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Der Liebespakt

Titel: Der Liebespakt
Autoren: Susanne Leinemann
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die Stadt, über die man auch in Tokio redete. Sein Sushi ließ alle sprachlos vor Verzückung zurück.
    Nach diesem Zen-Abend hatte es den ersten großen Krach zwischen Georg und Toni gegeben. »Bist du verrückt geworden?«, hatte Georg seine Frau angebrüllt. »Du kannst doch nicht den Chef der Deutschen Bank zwingen, in unserem Flur seine Schuhe auszuziehen!« Er war kurz vor dem Überschnappen, so hatte Toni ihn noch nie erlebt. »Ich kann noch ganz anderes«, lautete ihre Antwort, und Georg schüttelte da wohl zum ersten Mal fassungslos den Kopf über seine Frau. Es war, als habe sich ein Riss zwischen ihnen aufgetan, zwischen ihren unterschiedlichen Welten. Georg hatte das Gefühl, Toni begreife nicht, auf welch dünnem Eis er sich bewege und dass sie ihn mit ihrer Exzentrik jeden Moment in die Tiefe reißen könne. Toni dagegen fand, dass er ihre kreative Stärke nicht würdige, dass er nicht mehr derselbe sei, den sie lieben gelernt hatte.
    »Vielleicht hätte ich es kommen sehen können«, murmelte Toni ins Telefon.
    »Klar hättest du es kommen sehen können. Der Termin für die Einladung steht ja schon lange fest. Zum Glück habe ich den Koch schon gebucht. Von mir aus kannst du den Geld säcken auch einfach nur Würstchen und Kartoffelsalat servieren.« Margot hielt trotz Mauerfall, Clubs und chicen Abendessen weiterhin an einer gewissen proletarischen Grundtrotzigkeit fest.
    »Würstchen, Kartoffelsalat. Mädchen, du bringst mich ganz durcheinander. Einen Moment, Margot, ich sitze hier in einem engen Auto. So kann ich nicht mit dir sprechen.« Toni schaute raus, sie waren schon in der Friedrichstraße, unweit ihrer Wohnung. Schnell sagte sie zu Georg: »Fahr bitte rechts ran,
ich steige hier aus und laufe das letzte Stück nach Hause. Dann kann ich in Ruhe telefonieren.«
    »Aber es regnet.« Georg klang gereizt. Er klang in letzter Zeit immer gereizt, wenn ihm plötzlich auffiel, dass Toni ja auch noch anwesend war. Er hatte sie während der Autofahrt fast vergessen und nur Augen für Karoline gehabt. Jetzt war Tom wieder wach, und Toni ging ihm auf die Nerven. Er zog rechts ran.
    Toni konnte kaum erwarten, aus dem stickigen Auto zu kommen. Doch das alte Ding war ein Zweitürer. Am liebsten hätte sie Karoline einfach in den Vordersitz hineingefaltet und wäre über sie hinweg nach draußen gestiegen. Stattdessen gab es ein umständliches Aus- und Wiedereinsteigen, wie das bei älteren Autos eben ist. Endlich schlug Karoline die Autotür zu, und mit rasantem Tempo fuhr der alte Jaguar an, nahm eine tiefe Pfütze mit und spritzte in hohem Bogen Regenwasser aufs Trottoir. Sie sah noch, wie Tom ihr aus dem Rückfenster zuwinkte. Georg würde die beiden erst mal nach Hause bringen, vielleicht dort noch etwas trinken und sich einen netten Abend machen. Es goss in Strömen, wenn sie sich nicht schnell irgendwo unterstellte, würde sie im Nu nass bis auf die Haut sein. Außer ihr war niemand auf der Straße. Sie legte den Kopf zurück, hielt das Gesicht in den Regen und atmete tief durch. Dann suchte sie sich einen trockenen Hauseingang zum Telefonieren. Margot war immer noch in der Leitung.
    »Tut mir leid, Margot, ich kann erst jetzt frei sprechen. Ich habe immer noch keine Idee für den Abend. Kein Motto, keine bestimmte Dekoration. Mir will einfach nichts einfallen.«
    »Wie wäre es mit einem stinknormalen Abendessen? Tischdecke, Teller, Gläser und das Übliche: Jakobsmuscheln mit irgendeinem Salat, dann Fleisch oder Fisch samt Beilage, ein Mousse als Nachtisch, fertig ist das Menü.«
    »Ja, ja klar, können wir so machen«, sagte Toni abwesend.

    »Toni, alles in Ordnung mit dir? Du klingst so komisch.«
    »Alles in Ordnung«, log Toni. Sie schaffte es einfach nicht, an einem banalen schwarzen Handy hängend vom drohenden Ende ihrer Ehe zu berichten. Wenn ich das erzähle, will ich Margot in die Augen sehen können, dachte Toni. Große Geständnisse am Telefon ließen immer einen schalen Geschmack zurück. Und unglücklich war sie schon genug.
    »Blödsinn! Irgendetwas an dir ist komisch.«
    »Frag jetzt bitte nicht weiter nach«, bettelte Toni. Die Regentropfen suchten sich ihren Weg vom Mantelkragen unter das schwarze Wollkleid. Toni spürte die kalte Nässe am Rücken.
    »Hör zu, wir haben noch ein, zwei Tage Zeit für die Planung. Aber dann müssen wir spätestens ein Konzept haben. Sonst ziehen wir eben die 08/15-Nummer durch.«
    »Okay.«
    »Ruf mich spätestens übermorgen an, Toni.
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