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Der Liebespaar-Mörder - auf der Spur eines Serienkillers

Der Liebespaar-Mörder - auf der Spur eines Serienkillers

Titel: Der Liebespaar-Mörder - auf der Spur eines Serienkillers
Autoren: Stephan Harbot
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das denn wissen!« Littek schlug die Beine übereinander.
    »Dr. Stürmann hatte zu einem gewissen Ernst Kontakt. Und in seinem Notizbuch haben wir die dazu passende Telefonnummer gefunden.« Flossbach fixierte jetzt den jungen Mann unablässig, zog die buschigen Augenbrauen zusammen. »Es ist die Nummer Ihrer Eltern. Ist das nicht komisch?«
    »Was soll das denn!« Littek begann ungestüm zu gestikulieren. »Ist doch normal. Ich habe ihm meine Nummer gegeben, und er hat sie sich notiert. Wir wollten uns doch noch mal treffen. Ist das jetzt neuerdings verboten?«
    Flossbachs Miene verfinsterte sich. Tonlos erwiderte er: »Das Dumme daran ist nur, dass wir diese Eintragungen in einem Kalender vom vergangenen Jahr gefunden haben, also 1952. Da wollen Sie Dr. Stürmann doch noch gar nicht gekannt haben!« Flossbach stand auf. »Herr Littek«, fuhr er energisch fort, »das sieht überhaupt nicht gut aus für Sie. Sie lügen! Sie lügen das Blaue vom Himmel herunter. Raus jetzt mit der Wahrheit!« Flossbach setzte sich wieder.
    Littek senkte den Kopf, legte die Hände in den Schoß, sein Körper erschlaffte förmlich. »Was soll ich denn sagen?«, stammelte er hilflos.
    »Die Wahrheit, mein Junge, die Wahrheit!«
    Littek atmete mehrmals tief durch. »Sie haben gewonnen«, begann er zögerlich, »ich habe gelogen. Den Dr. Stürmann habe ich schon eine ganze Zeit lang getroffen. Ich habe ihn tatsächlich in der ›Faßschänke‹ kennengelernt, das war ungefähr Mitte Juli letzten Jahres. Wir haben uns immer wieder mal verabredet. Er hat mich dann mit seinem Wagen abgeholt. Aber ich habe wirklich geglaubt, dass er Dr. Martin heißt. Mir hat er erzählt, dass er Rechtsanwalt ist und schwere Jungs verteidigt.«
    »Warum haben Sie uns das denn nicht gleich gesagt?«
    Schweigen.
    »Herr Littek! Warum haben Sie uns davon nichts erzählt!«
    Littek senkte den Kopf, sagte nichts, er rang mit sich, dann aber platzte es aus ihm heraus: »Was wollen Sie denn noch!«
    »Ich will wissen, warum Sie uns immer noch etwas verschweigen.« Flossbach schlug mit der flachen Hand auf den Tisch. »Das ergibt doch keinen Sinn. Sie lernen einen Mann kennen, der gut und gerne auch Ihr Vater hätte sein können und erzählen hier wahrheitswidrig, Sie hätten Dr. Stürmann nur kurz gekannt. Und wenn ich Sie dann frage, warum Sie uns diese Beziehung verheimlicht haben, fällt Ihnen dazu nichts mehr ein. Ist doch komisch, oder?«
    Wieder keine Antwort.
    »Also noch einmal: Was gibt es da zu verschweigen?«
    Littek blieb sich treu und starrte nur auf den Boden.
    »Herr Littek«, Flossbach erhob die Stimme, »wir treiben hier keine Spielchen. Da ist jemand brutal und kaltblütig ermordet worden, und wir wollen diese Sache aufklären. Und wir werden das Ding aufklären! Und wir haben das Gefühl, dass Sie da mit drinstecken. Haben Sie Dr. Stürmann an dem Abend an den Rhein gelockt? Wieviel hat man Ihnen dafür geboten?«
    »Schwachsinn! Alles Schwachsinn!« Littek schlug die Hände vor das Gesicht und begann zu schluchzen. »Lasst mich doch endlich in Ruhe«, stotterte er mit tränenerstickter Stimme.
    Flossbach spürte, dass der Widerstand gebrochen, dass er der Wahrheit jetzt sehr nahe war. Er wechselte die Tonart. Mit verbindlich-väterlicher Stimme setzte er nach: »Das hat doch keinen Sinn, so kommen wir nicht weiter. Sie bringen sich noch in Teufels Küche. Also: Warum haben Sie uns nichts davon erzählt?«
    Littek ließ sich Zeit, es vergingen einige Sekunden. Er wischte sich die Tränen aus dem Gesicht. Dann kam die Antwort: »Herr Kommissar, Sie kennen doch den Schwulenparagraph!«
    Flossbach nickte.
    Gemeint war Paragraf 175 des Strafgesetzbuches. Dort hieß es damals: »Ein Mann, der mit einem anderen Mann Unzucht treibt oder sich zur Unzucht mißbrauchen läßt, wird mit Gefängnis bestraft.« Demnach waren »alle homosexuellen Handlungen« verboten. Für »schwere Unzucht« drohten gar bis zu »zehn Jahre Zuchthaus«. Und ein solcher Fall lag hier vor, Littek war noch keine einundzwanzig. Also deshalb der Mietwagen, der Tarnname, die konspirativen Treffen. Niemand durfte davon erfahren – die Polizei schon gar nicht.
    Flossbach hatte es geahnt. Aber das allein wäre nicht genug gewesen. Er brauchte einen unwiderlegbaren Beweis. Den hatte er jetzt. Nichtsdestotrotz war die Mordtheorie damit nicht vom Tisch. Wieder begann er zu bohren.
    »Herr Littek, wir müssen da noch ein paar Dinge klären.«
    Der junge Mann schaute ihn unverwandt an.
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