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Der Monat vor dem Mord

Der Monat vor dem Mord

Titel: Der Monat vor dem Mord
Autoren: Jacques Berndorf
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habe Ihre Bemerkungen für einen Scherz gehalten. Was wollen Sie eigentlich?«
    »Das Mittel gegen die Kiefernfresser«, sagte Binder.
    Horstmann konnte seine Furcht noch niederhalten. »Ich habe das Mittel noch gar nicht.«
    »Sie haben es«, sagte Binder. »Ich weiß es!«
    War der Mann verrückt, war er ein Paranoiker, konnte er einen akuten Schub von Schizophrenie haben? Horstmann verstand Binder nicht. Es war zwar klar, dass Binder tatsächlich jemand war, dem man den etwas dubiosen Titel Verräter geben konnte. Aber warum war er einer? Weshalb tat dieser unscheinbare Mann das? Und warum machte er sich ausgerechnet an einem Sonntag an Horstmann heran? Und ausgerechnet in der Fabrik. Das war idiotisch, das war mehr als idiotisch, das war einfach dumm.
    »Sie sind ein Idiot«, sagte Horstmann.
    »Warum?«
    »Weil Sie es heute versuchen und ausgerechnet hier!«
    Binder lächelte. »Was ist daran idiotisch? Ich bin der Finanzchef, ich arbeite oft an den Feiertagen. Und Sie sind der Forschungschef und arbeiten ebenfalls oft an den Feiertagen. Wo liegt die Idiotie?«
    Horstmann versuchte es reichlich schwach mit einem Angriff: »Sind Sie schon einmal bei einem Psychiater gewesen?«
    »Nein«, sagte Binder. »Warum?« Er sah Horstmann erstaunt an, dann begriff er und lächelte, ohne amüsiert zu sein. »Ach so, ich verstehe. Sie glauben, ich wäre nicht ganz richtig. Ich kann Ihnen versichern, dass ich genau weiß, was ich tue. Ich will das Mittel. Sie haben das Mittel. Wenn ich dem Chef erzähle, dass Sie die Hunderttausend unter einem falschen Vorwand bekommen haben, dass Ihr Haus bereits vollkommen schuldenfrei ist, wird er einen Riesenspektakel machen. Man kann doch in einem solch seriösen Unternehmen nicht einfach den Inhaber belügen. Und deshalb werden Sie mir das Mittel geben.«
    Horstmanns Gedanken waren erstaunlich rasch und klar. »Das werde ich nicht. Ich werde morgen früh zum Chef gehen und ihm sagen, ich brauche das Geld nicht. Oder ich kann ihm sagen, dass ich das Geld in Wirklichkeit für etwas anderes brauche. Ich kann ihm sagen, ich hätte das Haus nur vorgeschoben, um einen für jeden begreifbaren Grund zu haben.«
    Binder war nicht angeschlagen. »Sie können das tun«, sagte er, »aber das Verhältnis zum Chef bleibt trotz allem getrübt. Der Mann lässt sich nicht gern übers Ohr hauen. Und außerdem könnte ich ihm sagen, dass Sie durchaus nicht so ein harmloser Trottel sind, wie Sie ihn spielen.«
    Horstmann lächelte. »Was ist, wenn ich ihm sage, dass Sie mich erpressen?«
    »Nichts«, sagte Binder amüsiert, »dann ist gar nichts. Ich habe diese Firma bei der Steuer um zahllose Klippen geschifft, ich habe Finanzen locker gemacht, die nicht einmal der Chef bekommen hätte. Wenn Sie ihm sagen, ich würde Sie erpressen, wird er schallend lachen. Ich bin wie Sie, Herr Doktor Horstmann, ein vollkommen unantastbarer Mensch. Ich bin nicht einmal Chemiker.«
    Horstmann fand die Sache plötzlich abenteuerlich. Der Mann vor ihm hatte keine Pistole in der Hand, er wirkte nicht brutal. Es war nichts als eine Unterhaltung mit Nervenkitzel. »Wer ist denn Ihr Auftraggeber?«, fragte er.
    Binder lachte. »Das spielt doch keine Rolle. Geben Sie mir das Mittel!«
    »Ich brauche Bedenkzeit bis morgen«, murmelte Horstmann.

12. Kapitel
    Binder lächelte. »Ich werde Sie gegen Mittag anrufen. Aber seien Sie nicht so dumm und erzählen Sie irgendeinem Menschen davon. Das würde Ihnen sowieso keiner glauben. Dagegen ist es nachweisbar, dass Sie einhunderttausend Mark unter Vortäuschung falscher Tatsachen bereits bekommen haben.«
    »Moment«, sagte Horstmann, »das kann ich korrigieren. Das habe ich bereits erwähnt.«
    »Richtig«, sagte Binder wie ein Schachspieler, »aber eine Korrektur ist immer schlechter als ein glatter Zug, den man nicht beanstanden kann. Außerdem haben Sie zwei Dinge vergessen.«
    »Und die wären?«, fragte Horstmann. Es war wie in einem schlechten Roman, in dem der Mörder dem Jäger erklärt, was er falsch gemacht hat. Es war wie bei Wallace oder so.
    »Zunächst eins«, murmelte Binder. »Als ich mit Ihnen das erste Mal sprach, hatte ich einen kleinen Recorder in der Tasche. So einen batteriegetriebenen. Sie haben meinen unüberhörbaren Vorschlag wie einen Scherz akzeptiert, obwohl Ihnen die Sache merkwürdig vorkommen musste. Sie haben niemanden davon in Kenntnis gesetzt.«
    »Es war ein Scherz«, sagte Horstmann. Die Furcht war jetzt stärker geworden.
    »Es war kein Scherz,
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