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Der letzte Tag: Roman (German Edition)

Der letzte Tag: Roman (German Edition)

Titel: Der letzte Tag: Roman (German Edition)
Autoren: Adam Nevill
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zwar wegen seiner ungewöhnlichen Annahme, dass, sagen wir mal, paranormale Aspekte in dieser tragischen Geschichte enthalten sein müssen. Was ich aus diesem Film mitgenommen habe, ist der sehr deutliche Gedanke, dass etwas sehr Altes, etwas, das sich den natürlichen Gesetzen entgegenstellt, verantwortlich sein muss für das Verschwinden einer bestimmten Anzahl von Personen … in einem sehr abgelegenen Teil der Welt. Sind Sie wirklich zu dieser Ansicht gekommen?«
    Jetzt wird’s interessant. »Wir alle wollen der Wahrheit zum Durchbruch verhelfen, Max. Ich wollte einfach nur herausfinden, was passiert ist. Ganz bestimmt werde ich niemals wirklich wissen, was dort oben im Norden passiert ist. Ich denke, niemand wird es je herausfinden. Aber ich konnte mir ein gutes Bild von dem Ort machen, wo es geschehen ist. Die Leute dort machten Anspielungen, ohne weiter darauf herumzureiten. Ich habe nie versucht,
die Interviews in eine bestimmte Richtung zu lenken oder eine Theorie zu entwerfen. Ich war offen und habe mit der Kamera gefilmt, was zu sehen war. Der Zuschauer kann das, was er sieht, interpretieren. Heutzutage will doch jeder eine eigene Meinung haben. Die Welt ist eine einzige Jury. Ich serviere dem Publikum die bekannten Fakten und die womöglich fehlerhaften Aussagen meiner Interviewpartner. Und ehrlich gesagt hatte ich, während ich den Film drehte, keine Ahnung, worauf das alles hinauslief.«
    »Ich verstehe. Sehr interessant.«
    Versteht er das wirklich? Während Kyle sprach, hatte Max ihn gedankenverloren angeschaut, als würde er gar nicht zuhören, sondern sich Gedanken darüber machen, was er als Nächstes sagen sollte. Das ging ihm noch mehr auf die Nerven, falls das überhaupt noch möglich war.
    »Ich mag keine Belehrungen, Mr. Solomon. Das Publikum in der Regel auch nicht. Mein Trick ist, mir eine Story zu suchen, die so spannend ist, dass das Publikum irgendwann in ihren Bann gerät. Das ist das Äußerste, was ich als Regisseur tun kann. Ich beziehe keine Stars ein oder stelle bekannte Ereignisse nach. Das ist auch ein Grund, weshalb ich mit dem System nichts mehr zu tun haben will.« Das Wort System kam ziemlich heftig aus seinem Mund. Er holte tief Luft. »Also suche ich mir Stoffe, die das vernachlässigte Publikum jenseits des Massenmarktes interessieren. Von denen gibt es eine ganze Menge. Ich bin total beeindruckt von der Wirkung der Mundpropaganda im Internet. Dort finde ich meine Zuschauer.«
    »Können Sie denn mit dieser anspruchsvollen Haltung finanziell überleben?«
    Kyle machte eine Pause, die länger war, als er beabsichtigt hatte. »Noch nicht. Bei meinen Musikfilmen und dem Hexenzirkel wurde ich über den Tisch gezogen. Also habe ich Blutrausch als No-Budget-Produktion gemacht. Ich habe den Film frei auf meiner Website angeboten. Einige unabhängige Musikfirmen
haben Werbung auf der Seite platziert, und damit konnte ich einen Teil meiner Kosten begleichen. Einiges muss ich noch abstottern, aber es ging mir ohnehin nie ums Geld.«
    Er fragte sich, ob er nicht einfach aufstehen und gehen sollte. Es gelang ihm ja nicht einmal, so zu tun, als würde er diesen Mann irgendwie mögen. Außerdem war er wahrscheinlich nur einer von einem Dutzend Regisseure, die Max als mögliche Partner in Betracht zog und austesten wollte. Wenigstens hatte er ihn nicht auch noch zum Essen eingeladen, dies hier war immerhin das Produktionsbüro. Aber er hatte längst das Gefühl, dass sie völlig verschiedene Vorstellungen hatten. Und wenn er sich, nach allem, was er durchgemacht hatte, nicht auf sein Gefühl verlassen konnte, auf was denn sonst? Zeit, sich zu verabschieden.
    Aber genau in diesem Moment musste Max dann sagen: »Ich glaube, ich habe so eine Story für Sie. Eine außergewöhnliche Geschichte. Damit wären die Karten also auf dem Tisch, Kyle. Ich möchte, dass Sie einen Film für mich drehen.«
     
    Er musste sich sehr beherrschen, um nicht in Begeisterung auszubrechen. Einen Moment lang herrschte peinliches Schweigen. »Über diese …«
    Das dünne Lächeln verschwand vollständig aus dem glatten Gesicht von Max Solomon. »Lassen Sie mich das Wichtigste in Kürze referieren, dann können Sie mir anschließend sagen, ob es nach Ihrem Geschmack ist.« Max lehnte sich in seinem Ledersessel, der ihn so winzig erscheinen ließ, zurück. »Am 10. Juli 1975 holte die Polizei von Phoenix fünfzehn Menschen aus einer verlassenen Mine in der Sonora Wüste in Arizona. Das war einige Stunden,
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