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Der Metzger kommt ins Paradies: Kriminalroman (German Edition)

Der Metzger kommt ins Paradies: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Der Metzger kommt ins Paradies: Kriminalroman (German Edition)
Autoren: Thomas Raab
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Menschen, seine Verzweiflung, seine Angst, seine Hoffnung, die ihn gefügig werden lässt. Auf der Suche nach Erklärungen bricht die Kette handelnder Personen beim schwächsten Glied.
    »Ich, ich …«, beginnt er erneut, und diesmal lässt ihn Heinzjürgen Schulze aussprechen.

    Dolly kann es nicht fassen.
    Privatsphäre ist für ihre Mutter ein dermaßen interplanetarischer Begriff, da kommen vorher noch die Tropo-, Strato-, Exosphäre, dann lange nichts, und erst dort, wo dem Menschen keine Luft mehr zum Atmen bleibt, wo er nicht aus dem Auge zu verlieren ist, egal, wo es ihn hintreibt, beginnt die mütterliche Vorstellung von Intimität.
    Folglich denkt sich ihre Erzeugerin weder etwas dabei, uneingeladen in eine fremde Wohnung zu stürmen, noch, in dieser Wohnung ohne Zurückhaltung einem Fremden schöne Augen zu machen, denn auch was ihre eigene Privatsphäre betrifft, ist Eva-Carola Würtmann alles andere als prüde.
    Die heranwachsende Dolly musste verkrochen in ihrer türlosen Schlafkoje bevorzugt nächtens Dinge mit ansehen oder hören, da hätte sie sich, eingepfercht mit einer Großfamilie im Tipi, Iglu oder Baumhaus, zurückgezogener gefühlt.
    Folglich platzt der ausgewachsenen Dolly nun endgültig der Kragen: »Ich komm nicht mehr heim, und wenn ich auf der Straße schlafen muss. Ich werde dir niemals, sollte jemals mein größter Wunsch in Erfüllung gehen, mein Kind auch nur eine Sekunde unbeaufsichtigt überlassen, und wenn du noch einmal unangemeldet, egal, wo ich bin, bei mir in der Tür stehst, wirst du dir wünschen, mich nie geboren zu haben, hast du das kapiert! Kauf dir statt deinem Tino am besten eine Dogge, die kanns dir dann wenigstens besorgen!«, stürmt Dolly ins Bad und wirft krachend die Tür ins Schloss.
    »Na, wenn Sie auch so wild sind, Frau Würtmann, dann …«, lässt Josef Krainer am weiteren Zuwachs seiner ohnedies schon unübersehbaren Begierde keinen Zweifel, womit auch bei Danjela der Punkt erreicht ist, endlich Recht vor Gnade walten zu lassen.
    »Weißt du, Eva, hat deine Tochter gerade große Liebe verloren, drum glaub ich, ist Herumgeflirte keine schöne Anblick. Vielleicht ist unhöflich, aber bin ich leider nix Therapeutin für Probleme in Mutter-Tochter-Beziehung, und wenn muss ich mir jetzt aussuchen eine Partei von zwei, dann würd ich sagen, nimmst du Mann des Gesetzes an Hand und fährst du nach Hause, bin ich sicher, habt ihr schönere Abend allein! Verstehst du, was ich meine?«

    »Gehen wir«, steht Josef Krainer nun auf und verlässt schnurstracks, gefolgt von dem für ihn wahr gewordenen Traum einer Frau, die Wohnung des Metzgers, denn ein weiteres Mal unterdrücken kann er den gerade eingegangenen Anruf nicht.
»Schulze, wird Zeit, dass Sie …

Wie bitte, ich soll was? Ich lass mir doch nicht von Ihnen den Mund verbieten, d…

Was heißt, ich habe Ihren Kollegen auf dem Gewissen, welchen Koll…

Wie, Szepansky?

In einer Stunde vorm Spital, alles klar.«
    »Maier!«, geht es Josef Krainer durch den Kopf, und auch durch den Magen geht ihm gleich so einiges, denn dermaßen übel war ihm schon lange nicht mehr.

    Im Konvoi, bestehend aus zwei Autos, wird die Rückfahrt angetreten. Heinzjürgen Schulze bedient, um die Bezüge seines Mietwagens zu schonen, das Steuer des Führungsfahrzeuges, des schwarzen Audi A7. Auf der Rückbank sitzt Willibald Adrian Metzger, daneben im Delirium Gustav Eichner, im Wagen dahinter Petar Wollnar – zumindest so lange, bis sich endlich eine geeignete Stelle findet, um das Jeep-Wrangler-Cabrio möglichst unauffällig am Rande des Schilfgürtels der Natur überantworten zu können, dann steigt der Hausmeister als Beifahrer in den A7 um.
    Provisorisch den Rücken versorgt, eingebunden und mit starken Schmerzmitteln vollgestopft, halten sich Gustav Eichners Klagelaute in Grenzen. Für die tief im Fleisch sitzenden Schrotkugeln und den Bruch mehrerer Rippen allerdings reichte die zittrige Hand Hertha Sahlbruckners nicht aus. Der unter keinen Umständen in so jungen Jahren schon sterben Wollende braucht also dringend jene ärztliche Hilfe, die ihm bei weiterer Kooperationsbereitschaft auch zugesichert wird – und er kooperiert.
    Gleichermaßen froh wie zutiefst erschüttert ist er darüber, der Metzger, und genau dieser Umstand macht ihm schwer zu schaffen. Sosehr er sich dagegen sträubt, sosehr er die vorhin an den Tag gelegte martialische Vorgehensweise Heinzjürgen Schulzes verurteilt, muss er sich doch
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