ich mal aufhörte zu denken und einfach tat, was mir gefühlsmäßig als das Richtige erschien. Selbst wenn es für das, was ich tat, keine gute Rechtfertigung gab.« Er lächelte wehmütig. »Selbst wenn es sehr gute Gründe gab, das, was ich tat, nicht zu tun.«
    Bast fuhr sich mit der Hand über die Wange. »Du möchtest es also möglichst vermeiden, die Motive deines Handels zu ergründen?«
    Kote zögerte. »So könnte man es sagen«, gestand er.
    » Ich könnte es so sagen, Reshi«, sagte Bast. »Du würdest wieder nur alles unnötig komplizieren.«
    Kote zuckte die Achseln und sah wieder zu der Wandhalterung hinüber. »Jetzt muss ich nur noch einen guten Platz dafür finden.«
    »Hier im Saal?« Bast blickte entsetzt.
    Kote grinste verschmitzt, und eine gewisse Vitalität strömte in sein Gesicht zurück. »Selbstverständlich«, sagte er und schien Basts Reaktion zu genießen. Er sah sich an den Wänden um und schürzte die Lippen. »Wo hast du es denn überhaupt hingetan?«
    »In mein Zimmer«, gestand Bast. »Unter mein Bett.«
    Kote nickte und sah sich weiter an den Wänden um. »Dann hol es mal her.« Er machte eine fortscheuchende Handbewegung, und Bast eilte unfrohen Blicks davon.
    Den Tresen schmückten funkelnde Flaschen, und Kote stand auf dem nun leergeräumten Büfett zwischen den beiden mächtigen Eichenfässern, als Bast wieder hereinkam, mit einer Hand eine schwarze Schwertscheide schlenkernd.
    Kote, der die Wandhalterung über einem der Fässer ausrichtete, hielt inne und rief bestürzt: »Vorsicht, Bast! Du trägst da eine Dame! Das ist nicht irgendeine Magd, die du beim Tanz herumwirbeln kannst!«
    Bast blieb stehen und nahm das Schwert pflichtbewusst in beide Hände, ehe er weiter zum Tresen ging.
    Kote schlug zwei Nägel in die Wand, bog etwas Draht zurecht und hängte die Wandhalterung auf. »Reichst du es mir bitte hoch?«, bat er mit seltsamem Stocken in der Stimme.
    Bast hob es mit beiden Händen zu ihm hoch und wirkte dabei für einen Moment wie ein Knappe, der einem Ritter in glänzender Rüstung ein Schwert überreicht. Aber hier war kein Ritter, hier war nur ein Gastwirt, nur ein Mann, der eine Schürze trug und sich Kote nannte. Er nahm das Schwert und stand dann damit aufrecht auf dem Büfett hinter dem Tresen.
    Er zog das Schwert langsam aus der Scheide. Im Herbstlicht des Schankraums glänzte es matt grauweiß. Es sah aus wie neu. Es hatte weder Kerben noch Roststellen. Und auch keine hellen Schrammen zogen sich an seiner mattgrauen Klinge entlang. Doch obschon es unbeschädigt war, war es alt. Und
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