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Der Maler und die Lady (German Edition)

Der Maler und die Lady (German Edition)

Titel: Der Maler und die Lady (German Edition)
Autoren: Nora Roberts
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Alt und müde. Mit einem tiefen Seufzer erhob er sich aus dem Sessel und ging zu seiner Tochter.
    Er fand sie in sich zusammengesunken auf dem Bett. Sie hielt die angezogenen Beine mit den Armen umschlungen und hatte den Kopf auf die Knie gelegt. Ruhig und unbeweglich saß sie da. Sie war vollkommen vernichtet. Als ihr Vater sich neben sie setzte, riss sie den Kopf hoch. Langsam streichelte er ihr übers Haar. Sie entspannte sich.
    „Hören wir denn niemals auf, einen Narren aus uns zu machen, Papa?“
    „Du hast dich niemals närrisch benommen.“
    „O ja, doch, es hat ganz den Anschein.“ Lara legte das Kinn auf die Knie und sah vor sich hin. „Ich habe unsere Wette verloren. Jetzt wirst du wohl die Zigarettenschachtel öffnen, die du dir die ganze Zeit aufgehoben hast.“
    „Ich gestehe dir mildernde Umstände zu.“
    „Wie großzügig von dir.“ Sie versuchte zu lächeln, aber es gelang ihr nicht. „Willst du nicht ins Krankenhaus gehen, um bei Harriet zu sein?“
    „Ja, natürlich.“
    „Dann solltest du es tun. Sie braucht dich jetzt.“
    Seine schmale knochige Hand streichelte weiter Laras Haar. „Und du brauchst mich nicht?“
    „Oh, Papa.“ Tränen stürzten ihr in die Augen, dann schmiegte sie sich in seine Arme.
    Seit eh und je galt Laras besondere Vorliebe dem Wald. Im Herbst war er voller Leben. Das Laub erglühte in einem letzten, verschwenderischen Farbenspiel, ehe sich die Bäume dem Zyklus der Jahreszeiten unterwarfen. Lara akzeptierte diese höhere Ordnung. Das Leben war Geburt, Wachstum, Absterben, Wiedergeburt. Selbst nach drei Tagen in dieser Abgeschiedenheit hatte Lara ihre innere Ruhe noch nicht zurückgewinnen können.
    Bei ihren Streifzügen durch die Umgebung führte der Weg sie an einem kleinen Bach entlang, dessen eifrig plätscherndem Lauf sie eine Weile folgte. Die Luft war frisch und feucht. Lara war missmutig.
    Das Problem mit Melanie hatte sie nahezu bewältigt. Die Freundin ihrer Kindheit war schon sehr lange krank und würde vielleicht nie mehr ganz gesunden. Ihr Verhalten war ebenso wenig ein Verrat wie eine unheilbare Krankheit, die einen Menschen unvermutet trifft. Aber Lara musste sich von diesem bösen Spuk befreien, um Melanies und ihrer selbst willen. Sie war bereits soweit gewesen, sich damit abzufin den.
    Mit Melanie konnte sie eines Tages ins Reine kommen, bei Anatole hingegen war das etwas anderes. Er war nicht krank und hatte im Leben auch keinen unstillbaren Hass genährt. Er hatte lediglich einen Job übernommen und ausgeführt. Seine kalte Berechnung konnte Lara nicht verwinden.
    Die Hände in den Taschen vergraben, setzte sie sich auf einen Baumstumpf und schaute finster in den kleinen Bach. Ihr Leben war total aus den Fugen geraten, und das passte ihr nicht.
    Erneut redete sie sich ein, Anatole aus ihrem Leben verbannt zu haben, aber im selben Moment war ihr klar, dass sie sich nur geweigert hatte, ihm zuzuhören. Sie hatte keinen Versuch unternommen, mit ihm zu sprechen. Sie hätte es vielleicht doch tun sollen, denn sie liebte keine halben Sachen. Nun würde sie nie erfahren, ob er jemals etwas für sie empfunden hatte. Nie würde sie wissen, ob er, wenn auch nur für sehr kurze Zeit, ihr wirklich gehört hatte.
    Wahrscheinlich war es besser so.
    Lara erhob sich und spazierte durch das trockene, sich raschelnd um ihre Beine auftürmende Laub. Sie war ihrer selbst überdrüssig. Wieder stand sie an einem Neubeginn. So konnte sie nicht weiterleben. Koste es, was es wolle, Lara Fairchild würde aufsteigen wie Phoenix aus der Asche. Es war keine Zeit zu verlieren. Jetzt, sofort, wollte sie damit beginnen. Raschen Schrittes kehrte sie zur Hütte zurück.
    Lara liebte ihr Refugium, das kleine, mitten im Wald gelegene Haus mit dem hohen Spitzdach und den blanken Fensterscheiben, in das sie sich zurückgezogen hatte. Heute würde sie zu arbeiten anfangen, beschloss sie, als sie zur Hintertür eintrat. Und nach der Arbeit würde sie sich etwas Leckeres zubereiten und so viel in sich hineinstopfen, bis sie sich nicht mehr rühren konnte.
    Sie schlüpfte aus dem Mantel und trat vor den Arbeitstisch, den sie in der einen Ecke des Raumes aufgebaut hatte. Ohne noch einen Blick an die Umgebung zu verschwenden, warf sie den Mantel auf den erstbesten Stuhl und betrachtete prüfend ihre Arbeitsutensilien. Tagelang hatte sie keine Hand danach ausgestreckt. Lara setzte sich hin und nahm ein formloses Stück Holz in die Hand. Daraus würde sie die „Leidenschaft“
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