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Der Nacht ergeben

Der Nacht ergeben

Titel: Der Nacht ergeben
Autoren: Alexandra Ivy
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Wunder, dass er abgelenkt war. In den vergangenen Stunden hatte er mehr Schocks erlebt als in ganzen Jahrhunderten zuvor. Den Tod der unsterblichen Selena. Die wilde, berauschende Freude, als er spürte, wie die Ketten sich lösten. Und das Entsetzen, als er beobachten musste, wie der Phönix auf Abby übertragen wurde.
    Abby.
    Doppelt verflucht. Er starrte auf ihre schlanke Gestalt hinunter. Diese Frau war eine Plage und ein Ärgernis gewesen, seit sie auf Selenas Anwesen eingetroffen war. Mit ihrer Haut, die so weich war wie Satin. Mit ihren honigfarbenen Locken, die ihr knabenhaftes Gesicht umrahmten. Mit ihren verletzlichen Augen. Und ihrer heißen Leidenschaft, die direkt unter ihrer Scheißegal-Haltung brodelte. All das rief nach ihm wie der Gesang einer Sirene. Abby war ein schmackhafter Leckerbissen, den er in aller Ruhe hatte verzehren wollen.
    Aber nun hatte sich alles verändert. Nun war sie nicht langer eine reizende Zerstreuung. Es war nicht länger ein Spiel. Sie stand nun unter seinem Schutz. Und er würde sie bis zu seinem eigenen Tode beschützen.
    »Komm«, befahl er in sanftem Tonfall, seine uralten Instinkte beschwörend. »Da kommt etwas.«
    Sie rappelte sich auf und musterte ihn misstrauisch.
    »Und was?«
    Er packte ihren Arm mit festem Griff.
    »Dämonen.«
    Er suchte mit seinen Sinnen und berührte die sich nähernde Dunkelheit. »Mehr als einer.«
    Ihr Gesicht wurde blass, aber aufgrund der inneren Stärke, die er immer an ihr bewundert hatte, wurde sie weder ohnmächtig, noch schrie sie oder tat sonst etwas von den vielen anderen lästigen Dingen, zu denen Sterbliche so sehr neigten, wenn sie mit dem Mystischen konfrontiert wurden.
    »Aber sie werden uns doch sicher keine Schwierigkeiten bereiten. Wir haben nichts, was sie wollen könnten.«
    Seine Lippen kräuselten sich. »Du hast unrecht, Liebste. Wir besitzen einen Schatz, der selbst über die wildesten Träume hinausgeht.«
    »Was ...«
    »Ich furchte, die Fragen müssen bis später warten, Abby.«
    Er zog sie eng an sich und durchquerte leise mit ihr den Raum in Richtung der kaum wahrnehmbaren Tür neben dem Bett. Dann griff er nach dem Türknauf, drehte ihn und öffnete die Tür mit Gewalt. Holz splitterte, als der Riegel aus seiner Verankerung gerissen wurde. Dante zog Abby, die er noch immer fest im Arm hielt, durch die Schatten des angrenzenden Zimmers, wobei er den Betrunkenen, der im Wodkarausch auf seinem Bett schnarchte, kaum eines Blickes würdigte.
    Dante bewegte sich direkt auf das schmale Fenster zu, öffnete es und drehte sich um, um sich zu Abbys Ohr herunterzubeugen. »Bleibe dicht bei mir, und sei ganz still«, flüsterte er. »Wenn wir angegriffen werden, möchte ich, dass du hinter mir bleibst und nicht wegrennst. Sie werden versuchen, dich so zu erschrecken, dass du ihnen in die Falle gehst.«
    »Aber ich will wissen, warum...«
    »Nicht jetzt, Abby«, knurrte er ungeduldig. »Wenn wir hier lebendig rauskommen wollen, musst du mir vertrauen. Kannst du das?«
    Es folgte ein Moment des Schweigens. In der Dunkelheit konnte Dante Abbys hauchdünne Selbstbeherrschung spüren. Sie stand kurz vor einem Zusammenbruch, und er konnte nur hoffen, dass sich der drohende Kollaps so lange abwehren ließ, bis sie sich in Sicherheit befanden.
    Schließlich schluckte sie schwer und nickte widerwillig.
    »Ja.«
    Er sah ihr in die Augen und war überrascht von dem Anflug von etwas, was möglicherweise Wärme sein konnte.
    »In Ordnung, dann gehen wir.«
    Dante nahm Abbys Hand und half ihr dabei, durch das schmale Fenster zu klettern. Er wartete, bis sie auf der metallenen Plattform stand, die zu der Feuerleiter führte, bevor er ihr in die Dunkelheit folgte. Dabei hielt er nur einen kleinen Augenblick inne und spähte in die müllübersäte Gasse hinunter. Seine Instinkte warnten ihn, dass Dämonen in der Nähe lauerten. Unglücklicherweise würde hierzubleiben bedeuten, dass sie in der Falle säßen und eingekreist würden. Sie hatten keine andere Wahl, als sich vorwärts zu bewegen.
    Oder in diesem Fall nach unten.
    Grimmig nickte Dante in Richtung der Leiter. Mit zögernden Schritten überquerte Abby die Plattform und zwang sich, die Sprossen hinunterzuklettern. Dante wartete, bis sie den Boden erreicht hatte, bevor er heruntersprang und neben ihr landete.
    Als sie ihre Lippen öffnete, um zu sprechen, streckte er einen Finger aus und legte ihn fest auf ihren Mund, wobei er heftig den Kopf schüttelte. Seine Haut prickelte wegen
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