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Der Mammutfriedhof

Der Mammutfriedhof

Titel: Der Mammutfriedhof
Autoren: Hans W. Wiener
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wirkte friedlich und entspannt. Es hatte nichts Fratzenhaftes mehr an sich. Seine Augen waren geschlossen. Doch dann bewegte sich sein Mund noch einmal. »Es ist gelungen«, flüsterte Sklutur mit gebrochener Stimme. »Der Dämon ist besiegt. Er muss zurück in die Schattenzone!« Blut rann aus seinem Mundwinkel und tropfte auf den blauen Umhang.
    Mythor kniete sich neben Sklutur und bettete den Kopf des Sterbenden auf seinen zusammengerollten Schal.
    »Danke«, flüsterte Sklutur.
    »Du hast deinen Dämon besiegt«, begann Mythor. »Wir jedoch müssen weiterkämpfen. Die schwarzen Mächte sind auf dem Vormarsch. Sag uns, was du über sie weißt!«
    »Hütet euch vor Drudin«, flüsterte Sklutur. »Er ist der schlimmste Vertreter der dunklen Mächte. Vielleicht sogar einer der Herrscher der Schattenzone selbst!« Er begann zu husten, und ein Schwall Blut brach aus seinem Mund. »Ich habe nicht mehr viel Zeit«, fuhr er leise fort. »Fragt nicht mehr, lasst mich nur sprechen. Ich kenne ja eure Anliegen.«
    Mythor nickte ihm zu.
    »Dir, Elivara, kann ich nicht helfen. Das Versprechen, das ich deinem Vater gegeben habe, kann ich nicht mehr einlösen. Denn nur durch die Beherrschung des Dämons hatte ich Macht.«
    Das Gesicht des Beinernen verzerrte sich, sein Körper krampfte sich vor Schmerz zusammen. Nur unter großen Anstrengungen konnte er weiterreden. »Du, Mythor, suchst Althars Wolkenhort, um den Helm der Gerechten zu erlangen. Such ihn im Land Yortomen in der Nähe der Stadt Lockwergen.«
    Wieder wurde er von einem Anfall unterbrochen, diesmal heftiger und schlimmer als je zuvor. Als er endlich wieder ruhig sprechen konnte, waren seine Worte kaum noch zu verstehen. Mythor beugte sich dicht über seinen Mund.
    »Habt keine Angst um eure Gefährten, die ihr in Urguth zurückgelassen habt. Das Bild ihrer Köpfe in der Hütte hat euch nur der Dämon vorgegaukelt. Sie…«
    Die Worte brachen einfach ab, Skluturs Atmen hörte auf. Mythor drückte ihm sanft die Augen zu.
    »Ich höre wieder das Heulen des Windes«, sagte Elivara.
    »Ebenso das Bersten und Knacken des Mammutfriedhofes«, fügte Mythor hinzu.
    Die magische Grenze, die die Knochenstadt Skluturs umgeben hatte, war zusammengebrochen. Die Macht des Beinernen war für immer gebrochen.
    Mythor und Elivara bestatteten Sklutur in der kleinen Hütte, in der sie der Dämon mit den entsetzlichen Bildern gequält hatte.
    In der Nähe der Hütte fand Mythor Sanderholm, den Schlafenden Fischer. Sanderholm war tot. Zusammengekrümmt lag er in einer Knochengrube. Sein ohnehin schon hagerer Körper war noch mehr zusammengefallen. In kurzer Zeit war er um Jahrzehnte gealtert. Die magischen Kräfte Skluturs, die ihn die ganzen Jahre über am Leben erhalten hatten, waren versiegt.
    Mythor und Elivara brachen auf. Sie hatten noch einen langen Weg vor sich, bis sie die Pfahlstadt Urguth wieder erreicht haben würden.
    *
    Mythor nahm den Flügelhelm vom Kopf, legte den blauen Waffenrock ab, öffnete die Schnallen des Kettenhemdes und des breiten Doppelgürtels und zog die Metallmanschetten von den Handgelenken.
    »Es ist die Ausrüstung deines Vaters«, sagte er dabei zu Elivara. »Nimm sie zurück und gib sie einmal demjenigen, der würdig ist, neuer König von Nyrngor zu werden!«
    »Niemand wäre würdiger gewesen als du«, meinte Elivara. »Aber ich verstehe, dass du deine Reise fortsetzen musst. Ich schenke dir die Kurnis. Versuch, den Helm der Gerechten zu finden, und erfülle deine Aufgaben!«
    »Ich habe einen feinen Hengst gefunden«, rief Nottr schon von weitem und führte ein feuriges Pferd an den Zügeln hinter sich her. »Jenersen hat ihn mir gern geschenkt. Er sieht uns lieber heute als morgen verschwinden.«
    »Ich werde ihm den Gefallen tun«, sagte Elivara lächelnd. »Mit dem Pferd werde ich in wenigen Tagen meine Stadt erreicht haben. Ich werde die versprengten Getreuen um mich versammeln und einen unerbittlichen Kampf gegen die Herrschaft der Caer führen. Nyrngor wird bald wieder frei sein!«
    »Ich wünsche es dir und unserer Welt«, antwortete Mythor.
    Elivara schwang sich auf den Rücken des Pferdes und ordnete die Zügel. In ihren Augen loderte ein wildes Feuer. Sie war eine Königin, wie Nyrngor sich keine bessere wünschen konnte. Ihr Wille, die Feinde zu besiegen, war nicht zu brechen. Mit den Schenkeln drückte sie das Pferd herum, hob die Hand zu einem kurzen Gruß und preschte über den Knochensteg quer durch die Stadt auf das Festland
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