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Der letzte Walzer in Paris - Ein Fall fuer Kommissar LaBr a

Titel: Der letzte Walzer in Paris - Ein Fall fuer Kommissar LaBr a
Autoren: Alexandra Grote
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ich.«
    »Wer hat sie gefunden?«
    »Der Nachbar. Franck ist gerade bei ihm und befragt ihn. Die Tür war nur angelehnt, und er hat sie durch Zufall gefunden.«
    »Gibt es eine Concierge in diesem Haus?«
    »Ja, sie wohnt im Hinterhof. Aber sie ist übers Wochenende verreist, hat der Nachbar gesagt. Sonntags gegen sechs käme sie meistens wieder, meinte er.«
    Sie stiegen die steinerne Treppe hinauf, die vom Hausflur in den zweiten Stock führte. Unterwegs begegneten sie dem Polizeifotografen, der LaBréa kurz begrüßte und ihm versprach, dass die Fotos in der nächsten halben Stunde auf LaBréas Rechner sein würden.
    Die Wohnung der Toten, vier Zimmer, Küche und Bad, vermittelte einen Eindruck von Gediegenheit. Es gab antike Möbel und Teppiche, Glasvitrinen mit edlem
Porzellan, bequeme, geblümte Polstermöbel. An den Wänden hingen alte Stiche und mehrere Stillleben in Öl. In einem Bücherregal entdeckte LaBréa juristische Fachliteratur. Die Menschen, die hier gewohnt hatten, hatten einen gehobenen, bürgerlichen Lebensstil gepflegt. Die Wohnung war in tadellosem Zustand, keins der Zimmer war durchsucht oder verwüstet worden, so dass auf den ersten Blick nichts auf einen Raubmord schließen ließ.
    Der Leichnam lag auf dem Bett im Schlafzimmer, an dessen Längsseite ein Kleiderschrank aus gedrechseltem Nussbaumholz stand. Brigitte Foucart, die Gerichtsmedizinerin, hatte bereits mit ihrer Arbeit begonnen. Ganz gleich, wann in Paris ein Mord geschah, wenn der Fundort der Leiche in Brigittes Einsatzgebiet lag, war sie stets eine der Ersten am Tatort, meistens sogar noch vor LaBréa und seinen Mitarbeitern.
    Die Tote trug ein auffälliges Seidenkleid und dazu passende lila Schuhe, von denen der linke unters Bett gerutscht war, genau wie die Handtasche der Frau aus schwarzem Krokoleder. Griseldis Geminard lag auf dem Rücken und hatte die Arme weit ausgebreitet.
    Wie Christus am Kreuz, dachte LaBréa. Die alte Frau trug eine Perücke, die ihr halb vom Kopf gerutscht war. Durch ihre spärlichen weißgrauen, zu einem kurzen Mecki geschnittenen Haare schimmerte die helle Kopfhaut. Zunächst entdeckte LaBréa keine äußeren
Verletzungen; es war auch kein Blut zu sehen. Er wartete, dass Brigitte Foucart sich äußerte.
    »Sie wurde erdrosselt«, sagte diese im selben Moment, als ahnte sie LaBréas Gedanken.
    »Womit?«
    »Mit etwas sehr Weichem, vermute ich. Vielleicht ein Seidenschal, ein Tuch oder Ähnliches.«
    Brigitte zeigte auf den Hals der Toten. Dort war nur eine leichte Verfärbung zu sehen.
    »Es gibt keine ausgeprägten Strangulierungsmerkmale, wie bei einem Strick, einer Drahtschlinge oder einem Gürtel beispielsweise.«
    LaBréa nickte. Dass das Opfer stranguliert worden war, erkannte er jetzt an anderen, typischen Anzeichen. An den Blutungen in den Augen der Frau, den Hämatomen im gesamten Kopfbereich. Ihr zartes Gesicht mit den fein geschwungenen Brauen, die auf altmodische Weise rasiert und mit einem dünnen Strich nachgezogen waren, ähnelte einem zerbrechlichen Puppenantlitz. Der schmale Mund war an der Oberlippe herzförmig geschminkt, damit er voller wirkte. In jüngeren Jahren hätte man sie wohl als hübsch bezeichnet. Jetzt durchzogen Kerben und Falten ihre welken Wangen, die Mundpartie und die Stirn, wie Risse in einem ausgetrockneten Flussbett. Die Haut unter dem Kinn hing schlaff herunter. Der gnadenlose Prozess des Alterns, dachte LaBréa. Irgendwann hat er uns alle im Griff...

    »Ein Schal oder Ähnliches lag hier nirgendwo herum«, bemerkte Jean-Marc, der sich zu ihnen gesellt hatte. Wie stets war er schrill und bunt gekleidet, was ihm den Spitznamen »Paradiesvogel« eingebracht hatte.
    Brigitte erhob sich und strich ihren Schutzoverall glatt.
    »Vielleicht wurde die Mordwaffe, wenn ich das mal so sagen darf, wieder schön säuberlich zusammengefaltet und in den Kleiderschrank zurückgelegt«, bemerkte sie. »Ältere Damen besitzen oft eine ganze Sammlung von Tüchern und Seidenschals.«
    »Das können wir ja feststellen.« LaBréa gab Claudine und Jean-Marc einen Wink. Beide begannen mit der Durchsuchung der Wohnung, wobei Claudine sich gleich den Kleiderschrank vornahm.
    LaBréa wandte sich wieder an die Gerichtsmedizinerin. »Der Todeszeitpunkt, Brigitte?«
    Die Antwort kam rasch.
    »Lange liegt sie noch nicht hier, Maurice. Nur das Kiefergelenk ist schon starr. Rigor ortis, die Totenstarre, könnte also etwa eine halbe Stunde nach dem Exitus eingesetzt haben. Aber hier, sieh mal.«
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