Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Mann mit dem roten Zylinder

Der Mann mit dem roten Zylinder

Titel: Der Mann mit dem roten Zylinder
Autoren: Wolfgang Ecke
Vom Netzwerk:
einem schlichten Schild steht zu lesen: ERIK OLANSON, ERMITTLUNGEN.
    Als der Detektiv, denn um diesen handelt es sich, die kleine Diele betritt, stutzt er sekundenlang. Ein merkwürdiges Geräusch ist an sein Ohr gedrungen. Dann spielt ein leises Lächeln um seine Lippen. Vorsichtig drückt er die Klinke zu seinem Vorzimmer herunter. Ebenso leise schließt er die Tür hinter sich.
    Zweimal 100 Watt erhellen den Raum in strahlendes Licht und passen so gar nicht zu dem Bild, das sich dem Betrachter bietet.
    Fredrik Hake schläft.
    Er schläft und schnarcht mit leicht geöffnetem Mund. Und er schnarcht so laut, daß es ein wahres Wunder ist, nicht selbst daran aufzuwachen.
    Fredrik Hake ist Olansons Gehilfe.
    Und Fredrik hat es sich bequem gemacht. Er liegt halb in einem Sessel, während seine Beine lang ausgestreckt auf dem Rauchtisch ruhen.
    Ein Schuh liegt auf dem Boden, der zweite auf der Tischplatte. Aus jedem Strumpf schaut neugierig die große Zehe heraus.
    Die hellen Sommerhosen hat Hake bis an die Knie hochgekrempelt. Sein Hemd ist am Hals geöffnet, und der Krawattenknoten sitzt in Höhe der rechten Schulter.
    Fredrik Hakes Figur mit dünn oder dürr zu bezeichnen, wäre maßlose Übertreibung, denn er ist genau die Hälfte von dünn und dürr. Dabei ißt er für drei.
    Sein feuerroter Schopf erinnert irgendwie an eine Kleiderbürste, so eckig und akkurat sind die Haare gestutzt. Doch das Lustigste an seinem verschmitzten Gesicht sind die gewaltigen Ohren. Diese würden selbst den größten Hut vor dem Herunterrutschen bewahren. Ihnen verdankt er auch seinen Berufs-Spitznamen: das Horchgerät.
    Erik Olanson ist leise näher getreten.
    Behutsam bückt er sich nach Fredriks Hand, die lose über der Sessellehne hängt. Er hebt sie hoch — immer höher — und läßt sie fallen.
    Fredrik scheint nichts zu merken. Im Gegenteil. Nach zwei schrillen Pfeiftönen räkelt er sich behaglich, während seine Hand wie ein Perpendikel hin- und herschaukelt.
    „Fredrik — aufwachen!“
    Olanson hat es nicht laut gesagt. Doch Fredriks Schnarchen setzt plötzlich aus. — Sein Mund macht ein paar kauende Bewegungen.
    „Guten Morgen, Fredrik.“
    Jetzt endlich scheint es bei Hake geklingelt zu haben. Mit einem Ruck reißt er die Füße von der Tischplatte und versucht die Augen zu öffnen. Sekundenlang wird er von dem grellen Licht geblendet.
    „Hallo, Chef — sind Sie es?“
    „Nein, es ist meine Großmutter!“
    „Komisch. Ich hab’ wirklich gedacht, ich hätte Ihre Stimme gehört!“
    Olanson lacht. „Jetzt werde endlich munter. Du bist mir ein schöner Detektiv. Schlaftablettenausprobierer hättest du werden sollen.“
    Fredrik blickt mit kugelrunden Augen auf seinen Chef, während er überrascht mit den Ohren wackelt. „Ich hatte Sie erst morgen erwartet. Es tut mir leid, daß ich nicht am Bahnhof war.“
    „Schon gut. Sag mal, hast du in den vierzehn Tagen bei zweihundert Watt geschlafen?“
    „Oh, ich dachte, das macht einen guten Eindruck, Chef. Wenn jemand die ganze Nacht Licht brennen hat, muß er doch eine Menge zu tun haben.“
    „Gegen diese Logik ist allerdings nichts einzuwenden.“
    Fredrik hat in diesem Augenblick bemerkt, daß er noch immer in Strümpfen dasitzt. Verlegen schlüpft er in seine Schuhe. Ablenken, geht es ihm durch den Kopf, und wissensdurstig fragt er: „Wie war’s in Göteborg, Chef?“
    „Alles in Ordnung. Und hier?“
    Hake tut sehr eifrig, als er jetzt aufzuzählen beginnt. „Zwei neue Versicherungssachen. Drei Erbschaftsangelegenheiten. Eine davon habe ich schon erledigt. Ein kleiner Familiendiebstahl. Ja, und sonst — sonst ist eigentlich nichts gewesen.“
    Olanson hat sich einen Gin eingeschenkt. Zwischen zwei Schlucken fragt er:
    „Was ist mit dem Mann mit dem roten Zylinder?“
    Ein, zwei Atemzüge lang hat Fredrik gezögert. Erstaunt fragt er dann: „Schreibt man in Göteborg denn auch über diese seltsame Figur?“
    „Ein Mitreisender hat davon gesprochen“, antwortet Olanson.
    „Genaugenommen“, erzählt Fredrik, „wird kein Mensch so richtig klug aus der Sache. Aber jeder Stockholmer weiß etwas über diesen Geheimnisvollen zu erzählen. Dabei wissen sie alle nur das gleiche, nämlich das, was in den Zeitungen gestanden hat. Und dort hat man eine Menge geschrieben. Und seit dieser Amerikaner...“
    „Mister Rankfield“, wirft Olanson ein.
    Fredrik pfeift anerkennend durch die Zähne. „Sie sind ja ganz schön im Bilde. Ja, seitdem dieser Rankfield
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher