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Der Medicus von Saragossa

Titel: Der Medicus von Saragossa
Autoren: Noah Gordon
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Himmels willen an.«
    Jona verließ taktvoll das Zimmer, doch als er zurückkehrte, schlief Vasca noch immer tief, seine Wangen blähten sich bei jedem Ausatmen.
    Am nächsten Tag kam die Frau wieder ins Krankenzimmer. Als sie neben dem Bett Platz nahm, sah Jona zwei frische Blutergüsse auf ihrer linken Wange.
    »Condesa... Gibt es etwas, wobei Sie meine Hilfe brauchen?«
    Es klang holperig, und sie wurde kühl und hoheitsvoll. »Nein, vielen Dank, Señor.«
    Doch früh am nächsten Morgen weckte ihn ein Bediensteter und sagte ihm, der Arzt werde im Gemach der Condesa benötigt. Er fand sie auf dem Bett, mit einem blutigen Tuch am Gesicht. Auf ihrer linken Wange klaffte an der Stelle, wo die Blutergüsse gewesen waren, ein häßlicher, zwei Zoll langer Riß.
    »Rührt das von seinem Ring her?«
    Sie antwortete nicht. Tapia mußte sie mit der flachen Hand geschlagen haben, denn wäre die Faust geschlossen gewesen, hätte der Ring eine noch schlimmere Verletzung verursacht. Er holte einen gewachsten Faden und eine feine Nadel aus einer Tasche. Bevor er den Riß vernähte, gab er ihr einen Schluck Cognac zu trinken. Dennoch zuckte und stöhnte sie, aber er nahm sich Zeit und nähte mit feinen Stichen. Dann benetzte er ein Tuch mit Wein und drückte es an die Wunde, weil er die Erfahrung gemacht hatte, daß das die Heilung beschleunigte.
    Als er fertig war, öffnete sie den Mund, um ihm zu danken, sank aber dann lautlos schluchzend aufs Bett.
    »Condesa...« Sie trug ein seidenes Nachthemd, das alles zeigte, was zu sehen war, und er zwang sich, den Blick abzuwenden, während sie sich wieder aufrichtete und sich mit dem Handrücken über die Augen wischte, wie ein kleines Kind.
    Er erinnerte sich, was Padre Espina ihm über den Reichtum und Einfluß ihres Vaters in Madrid erzählt hatte.
    »Señora, ich glaube, daß Euer Gatte bald sterben wird«, sagte er sanft. »Vielleicht solltet Ihr Euch für den Fall überlegen, den Schutz Eurer Familie aufzusuchen?«
    »Tapia sagt, wenn ich davonlaufe, kommt er mir nach. Und tötet mich.«
    Jona seufzte. So dumm konnte Tapia nicht sein. Vielleicht konnte er den Mann ja zur Vernunft bringen, oder auch Padre Sebbo oder Padre Espina.
    »Ich werde sehen, was ich tun kann«, sagte er verlegen. Doch seine Verlegenheit wuchs, als er nun mehr über Tapia und die Condesa zu hören bekam, als er wissen wollte.
    »Es ist alles meine Schuld«, sagte sie. »Er hatte schon lange ein Auge auf mich geworfen. Ich habe ihn nicht ermutigt, sondern den Hunger in seinen Blicken eher genossen, um ehrlich zu sein. Ich fühlte mich völlig sicher, weil Tapia sich vor meinem Gatten fürchtete und nie versucht hätte, ihm die Frau wegzunehmen.
    Daniel Tapia arbeitet seit vielen Jahren für meinen Gatten, als Aufkäufer von heiligen Reliquien. Fernán kennt viele Leute in religiösen Gemeinschaften, und so konnte er es einrichten, daß Tapia viele Dinge erwerben konnte.«
    Jona wartete schweigend ab.
    »Als mein Gatte krank wurde, war ich in großer Sorge. Ich bin eine Frau, die den Trost starker Arme braucht, und so ging ich eines Abends zu Tapia«, sagte sie, und Jona schwieg und bewunderte ihre Aufrichtigkeit.
    »Aber es wurde nicht so, wie ich es erhofft hatte. Er ist ein roher Mann. Doch er will mich heiraten, sobald es möglich ist. Es gibt keinen Erben für den Grafentitel, und wenn ich sterbe, fällt der Besitz an die Krone zurück. Daniel Tapia wird jedoch dafür sorgen, daß ich lange lebe«, sagte sie verbittert. »Er will das Geld.«
    »Da ist noch etwas«, fügte sie nach einer Pause hinzu. »Er ist überzeugt, daß Fernán hier irgendwo etwas versteckt hat, etwas von großem Wert. Ich denke, jetzt glaubt er mir endlich, daß ich nichts weiß, was ihm weiterhelfen könnte, aber er sucht beständig danach.«
    Einen Augenblick lang wagte Jona nicht zu sprechen. »Ist es eine Reliquie?« fragte er schließlich.
    »Ich weiß es nicht. Ich hoffe, Sie haben nicht vor, meine Qual mit Ihren eigenen Fragen noch zu vergrößern, Señor«, sagte sie.
    Sie stand unsicher auf und führ sich mit der Hand über die Wange. »Wird eine Narbe bleiben?« fragte sie.
    »Ja. Eine kleine. Anfangs gerötet, aber das legt sich wieder. Wollen wir hoffen, daß sie so weiß wird wie Eure Haut«, sagte er, nahm seine Tasche und ging zu ihrem Gatten.

4. Frühling
    A ls Jona sich am nächsten Tag, nachdem Padre Sebbo ihn im Krankenzimmer abgelöst hatte, wieder auf die Suche machte, fand er den Beweis dafür, daß seine
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