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Der Lüge schöner Schein

Der Lüge schöner Schein

Titel: Der Lüge schöner Schein
Autoren: Reginald Hill
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hatte sich Informationen von einer der großen Stellenvermittlungen für Führungspersonal beschafft, und dabei war ihm der Name seines neuen Nachbarn untergekommen. Fasziniert stellte er fest, dass Culpepper immer noch den Schein aufrechterhielt, er wäre bei der Nordrill Company beschäftigt, und er machte sich Hoffnungen, den Mann schließlich zu einer Zusammenarbeit bewegen und dessen Erfahrungen für sein Buch verwerten zu können, obwohl er in dieser Sache bis dato noch nicht an ihn herangetreten war.
    Kurz nach 19.30 Uhr verließ ich Brookside Cottage und fuhr zu den Culpeppers. Culpepper interessierte sich für die Figur, sagte aber, er habe nicht genügend Bargeld bei der Hand, und bat mich, die Summe zu seinen bisherigen Schulden dazuzurechnen.
    Angesichts der Informationen, die ich soeben erhalten hatte, schlug ich ihm das ab und sagte ihm auch, warum. Zuerst stritt er es ab, wurde dann aber sehr wütend und wollte wissen, wie ich das herausgefunden hatte. Ich erzählte ihm von Hopkins’ Buch und meinte, eine Mitarbeit würde sich für ihn finanziell vielleicht lohnen. Ich erbot mich sogar, als Vermittler tätig zu werden, sollte er sich entschließen, sich von seiner Porzellansammlung zu trennen. Darüber erboste er sich derart, dass ich abfuhr und nach Oxford zurückkehrte.
    »Und das ist alles, was wir aus Meister Davenant herausbekommen werden, fürchte ich«, sagte Backhouse.
    »Und Culpepper?«
    »Eine lange, unzusammenhängende Aussage, die zwischen Rechtfertigung und Beschuldigung hin und her schwankt. Ich glaube nicht, dass Sie sie lesen möchten.«
    »Nein.«
    »Es ist ziemlich klar, was passiert ist. Er fuhr nach Brookside, um bei Hopkins Protest einzulegen. Mrs. Hopkins war gerade ins Pub gefahren. Er und Hopkins hatten einen Streit im Esszimmer. Ihr Freund war natürlich ziemlich betrunken und hat wahrscheinlich überhaupt nicht kapiert, was diese Geschichte für Culpepper bedeutet hat.«
    »Und was hat sie bedeutet?«, fragte Pascoe.
    »Die Zerstörung seines Selbstbildes ebenso wie seines Rufs«, sagte Backhouse langsam. »Er kommt aus einer armen Familie, wissen Sie. Sein Aufstieg in die bessere Gesellschaft war sein Lebenswerk. Mehr noch. Sein Leben vielleicht. Hopkins muss ihm wie der Brennpunkt all dessen erschienen sein, was sein Dasein bedrohte. Er schnappte sich den geeignetsten Gegenstand, der gerade greifbar war – die Flinte, die Ihr Freund sich von Pelman geborgt hatte –, und hieb ihm damit auf den Kopf. Halb ohnmächtig taumelte Hopkins durch die Terrassentür in den Garten. Jetzt kamen auch die beiden anderen aus dem Wohnzimmer, um zu sehen, was los war. Er hob die Flinte hoch und drückte auf beide Abzüge. Aus dieser Entfernung muss man kein Meisterschütze sein.«
    »Und Colin?«
    »Hört die Schüsse und rennt den Garten hinunter ins Bachbett, folgt dem Wasserlauf. Er ist kurz vor dem Zusammenbruch, vergessen Sie das nicht. Culpepper hat das, was er angerichtet hat, noch wütender gemacht. Hopkins hat ihn soweit gebracht – so sieht er es. Auf der Anrichte liegt eine Schachtel Patronen. Er lädt nach und verfolgt Hopkins. Unglücklicherweise kommt Mrs. Hopkins in diesem Augenblick zurück und will hintenherum durch die Glastür ins Haus. Jetzt hält Culpepper nichts mehr auf. Ohne nachzudenken schießt er sie nieder und setzt Hopkins nach. Beim Kanal holt er ihn ein.«
    »Mein Gott.«
    »Und das war’s dann. Als er wieder ein bisschen klarer denken kann, macht er sich ans Aufräumen. Er kehrt zum Haus zurück und gräbt die Notizen Ihres Freundes für sein Buch aus. Die muss er vernichten. Dann stößt er auf die Auszüge aus dem Gedicht und erkennt, wie gut die sich als Abschiedsbrief machen würden. Also inszeniert er alles Nötige. Er hat Glück. Keine Störung, und der starke Regen später verwischt alle Spuren von Hopkins’ Flucht zum Bach. Er fährt nach Hause. Seine Frau ist unterwegs – mit Sam Dixon natürlich –, und er ist in Sicherheit. Aber seine Mutter sieht ihn und entdeckt, jetzt oder erst später, die Schrotflinte. Arme alte Frau. Sie hatte einen Verdacht, aber nachdem Hopkins verschwunden blieb und anscheinend die Morde begangen hatte, redete sie sich ein, alles sei in Ordnung. Später jedoch … Kein schönes Ende für ein Leben.«
    »Nein«, sagte Pascoe. »Muss Davenant nicht auch etwas geahnt haben?«
    »Er behauptet, dass er wie alle anderen glaubte, Hopkins sei’s gewesen. Ich glaube, dass er zum Cottage zurückgefahren ist, alle
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