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Der Mann, der kein Mörder war

Der Mann, der kein Mörder war

Titel: Der Mann, der kein Mörder war
Autoren: Michael Hjorth , Rosenfeldt
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Haarsträhne aus dem Gesicht. Die Reste des Schlafs wurden von der Erkenntnis vertrieben, dass der Morgen nicht so verlaufen würde, wie sie es sich vorgestellt hatte.
    Sebastian hatte sich aus dem Bett geschlichen, angezogen und gehen wollen, ohne sie zu wecken. Sie würden weder gemeinsam frühstücken, noch Zeitung lesen, noch einen Sonntagsspaziergang machen. Er würde sie nicht näher kennenlernen wollen und nicht wieder anrufen, was auch immer er behauptet hatte. Das wusste sie.
    Deshalb sagte er nur: «Mach es gut.»
    Sebastian bemühte sich nicht einmal mehr, ihren Namen zu erraten. Plötzlich war er sich sogar unsicher, ob er überhaupt mit K anfing.
     
     
    In der Morgendämmerung war es noch ruhig auf der Straße. Der Vorort schlummerte, und alle Geräusche wirkten so dezent, als wollten sie ihn nicht wecken. Sogar der Verkehr auf dem nahe gelegenen Nynäsvägen klang geradezu respektvoll gedämpft. Sebastian blieb vor dem Straßenschild an der nächsten Kreuzung stehen. Varpavägen. Irgendwo in Gubbängen. Ein gutes Stück bis nach Hause. Fuhr die U-Bahn so früh schon? Heute Nacht hatten sie ein Taxi genommen. Unterwegs bei einem 7-Eleven gehalten und Brötchen fürs Frühstück gekauft, weil ihr eingefallen war, dass sie nichts mehr im Haus hatte. Denn er habe doch wohl vor, zum Frühstück zu bleiben? Brötchen und Saft hatten sie gekauft, er und … es war einfach zum Verzweifeln. Wie hieß diese Frau? Sebastian setzte seinen Weg auf der menschenleeren Straße fort.
    Er hatte sie verletzt, wie auch immer sie hieß.
    In vierzehn Stunden würde er nach Västerås fahren und erledigen, was zu tun war. Diese Frau würde ihn nichts mehr angehen.
    Es begann zu regnen.
    Was für ein beschissener Morgen.
    In Gubbängen.

E s ging alles schief, was nur schiefgehen konnte. Die Schuhe von Polizeikommissar Thomas Haraldsson waren undicht, sein Funkgerät funktionierte nicht, und obendrein hatte er seinen Suchtrupp verloren. Die Sonnenstrahlen blendeten ihn so sehr, dass er blinzeln musste, um nicht über die niedrigen Büsche und Wurzeln zu stolpern, die auf dem sumpfigen Boden wucherten. Haraldsson fluchte vor sich hin und sah auf die Uhr. In knapp zwei Stunden begann Jennys Mittagspause im Krankenhaus. Sie würde sich ins Auto setzen und nach Hause fahren in der Hoffnung, dass er ebenfalls käme. Doch er würde es nicht schaffen. Er würde noch immer in diesem verfluchten Wald umherstapfen.
    Haraldsson sank mit dem linken Fuß ein und spürte, wie die Tennissocke das Wasser in seinen Schuh hineinsog. In der Luft lag bereits die junge, flüchtige Wärme des Frühjahrs, aber das Wasser bewahrte noch die Kälte des Winters. Ihn schauderte, doch es gelang ihm, den Fuß aus dem sumpfigen Untergrund herauszuziehen und festen Boden zu erreichen.
    Haraldsson sah sich um. In diese Richtung musste Osten sein. Waren dort nicht die Soldaten unterwegs? Oder die Pfadfinder? Es war allerdings auch möglich, dass er im Kreis gelaufen war und völlig die Orientierung verloren hatte. Ein Stück entfernt erblickte er jedoch einen Hügel, der trockenen Boden versprach, eine kleine Oase in diesem Höllenpfuhl. Er begann, dorthin zu stapfen. Sein Fuß sank erneut ein. Diesmal der rechte. Eine schöne Scheiße.
    Es war alles Hansers Schuld.
    Er müsste hier nicht bis zu den Waden durchnässt stehen, hätte Hanser nicht unbedingt Handlungsstärke demonstrieren wollen. Dazu hatte sie auch allen Grund, denn eigentlich war sie ja noch nicht einmal eine richtige Polizistin. Sie gehörte zu jenen Juristen, die sich bis zur Führungsebene durchmogelten, ohne sich je die Hände schmutzig zu machen oder, wie in seinem Fall, die Füße nass.
    Nein, hätte die Entscheidung bei Haraldsson gelegen, wären sie die Sache vollkommen anders angegangen. Sicher, der Junge war seit Freitag verschwunden, und laut Vorschrift war es richtig, das Suchgebiet auszuweiten, insbesondere, weil ein Anrufer an dem betreffenden Wochenende «nächtliche Aktivitäten» und «Licht im Wald» in der Gegend um Listakärr beobachtet hatte. Doch Haraldsson wusste aus Erfahrung, dass diese Aktion völlig sinnlos war. Der Junge war in Stockholm und lachte über seine besorgte Mutter. Er war sechzehn Jahre alt. Und sechzehnjährige Jungs taten das nun mal – über ihre Mütter lachen.
    Hanser.
    Je nasser Haraldsson wurde, desto mehr hasste er sie. Sie war das Schlimmste, was ihm je passiert war. Jung, attraktiv, erfolgreich, politisch, eine Repräsentantin der neuen,
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