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Der Mann aus dem Dschungel

Der Mann aus dem Dschungel

Titel: Der Mann aus dem Dschungel
Autoren: Anne Stuart
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tragen familiäre Verantwortung."
    "Sie meinen, dass die anderen ihr Leben leben", gab sie verbittert zurück.
    "Seien Sie glücklich, Miss. Sie können Chancen nutzen, an die die anderen noch nicht einmal im Traum zu denken wagen."
    "Ich zerspringe vor Glück."
    "Ihre Zimmer werden Ihnen gefallen, Dr. Holden. Der alte Ed hat keine Kosten gescheut."
    "Der alte Ed?" fragte sie.
    "Mick und ich nennen ihn so. Der Mann ist alt geboren, finden Sie nicht?"
    "Mr. Droggan…"
    "Nennen Sie mich Alf. Wir sollten Freunde werden."
    Das war wirklich das Letzte, was sie wollte. Sein Gesicht wirkte zwar unschuldig, aber etwas in seinen Augen
    verunsicherte sie.
    "Ich bin wirklich sehr müde, Mr. Droggan…"
    "Natürlich, meine Liebe", meinte er verständnisvoll. "Da sind wir schon." Die Tür ohne Klinke öffnete sich. Libby trat ein.
    "Sehen Sie", sagte Alf zufrieden. "So, wie Sie es lieben.
    Möchten Sie zuerst essen oder lieber ein wenig schlafen?"
    "Ich bin nicht hungrig", antwortete Libby verwirrt.
    "Wenn der Magen knurrt, drücken Sie einfach auf den Knopf der Sprechanlage. Mick oder ich werden Ihnen
    antworten, Dr. Holden. Willkommen auf Ghost Island."
    Er verschwand, bevor sie antworten konnte. Lautlos schloss sich die Tür. Libby war sprachlos.
    Sie machte ein paar Schritte nach vorn, stellte den Computer ab und ließ sich in den schweren Eichensessel mit ledernen Sitzkissen fallen. Sie starrte auf die Armlehne aus Eiche. Nein, er gehörte nicht ihr - ihrer hatte eine Kerbe in der rechten Lehne, die jemand hineingebracht hatte, lange bevor sie den Sessel auf dem Flohmarkt erstanden hatte. Diese Lehne war unverletzt.
    Ihr Blick fiel auf den runden Eichentisch. Ein Duplikat des Tisches in ihrem Apartment. Der Orientteppich unter ihren Füßen war neuer als ihrer, weniger benutzt, aber er passte perfekt. Die Kunstdrucke an den Wänden, die Vase mit Trockenblumen, die Stereoanlage - alles Duplikate. Und sie ahnte es schon. Nebenan würde sie ein Duplikat ihres Schlafzimmers entdecken, bis hin zur Bettwäsche von Laura Ashley.
    Kalter Schweiß bedeckte ihren Körper. Jemand war in ihrem Apartment gewesen und hatte ihren sämtlichen Besitz akribisch katalogisiert. Sicher lag ein Exemplar der Großen Erwartungen auf dem Beistelltisch. Sie hatte sich an Silvester geschworen, Charles Dickens kennen und schätzen zu lernen, aber bisher hatte sie kläglich versagt.
    Kein Telefon. Sie langte in ihre Aktentasche und holte ein winziges Handy hervor. Als sie es anschaltete, blinkte ein ominöses Außer Reichweite auf dem Display. Sie befand sich irgendwo tief unten in einem Bunker - aber vielleicht funktionierte das Gerät, wenn sie sich irgendwie aus ihrem klimatisierten Gefängnis befreien konnte. Alf und der unsichtbare Mick mussten nicht unbedingt wissen, dass sie ein Handy besaß.
    Sie fuhr sich mit der Hand durch ihr kurzes Haar und sah in den Spiegel. Nach einem Achtzehn-Stunden-Flug sah sie immer so aus. Blass, erschöpft, mit dunklen Ringen unter den Augen und ohne Lippenstift. Richard hatte immer gesagt, dass sie richtig hübsch aussehen konnte, wenn sie sich ein wenig Mühe gab. Diese Schmeichelei hatte ihre Beziehung nicht gerade gefestigt.
    Sie war hübsch genug. Zu klein, mit zu flacher Brust. Und fünf Pfund weniger auf den Hüften würden auch nicht schaden, aber welche Frau hätte nicht gern fünf Pfund weniger auf den Hüften? Sie hatte eine schöne Haut, schöne Zähne, hübsche Augen und eine ganz normale Figur. Ihre Eltern fanden sie wunderschön, aber dafür waren Eltern schließlich auch da. Jetzt, wo sie gestorben waren, gab es niemanden, der ihr sagte, dass sie schön und klug und wundervoll war.
    Die Ordner lagen auf dem Tisch und warteten darauf, gelesen zu werden. Sie war zu müde zum Denken und zu müde zum Schlafen. In dem fensterlosen Raum fühlte sie sich eingesperrt. Panik stieg in ihr hoch. Und sie wusste genau, dass sie dieses Gefühl nur mit Arbeit bekämpfen konnte.
    Alf ging zurück in den Kontrollraum, setzte sich neben Mick und seufzte auf. "Was geht dort vor sich?" fragte er schließlich und deutete auf die verspiegelte Scheibe.
    "Fromm wie ein Lamm, wie immer. Es ist todlangweilig, hier zu sitzen und ihn anzustarren. Ich dachte, vielleicht können wir ihn ein bisschen auf Trab bringen… Nur um zu sehen, wie er reagiert."
    "Du wirst nicht fürs Denken bezahlt, Mick", gab Alf zurück.
    "Gott sei Dank", sagte Mick glücklich. Wenigstens macht er sich keine Illusionen über seinen
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