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Der letzte Tiger

Der letzte Tiger

Titel: Der letzte Tiger
Autoren: Nora Luttmer
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verfärbte Lotusblumen. Abgebrannte Räucherstäbchen steckten im Boden. Ihr Gesicht war zertrümmert, die Kehle aufgeschlitzt. Ihr Körper war seltsam verbogen. Die lange, dunkle Stoffhose hing schief wie bei einer misshandelten Puppe an ihrherunter. Die Bluse war zerrissen und gab den Blick frei auf nackte Haut. Ihre Brust war klein, die Tote war fast noch ein Kind. Ly merkte, wie ihn seine professionelle Fassade verließ, seine Knie weich wurden. Schnell wandte er sich ab.
    Der junge Beamte stand immer noch regungslos an derselben Stelle.
    »Wer hat den Notruf geschaltet?«, fragte Ly ihn.
    Der Polizist schüttelte den Kopf und schaute zu Boden. Ly verkniff sich einen Kommentar.
    »Was ist passiert? Wir wohnen hier. Wir wollen wissen, was passiert ist«, hörte Ly eine Stimme hinter sich. Er drehte sich um. Etwa zwanzig Leute standen da. Er konnte nicht sagen, wer gesprochen hatte.
    »Das hoffe ich von Ihnen zu erfahren«, sagte Ly. »Wer hat die Leiche gefunden? Wer von Ihnen hat die Polizei verständigt?«
    »Ich war das.« Ein Teenager, mit zu langen Armen für den noch kindlichen Körper, trat aus dem Schutz des Banyans auf Ly zu. Er hatte etwas abseits gestanden. Ly war sich sicher, ihn schon einmal gesehen zu haben, konnte ihn allerdings nicht zuordnen. Vielleicht war er ein Freund seiner Tochter? Das Alter käme hin. 16, höchstens 18 Jahre alt. Die Anwohner sahen ihn aus dumpfen Augen an, fast feindlich.
    »Ich war das«, wiederholte der Junge mit fester Stimme. Er machte ganz und gar nicht den Eindruck, unter Schock zu stehen.
    »Was hast du hier am Tempel gemacht? Mitten in der Nacht.« Es klang wie ein Vorwurf, und sofort ärgerte Ly sich über sich selbst. Langsam sollte er doch gelernt haben,dass Maßregelungen ihn nicht weiterbrachten, schon gar nicht bei Jugendlichen. Der Junge schien ihm seine Ermahnung allerdings nicht weiter übelzunehmen.
    »Ich komm oft hierher. Ist schön einsam. Zu Hause ist es eng. Nur ein Zimmer für alle. Sie wissen schon.«
    Ly verstand genau, was er meinte.
    »Wie heißt du?«
    »Tran Van Cuong.«
    »Ach, du bist der Sohn des Sargbauers.« Daher kannte er ihn also. »Erzähl bitte genau, was passiert ist. Lass dir ruhig Zeit.«
    »Ich bin mit dem Roller gekommen. Es war so gegen drei. Oder früher.« Er stockte, setzte dann wieder an. »Sie war schon tot.«
    »Wieso bist du dir da so sicher?«
    »Keine Ahnung. Sie war warm. Aber auch kalt.«
    »Du hast sie angefasst?«
    »Sollte ich das nicht?«
    Es irritierte Ly. Wer fasst eine Tote einfach so an? »Von wo hast du die Polizei angerufen?«
    »Mit meinem Handy.«
    »Ist dir was aufgefallen? Vielleicht hast du was gehört?«
    Cuong schüttelte den Kopf und hielt Ly einen MP3 Player hin, nicht größer als ein Knopf.
    Ly nahm die dazugehörigen Ohrhörer. Sie schlossen dicht mit dem Gehörgang ab. »Stell mal an. In der Lautstärke, in der du gehört hast.«
    Cuong schaltete das Gerät ein. Sofort riss Ly sich die Stöpsel aus den Ohren. Der Junge hätte keinen Panzer anrollen gehört.

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