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Der Mann, der mein Leben zum Entgleisen brachte

Der Mann, der mein Leben zum Entgleisen brachte

Titel: Der Mann, der mein Leben zum Entgleisen brachte
Autoren: Manfred Köhler
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vollständigen Satz gesprochen, als wir, danach, die Weinflasche schon halb geleert hatten und vom warmen Wasser ganz verhutzelt waren. Sie lag auf mir ausg estreckt, ihre Beine zwischen meinen, ihre Schulterblätter auf meiner Brust, ihre Wange an meiner, ihr nasses Bündel Haare über meiner rechten Schulter, und starrte in die Pflanzen.
    „Ich habe Lust auf italienisches Essen“, war das erste, was sie sa gte.
    „Bei Antonio?“
    „Au ja.“
    Sie drehte sich auf mir herum, umklammerte meinen Oberkörper und küsste mich so übermütig, dass mir die Luft wegblieb. Ich dac hte: Danke für diese zweite Chance. Diesmal mache ich es besser. Diesmal ist es für immer.
    Sie löste sich von mir und stieg auf den Rand des Whirlpools. Diese Abfolge von Bildern sehe ich von allen Erinnerungen an sie am deutlic hsten vor mir: wie sie neben mir aufragt, ihre Fersen in meiner Augenhöhe, ihre Waden, ihr fester Po, die Linie ihres Rückens, ihre nassen dunklen Haare; wie sie die Arme hebt, die Zehen um die Kante verkrallt und vom Whirlpool-Rand wie von einem Startblock in den Swimmingpool springt; wie sie zielsicher ihre Sachen vom Boden aufsammelt und in einem Zug zur anderen Beckenseite taucht; wie sie über die Leiter aus dem Wasser steigt und mir zulächelt, während sie alles auswringt und am Beckenrand ablegt; wie sie mir immer noch zulächelt, ihre Haare zu einem festen braunen Seil dreht, wie sie ganz bei mir ist, während das Wasser aus ihren Haaren tropft, wie sie das Hallenbad verlässt und federnd die Treppen in den ersten Stock hoch läuft, aus meinem Blickfeld verschwindet. Diesmal ist es für immer, dachte ich, und dieser Moment bleibt mir auch für immer, aber anders als ich es damals erhoffte. Noch immer überkommen mich Trauer und Schuldgefühle gleichermaßen, wenn ich daran zurückdenke.
     
    Dabei kann ich auch heute nicht sagen, ob ich die falsche Entscheidung getroffen und alles ausgelöst habe, als wir kurz nach Mitternacht von Antonios Restaurant zurückkamen, oder ob das Verhängnis schon zu diesem Zeitpunkt nicht mehr aufzuhalten gewesen wäre.
    Der Kiesweg vom Portal an der Straße über unser Grundstück zum Haus führte in weitem Bogen entlang einer Anhöhe und vo rbei an einer Felsformation, die unserem Viertel seinen Namen gab: Schöne Aussicht. Unten schimmerten wie ein Spiegelbild des Sternenhimmels im Tal die Lichter der Stadt. Noch ganz in diesen Anblick versunken, hielt ich es für eine Irritation, als ich vor unserem Haus einen orangegelben Lichtpunkt aufglimmen und abrupt abdunkeln sah, einen körperhaften Schatten dahinter. Aber Melanie hatte den Eindringling auch gesehen. Erschrocken trat sie auf die Bremse, der Kies knirschte unter den Reifen.
    „Da ist doch jemand an der Haustür!“
    Ich beugte mich zur Frontscheibe. Der Wagen kam im Wirkungsbereich der Bewegungs-Sensoren unserer Außenbeleuchtung zum Stehen. Die beiden Lampen an der Haustür und die nach unten gerichteten Scheinwerfer über den vier Garagentoren erstrahlten. Im dunklen Halbstern seiner sechs Körperschatten wuchs ein Mann aus dem Kies zwischen dem Blumenrondell des Wendekreises und der Haustreppe. Ich erkannte an der stiernackigen Haltung und den ölig glänzenden Haaren auf der Stelle den jungen Kaufhausdieb, wie ein Blitz ging mir der Schreck durch den Körper, und mit dem Entsetzen kam die Gewissheit, dass alle noch so abwegigen Befürchtungen, meine ungeliebte heile Welt könnte zerbrechen, nun Wahrheit wurden. Er ließ seine Zigarette fallen, trat sie aus, verharrte an Ort und Stelle und sah zu uns herüber. Er hatte alle Lichter hinter sich, die Scheinwerfer des Porsches gingen an ihm vorbei, und so war sein Kopf nur ein schwarzer Buckel über den Schultern, er war ganz Schatten vor der hell erleuchteten Hauswand. Melanie schaltete krachend in den Rückwärtsgang. Ich legte ihr die Hand auf den Arm.
    „Moment. Ich kenne den Mann.“
    Ich kurbelte das Fenster herunter. Wir hatten 20, vielleicht 30 Meter Abstand zu dem unerwünschten Besucher. Er rührte sich nicht. Melanie blieb mit laufendem Motor fluchtbereit.
    „Was wollen Sie hier?“, rief ich der schwarzen Gestalt zu.
    „Sie haben was verloren.“
    „Es ist nach Mitternacht. Sie sind hier auf Privatgrund eing edrungen. Wenn Sie nicht gleich gehen, müssen wir die Polizei rufen.“
    Ich schaute mich möglichst unauffällig auf den beleuchteten Grundstücksabschnitten um. Er zog etwas aus seiner Jackent asche.
    „Keine Angst, ich bin allein. Ich
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