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Der Name der Finsternis: Roman (German Edition)

Der Name der Finsternis: Roman (German Edition)

Titel: Der Name der Finsternis: Roman (German Edition)
Autoren: Franz Binder
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von Licht und Schatten, leer, ohne Wirklichkeit.
    Zwei Ethik-Hüter waren auf einen Wink des Mahaguru durch eine Nebentür verschwunden. Augenblicke später kamen sie zurück, eine Gestalt zwischen sich
    führend. Langsam traten sie aus dem Schatten in den Schein des Feuers.
    Als Aron Judith erkannte, Judith in einem weißen Kleid, die Hände gefesselt, Augen und Mund in stummer Angst aufgerissen, war ihm, als schlage ein
    Schmiedehammer auf die Glocke stiller Klarheit, die ihn einhüllte und schützte. Aron wankte unter den Hieben, spürte die Macht der Nokam im Raum, spürte,
    wie sie eindrang durch Risse seines gläsernen Bewusstseins, spürte, wie sie den glatten Spiegel der Gedanken und Gefühle berührte und aufzuwühlen begann.
    Judith starrte Aron an. Sie wand sich im Griff der EHs, die sie zum Altar der Flamme führten, sie darauf niederlegten und festhielten. Der Mahaguru erhob
    sich mühsam aus seinem Sessel, streckte die Hand durch die Flamme und legte das Siegel der Finsternis auf Judiths Brust. Augenblicklich erstarben die
    Bewegungen der jungen Frau. Sie lag gelähmt, mit weit offenen Augen, in denen sich tödlicher Schrecken malte.
    „Du weißt, Aron, dass ein Leben verlöschen muss für deine Unsterblichkeit. Sie wird das ihre geben, um die Liebe in dir zu ersetzen durch höchste Macht.
    Ihr Blut wird die Kraft des heiligen Siegels erblühen lassen. Sie wird über die Brücke des Todes gehen, damit Yortam herabzusteigen vermag zu dir. Ihr
    Bewusstsein ist wach, nur ihr Körper ruht unter dem Bann des Be’el. Sie wird ihren Tod in voller Klarheit erfahren.“
    Aron blickte in Judiths Augen, fühlte die rasende Angst, sah auf einmal ihre Augen in einem anderen Gesicht, einem dunklen, fast schwarzem, sah sich selbst
    wieder als der Kaufmann im Tempel des Be’el, erhöht über einer wogenden, vor Hass bebenden Menschenmasse, sah die Tempelkrieger mit metallenen Masken, die
    schwarz gewandeten Priester des flammenden Gottes, wie sie die Stirnen auserwählter Opfer mit dem Blut eines frisch geschlachteten Bockes zeichneten, sah
    das Zeichen, das Dreieck im Kreis, mit Blut gemalt. In das dunkle Gesicht blickte er, das Gesicht der Prinzessin aus den Kolonien, die in seinem Haus als
    Sklavin lebte, mit der er launisch spielte, doch die er liebte, an der er hing, weil sie ihm ein Licht der Unschuld schien in seinem Leben, das dem Bösen
    verfallen war, der Lüge, der Angst vor der Entdeckung seines Betrugs am Be’el. Man hatte ihn gezwungen, sie als Opfer zu geben für den blutrünstigen Gott.
    Sie würde brennen im Rachen des großen steinernen Bildes, um den Zorn des Be’el zu besänftigen. Sie würde sterben, ohne zu wissen wofür. Er blickte sie an
    und glaubte, das letzte, das ihn noch zu retten vermochte vor dem eigenen Untergang, würde ihm nun entrissen. Die gleiche fassungslose Angst sprach aus
    diesen Augen wie aus den Augen Judiths. Aron wurde hineingestoßen in einen Sog von Panik und Entsetzen. Die Eindrücke dieses lange vergangenen Lebens
    brachen in immer deutlicheren Bildern auf ihn herein. Kaum waren die Opfer fortgeführt, die dem Be’el geschenkt waren von den reichen Familien, wurde er
    selbst der Lüge bezichtigt. Sae, seine eigene Gattin, die ein Kind des Be’el war, eine Vertraute des Xerck, klagte ihn an, mit gellender Stimme. Er sah
    ihre Katzenaugen, aus denen Verachtung und Hass sprühten. Er spürte unsägliches Grauen, dass sein bangend gehüteter Betrug entdeckt war, dass seine
    grässlichen Angstträume, die ihn lange gepeinigt, auf einmal Wirklichkeit wurden. Die Tempelwachen ergriffen ihn, schleppten ihn zum Altar des Feuers. Er
    sah sich vor dem Antlitz des Xerck, das bebte vor Zorn, sah seine Hand in der Flamme des Be’el, sah den Feuersturm auf seinen Körper überschlagen, sah sich
    brennen, ohne zu sterben, ohne Schmerz zu fühlen, hörte die Worte des Fluches, der den Hass des Be’el für Äonen in ihn brannte, der ihn verfolgte über die
    Grenzen des Todes hinaus, spürte die Wut des Be’el, die furchtbarer war als qualvollster Tod, ein Schmerz, der auch jetzt wieder nach Aron griff, der seine
    wankende Bewusstheit mit rasender Gewalt niederriss, der dem Sturm tobender Emotionen Bahn brach.
    „Töte sie,“ kreischte der Mahaguru. „Sie ist ein Feind des Hju. Ihr Blut wecke die Macht des Siegels.“
    Aron sah das Messer, das neben Judith auf dem steinernen Tisch lag, sah das Siegel auf ihrer Brust, die sich rasch hob und senkte. Starr lag Judith, nur
    ihre
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