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Der Leuchtturmwärter: Roman (German Edition)

Der Leuchtturmwärter: Roman (German Edition)

Titel: Der Leuchtturmwärter: Roman (German Edition)
Autoren: Jeanette Winterson
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Erbin aus den Kolonien heiraten und die Reederei seines Vaters übernehmen.
    Alles schien für ihn zu sprechen.
    In Bristol lebte ein hübsches Mädchen, stadtbekannt wegen ihrer roten Haare und grünen Augen. Ihr Vater war Kaufmann, und Babel Dark kam regelmäßig in den Laden, um Knöpfe und Tressen und weiche Handschuhe und Krawatten zu kaufen, denn wie ich schon sagte, nicht wahr, er liebte es elegant.
    Eines Tages – an einem Tag wie heute, ja, genau wie heute, als die Sonne schien und geschäftiges Treiben in der Stadt herrschte und die Luft selbst wie ein kräftiger Drink war – betrat Babel Mollys Laden und brachte zehn Minuten damit zu, Stoff für eine Reithose zu inspizieren, während er sie aus dem Augenwinkel beobachtete, bis sie einem der Jessop-Mädchen ein Paar Handschuhe verkauft hatte.
    Kaum war der Laden leer, schwang sich Babel hinüber zur Ladentheke und bat um so viel Tresse, dass er damit ein ganzes Schiff hätte auftakeln können, und nachdem er die Tresse komplett erstanden hatte, schob er sie Molly wieder zurück, küsste sie auf die Lippen und bat sie, ihn zu einem Tanz zu begleiten.
    Sie war ein schüchternes Mädchen, und Babel war sicher der schönste und reichste junge Mann, der den Hafen unsicher machte. Erst sagte sie nein, und dann sagte sie ja, und dann sagte sie wieder nein, und als sämtliche Ja-Stimmen und Nein-Stimmen eingetütet und ausgezählt worden waren, wurde knapp, aber mehrheitlich beschlossen, dass sie ihn zu dem Tanz begleiten würde.
    Sein Vater hatte nichts dagegen einzuwenden, denn der alte Josiah war kein Snob, und seine eigene erste Liebe war ein Molenmädchen gewesen, damals in den Tagen der Französischen Revolution.«
    »Was ist ein Molenmädchen?«
    »Ein Mädchen, das mit den Netzen, dem Fang, dem Gepäck und den Reisenden und so weiter hilft, und im Winter kratzt sie die Schiffe von Muscheln frei und markiert die Splitter, die von den Männern geteert werden müssen. Nun, wie gesagt, das Pärchen konnte sich jederzeit nach Belieben sehen, und die Sache ging ihren Gang, und dann, so heißt es, aber das ist nur ein Gerücht und wurde nie bewiesen, sei Molly schwanger geworden, ohne rechtmäßig angetrauten Vater dazu.«
    »Genau wie bei mir?«
    »Ganz genau so.«
    »Es war doch bestimmt Babel Dark.«
    »Das sagten sie alle, einschließlich Molly, aber Dark stritt alles ab. So etwas hätte er nie im Leben getan, behauptete er. Ihre Familie ersuchte ihn, sie zu heiraten, und selbst Josiah nahm ihn beiseite und befahl ihm, keine Dummheiten zu machen in der Aufregung. Er solle dazu stehen und das Mädchen heiraten. Josiah war ganz dafür, den beiden ein feines Haus zu bauen, worin sich sein Sohn sofort niederlassen könne, doch Dark weigerte sich.
    Er kehrte nach Cambridge zurück, und als er Weihnachten nach Hause kam, verkündete er seine Absicht, der Kirche beizutreten. Er war ganz in Grau gekleidet, keine Spur mehr von den bunten Westen und roten Langschäftern. Das einzige Stück, das die alten Tage überlebt hatte, war eine Nadel mit Rubinen und Smaragden, die er für teures Geld erstanden hatte, als er sich damals mit Molly O’Rourke einließ. Er hatte ihr die gleiche gekauft, passend zu ihrem Kleid.
    Sein Vater war unglücklich und glaubte nicht eine Sekunde daran, dieser Geschichte auch nur annähernd auf den Grund gekommen zu sein, aber er versuchte, das Beste daraus zu machen, und lud sogar den Bischof zum Essen ein, um eine gute Berufung für seinen Sohn auszuhandeln.
    Dark wollte nichts davon hören. Er wollte nach Salts fahren.
    ›Nach Salts?‹, fragte sein Vater. ›Zu diesem gottverlassenen meerumtosten Fels?‹
    Aber Babel verstand diesen Fels als den Ort seines Anfangs, und immerhin hatte er als Kind an verregneten Tagen am liebsten in dem Skizzenbuch geblättert, das Robert Stevenson vom Fundament, von der Säule, der Wohnung des Wärters und vor allem von den prismatischen Diagrammen des Feuers angefertigt hatte. Sein Vater war kein einziges Mal mit ihm hingefahren, und jetzt bedauerte er es. Eine Woche im Razorbill hätte Babel sicher für den Rest seines Lebens gereicht.
    Nun, es war ein nasser, brausender, trostloser Januar, als Babel Dark zwei Truhen auf einen Klipper lud, der den Hafen von Bristol verließ und Cape Wrath passieren sollte.
    Alle möglichen braven Leute nahmen von ihm Abschied, aber Molly O’Rourke befand sich nicht unter ihnen, weil sie nach Bath gefahren war, um ihr Kind zur Welt zu bringen.
    Die See warf sich
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