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Der letzte Joker

Der letzte Joker

Titel: Der letzte Joker
Autoren: Agatha Christie
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näherte sich ihm voll Nervosität. «Guten Morgen, MacDonald.»
    «Guten Morgen, M’lady.» Er sprach so, wie es sich für einen Obergärtner geziemte – gedämpft, aber mit Würde.
    «Ich dachte… könnten wir heute Abend ein paar Trauben…?»
    «Sie sind noch nicht so weit», sagte MacDonald.
    «Oh!» Lady Coote nahm allen Mut zusammen. «Gestern probierte ich eine, und…»
    MacDonald sah sie an, und Lady Coote errötete. Sie fühlte, dass sie sich eine unverzeihliche Freiheit herausgenommen hatte. Offensichtlich war der verstorbenen Lady Caterham niemals der Schnitzer unterlaufen, eines ihrer eigenen Gewächshäuser zu betreten und sich selbst Trauben zu pflücken.
    «Wenn Sie es befohlen hätten, M’lady, wären Ihnen Trauben hineingebracht worden!»
    «Oh, danke», erwiderte Lady Coote. «Ich werde es das nächste Mal so machen.»
    «Aber sie sind noch nicht ganz so weit.»
    MacDonald schwieg. Lady Coote raffte sich noch einmal auf. «Dann wollte ich auch noch mit Ihnen über das Stück Rasen hinter dem Rosengarten reden. Ich wollte nur fragen, ob man es vielleicht zum Bowlingspielen benützen könnte – Sir Oswald ist ein großer Freund des Bowlings.»
    Und warum auch nicht, dachte Lady Coote. Sie hatte ihre Geschichte von England gut gelernt. Hatten nicht Sir Francis Drake und seine Mannen irgendein Spiel mit Kugeln gespielt, als die Armada gesichtet worden war? Aber sie hatte nicht mit der Haupteigenschaft eines guten Obergärtners gerechnet, sich jedem Vorschlag zu widersetzen.
    «Zweifellos könnte es für diesen Zweck benutzt werden.» MacDonald legte einen entmutigenden Ton in diese Bemerkung, aber sein eigentliches Ziel war es, Lady Coote in ihr Verderben zu locken.
    «Wenn man ihn jätete und… äh… mähte…»
    «Tja», sagte MacDonald langsam. «Dann müsste man William von der unteren Rabatte abziehen.»
    Die «untere Rabatte» sagte Lady Coote absolut nichts, aber es war klar, dass sie für Mac Donald ein unüberwindliches Hindernis darstellte.
    «Und das wäre ein Jammer», fügte MacDonald hinzu.
    Lady Coote kapitulierte.
    «Oh», sagte sie. «Ich verstehe vollkommen, was Sie meinen, MacDonald. William soll an der unteren Rabatte lieber weitermachen.»
    «Ich vermutete schon, dass Sie zustimmen würden, M’lady» meinte MacDonald. Er tippte an seinen Hut und ging.
    Lady Coote seufzte unglücklich, während sie ihm nachsah. Jimmy Thesiger, bis zum Hals voll mit Nieren und Speck, trat neben sie auf die Terrasse und seufzte ebenfalls, aber auf ganz andere Weise.
    «Ein fabelhafter Morgen, nicht wahr?», sagte er.
    «Finden Sie?», fragte Lady Coote abwesend. «Ich hatte es noch gar nicht bemerkt.»
    «Wo sind die anderen? Am See?»
    «Ich denke, ja.»
    Lady Coote drehte sich um und ging ins Haus zurück. Tredwell blickte gerade in die Kaffeekanne.
    «Mein Gott», sagte sie. «Ist Mr… Mr…»
    «Wade, M’lady?»
    «Ja, Mr Wade! Ist er noch immer nicht unten?»
    «Nein, M’lady.»
    «Er wird doch irgendwann herunterkommen?»
    «Ganz sicher, M’lady. Gestern war es halb zwölf.»
    Lady Coote sah auf die Uhr. Es war jetzt zwanzig vor zwölf. Eine Welle menschlicher Anteilnahme durchflutete sie. «Das ist wirklich Pech, Tredwell. So spät erst abräumen zu können und dann um eins schon wieder das Mittagessen zu servieren.»
    «Ich bin es gewöhnt, M’lady.»
    Zum zweiten Mal an diesem Morgen errötete Lady Coote. Aber da gab es eine willkommene Unterbrechung. Die Tür öffnete sich, und ein ernsthafter junger Mann streckte seinen bebrillten Kopf herein.
    «Oh! Hier sind Sie, Lady Coote! Sir Oswald hat nach Ihnen gefragt.»
    «Ich komme sofort, Mr Bateman.» Lady Coote eilte hinaus.
    Rupert Bateman, Sir Oswalds Privatsekretär, trat durch die Terrassentür ins Freie, wo Jimmy Thesiger immer noch glücklich herumstand.
    «Morgen, Pongo», sagte Jimmy. «Ich schätze, dass ich jetzt gehen und mich bei diesen schrecklichen Mädchen beliebt machen sollte. Kommst du mit?»
    Bateman schüttelte den Kopf und eilte über die Terrasse zur Tür, die in die Bibliothek führte. Jimmy grinste ihm nach. Er und Bateman waren zusammen zur Schule gegangen. Bateman war ein eifriger Junge mit Brille gewesen, und den Spitznamen Pongo hatte er aus keinem bestimmten Grund gekriegt.
    Pongo, überlegte Jimmy, war heute eigentlich noch genau wie früher. «Das Leben ist hart, das Leben ist ernst» passte exakt auf ihn.
    Er schlenderte langsam zum See hinunter. Die Mädchen waren da, zwei mit dunklen kurz
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