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Der Mann, der mein Leben zum Entgleisen brachte

Der Mann, der mein Leben zum Entgleisen brachte

Titel: Der Mann, der mein Leben zum Entgleisen brachte
Autoren: Manfred Köhler
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weiß, wie es dazu gekommen ist, und es irgendwann auch nicht mehr wissen mag.
    So wollte ich nicht länger leben.
    Auf dem Weg von Daves Laden nach Hause klapperte ich die Gartencenter unserer Stadt ab. Fündig wurde ich in einem Baumarkt mit Zimmerpflanzen-Abteilung. In einem Pflanzkübel so groß wie zwei Badewannen reckte ein Ficus seine Blätter über ein ganzes Stockwerk bis hinauf zum Glasdach der Verkaufshalle. Sein Stamm war nur mit zwei Händen zu umfassen, er musste samt Erde und Kübel eine Vierteltonne wiegen.
    „Der ist leider unverkäuflich“, sagte die Auszubildende in i hrer blaugelben Schürze.
    „Da müssten Sie den Abteilungsleiter fragen“, wimmelte mich die Ka ssiererin ab.
    Der Abteilungsleiter verwies mich an den Filialleiter, und der hätte fast in der Bundeszentrale der Baumarkt-Kette in Saarbrü cken angerufen. Was ihn abhielt, waren 3.000 Mark in bar, die ich ihm hinblätterte, ohne nach dem Preis gefragt zu haben. Er versprach, noch am selben Tag zu liefern.
     
    Meine Frau Marianne, die diesen Namen hasste und sich daher Melanie rufen ließ, kaufte seit Jahren die größten Topfpflanzen zusammen, die sie finden konnte, um unseren lagunenförmigen Swimmingpool im vorgelagerten Untergeschoss unseres Hauses in einen tropischen Tümpel zu verwandeln und den Whirlpool, der darüber wie eine heiße Quelle brodelte, ganz zwischen den Pflanzen verschwinden zu lassen. Ein Ficus dieser Größe hatte ihr noch gefehlt.
    Ich wusste zu dieser Zeit nie genau, was Mel anie den ganzen Tag so trieb, wir redeten kaum miteinander, aber ich wusste, wann und wie lange sie außer Haus war. An diesem Tag würde sie gegen 17 Uhr von ihren Nachmittagsverrichtungen zurückkommen, sich ihre Sportsachen anziehen und für zwei Stunden im Fitnessraum verschwinden, der neben unserer Hallenbad-Lagune lag. Sie lebte nach festen Zeitplänen und schien zumindest glücklicher damit als ich, der ich die Tage und Stunden auf mich zukommen ließ.
    Ich hatte im Baumarkt noch 200 Mark zugelegt dafür, dass umg ehend geliefert wurde. Und tatsächlich, kaum hatte ich im Garagen-Anbau mein Mercedes-Coupé zwischen meinem Ferrari und dem BMW meiner Frau abgestellt – sie war mal wieder mit dem alten Porsche unterwegs –, hatte mir die Hände gewaschen und mich rasiert, klingelte es, und kurz darauf kam ein Lastwagen mit dem blaugelben Schriftzug des Baumarktes die Auffahrt herangefahren. Zu viert schafften wir es mit Hilfe zweier Rollwägelchen gerade so, den gewaltigen Baum durch die Glasschiebetür ins Hallenbad zu wuchten und ihn zwischen den Bananen- und Yuccastauden so einzurichten, dass sich der Anschein natürlich gewachsener Wildnis ergab. Ich steckte den Männern je 50 Mark Trinkgeld in die Taschen, kehrte rasch die beim Transport verschüttete Erde und die abgerissenen Blätter und Zweige zusammen, holte Melanies Lieblingswein aus dem Keller und Gläser aus der Küche, zog mich aus und legte mich in den Whirlpool zwischen die Pflanzenpracht.
    Es dauerte nicht lange, da kam sie die Treppe herunter und an der Glasfront des Hallenbades vorbei in Richtung der Tür des Fitnessraums. Sie hatte ihre langen braunen Haare zum Pferdeschwanz g ebunden, trug ein enges rotes Sportdress und schwarze Leggings, die bis knapp über die Knie reichten. Sie richtete ihr Stirnband, sah aus den Augenwinkeln, dass etwas anders war im Hallenbad, blieb stehen, drehte sich zu mir um und guckte erstaunt durch die Scheibe. Ich winkte ihr zu, zeigte auf Wein und Gläser und gab ihr mit dem Kopf Zeichen, zu mir hereinzukommen.
    Sie zog erst ihre Nikes aus, bevor sie das Hallenbad betrat, kam misstrauisch näher, aber setzte sich schließlich zu mir auf den Rand des Whirlpools.
    Es war schwer, etwas zu sagen nach all der Zeit, die wir uns aus dem Weg gegangen waren. Ich sah sie von unten her an, und auf einmal war mir so stark danach, sie zu spüren, dass ich kurzerhand mit meinem nassen Arm um ihre Hüften griff und sie zu mir in den Whirlpool zog.
    In diesem Moment hätte ich es auch endgültig mit ihr ve rderben können, aber das Gegenteil geschah. Sie prustete und lachte, schwappte mir eine Welle Wasser ins Gesicht, wir balgten und umarmten uns, küssten uns, ich zog sie aus und warf ihre Sachen vom Whirlpool hinunter in den Swimmingpool, wo sie langsam zum Grund sanken. Wir streichelten und liebten uns im prickelnden, gelb leuchtende Blasen werfenden Wasser das erste Mal seit wer weiß wie vielen Monaten.
    Wir hatten noch immer keinen
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