Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Nacht ergeben

Der Nacht ergeben

Titel: Der Nacht ergeben
Autoren: Alexandra Ivy
Vom Netzwerk:
allein war, bevor sie sich auf die Knie niederließ und die zahlreichen Scherben einsammelte, mit denen der glatte Marmor übersät war.
    Es würde niemandem auffallen, dass die Vase fehlte, versuchte sie sich selbst zu beruhigen. Selena war schon immer eine Einsiedlerin gewesen, und in den vergangenen beiden Wochen war sie fast ganz von der Bildfläche verschwunden. Ohne ihre gelegentlichen Kurzauftritte, bei denen sie verlangte, dass Abby dieses ekelhafte Kräutergebräu, das sie mit scheinbarem Vergnügen in sich hineinkippte, für sie bereitete, hätte Abby denken können, dass die Frau die Flatter gemacht hätte.
    Ganz sicher streifte Selena nicht durchs Haus, um eine Bestandsliste ihrer diversen Kostbarkeiten aufzustellen.
    Alles, was Abby tun musste, war sicherzustellen, dass sie keine Spur von ihrem Verbrechen hinterließ, und dann würde alles schon in Ordnung sein.
    Niemand würde je davon erfahren.
    Niemand.
    »Na, so was, ich hätte nie gedacht, Sie irgendwann auf Händen und Knien zu sehen, Liebste. Eine höchst faszinierende Position, die zu einer Vielzahl köstlicher Möglichkeiten einlädt«, klang eine spöttische Stimme vom Eingang des Salons zu ihr herüber.
    Abby schloss die Augen und holte tief Luft. Sie war verflucht. Das musste es sein. Wie sonst wäre ihre endlose Pechsträhne zu erklären?
    Einen Moment lang drehte sie der Stimme noch den Rücken zu und hoffte sinnloserweise, Selenas Gast, der ausgesprochen nervtötende Dante, würde verschwinden. Es wäre immerhin möglich. Immerhin gab es spontane Selbstentzündung oder schwarze Löcher oder Erdbeben.
    Leider tat sich nicht der Boden auf, um den Kerl zu verschlucken, und auch die Rauchmelder gaben kein Alarmsignal von sich. Und was noch schlimmer war: Sie konnte tatsächlich spüren, wie sein finsterer, belustigter Blick gemächlich über ihre steife Gestalt glitt.
    Abby zwang sich, sich langsam umzudrehen. Sie hielt die Scherben der zerbrochenen Vase hinter ihrem Rücken versteckt, während sie den jüngsten Fluch ihrer Existenz betrachtete.
    Er sah nicht wie ein Fluch aus. Um der Wahrheit die Ehre zu geben: Er wirkte wie ein appetitlicher, gefährlich verführerischer Pirat.
    Abby, die immer noch auf dem Boden kniete, ließ es zu, dass ihr Blick über die schwarzen Bikerstiefel und die langen, kraftvollen Beine schweifte, die in ausgeblichene Jeans gehüllt waren. Immer höher glitt ihr Blick, über das schwarze Seidenhemd, das locker seinen Oberkörper bedeckte.
    Locker, aber nicht locker genug, musste sie mit einem verräterischen Schauder zugeben. Peinlicherweise hatte sie sich selbst dabei erwischt, in den letzten drei Monaten wiederholt verstohlene Blicke auf das Muskelspiel unter diesen Seidenhemden geworfen zu haben.
    Okay, vielleicht hatte sie mehr als nur verstohlene Blicke geworfen. Vielleicht hatte sie gestarrt. Geglotzt. Gegafft. Und ab und zu gesabbert.
    Aber welche Frau hätte das nicht?
    Mit zusammengebissenen Zähnen zwang sie sich, ihren Blick auf das Alabastergesicht mit den perfekt gemeißelten Zügen zu lenken. Eine breite Stirn, eine schmale aristokratische Nase, ausgeprägte Wangenknochen und sinnliche Lippen.
    Es war das Gesicht eines edlen Kriegers. Eines Häuptlings.
    Bis einem diese hellen Silberaugen auffielen. Darin lag nichts Adeliges. Sie waren durchdringend und gefahrlich, und in ihnen flackerte eine spöttische Belustigung über die Welt. Es waren Augen, die ihn ebenso als Schurken brandmarkten wie das lange rabenschwarze Haar, das ihm lässig über die Schultern fiel, und die großen goldenen Ohrringe. Er war Sex auf Beinen. Ein Raubtier. Einer von den Typen, die Frauen wie sie mit erbärmlicher Mühelosigkeit verschlangen und wieder ausspuckten.
    Allerdings nur, wenn sie Frauen wie sie überhaupt erst bemerkten. Was nicht gerade besonders oft geschah.
    »Dante. Müssen Sie unbedingt so herumschleichen?«, fragte sie und war sich des unbezahlbaren Durcheinanders, das sich direkt hinter ihr befand, verzweifelt bewusst.
    Er tat so, als würde er über ihre Frage nachdenken, bevor er leicht mit den Achseln zuckte.
    »Nein, ich nehme nicht an, dass ich herumschleichen muss«, murmelte er mit seiner rauchigen Schlafzimmerstimme. »Aber ich genieße es einfach, es zu tun.«
    »Nun ja, es ist eine sehr vulgäre Angewohnheit.«
    Seine Lippen zuckten belustigt, während er sich ihr weiter näherte. »Oh, ich verfüge über weitaus mehr vulgäre Angewohnheiten, süße Abby. Ich habe keinen Zweifel daran, dass Sie
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher