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Der Letzte Askanier

Der Letzte Askanier

Titel: Der Letzte Askanier
Autoren: Horst Bosetzky
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Ludwig. Leah lebte mit ihnen bei Anschel Jakubowitsch in einer Art Hütte hinterm Haus. Ihm selbst war nichts geblieben, als weiterhin von den Brosamen zu leben, die vom Tische der Wittelsbacher fielen – und die waren kärglich genug. So war er eigentlich nur nach Krakau mitgereist, um zu sehen, ob es am polnischen Hofe etwas gab, womit sich Geld verdienen ließ. Doch es schien nicht so.
    Während der Trauungszeremonie saß nun Kochan von Wersowetz neben ihm, Karls engster Vertrauter, was kein Zufall war, da sich ja beide in den letzten Jahren mehrmals begegnet waren. Meinhard aber betrachtete dies als einen Wink des Schicksals.
    »Ihr wißt, daß meine Waldemar-Mission beendet ist«, sagte er leise, als die Liturgie einmal leicht ins Stocken geriet. »Die Sache ist entschieden, und ich mag nicht mit Ludwig in die Berge ziehen, um dort irgendwo zu versauern … Wißt Ihr nicht, ob Karl mich irgendwie gebrauchen könnte? Ich bewundere ihn ja bereits seit Heinersdorf.« Es war ihm peinlich, so zu betteln, aber was blieb ihm, wollte er nicht mit Leah und den Kindern als Bettelritter durch die Lande ziehen? Tief war er gesunken, und es schmerzte sehr, aber nun …
    Kochan von Wersowetz zeigte auf einen hochgewachsenen Mann, der rechts vorn, fast unter der Kanzel Platz genommen hatte. »Kennt Ihr den da?«
    »Nein.«
    »Das ist Heinrich von Roddach, und der soll im Auftrage Karls nach Litauen gehen, um zu sondieren, ob wir mit Olgerd später mal verhandeln können. Karl denkt ja schon immer um Jahre voraus, und er hat da einen schönen Tausch im Sinn: Wenn sich die Litauer zum Katholizismus bekehren, will er ihnen den Ritterorden vom Halse schaffen. Mit Olgerd als Verbündetem hält sich Karl die Tataren wie die Moskauer vom Halse und kann alle Kraft darauf verwenden, ein starker Kaiser zu sein und das Reich neu zu schaffen und zu einen.«
    »Das hört sich gut an«, sagte Meinhard.
    »Mir scheint, Ihr wärt ein guter Mann für den Ritt nach Vilnius, sprecht Heinrich von Roddach nur an.«
    Der Erzbischof war inzwischen ans Ende seiner Predigt gekommen. »Lasset uns in Frieden den Herrn anrufen: Für dieses Paar, daß er ihm auch in schweren Tagen den Glauben erhalte …«
    Meinhard sah sich schon in Gedanken durch Litauen reiten.
    Witen schlug mit den bloßen Fäusten gegen die dicken Kerkermauern der Marienburg und betete: »Perkunos, gib mir die Kraft, diese Mauern zu sprengen!«
    Auf der Jagd am Spirdingsee hatten die deutschen Ritter ihn, den Fürstensohn, gefangengenommen und streng bewacht hierher geschafft. Der Hochmeister hatte ihm zwar die Fesseln abnehmen lassen und ihn schonend und höflich behandelt, aber doch in diesen Kerker gebracht, vor dem zwei Ritter ständig Wache hielten. Man werde mit Olgerd reden, seinem Onkel, dem Großfürsten, doch daß der sich um ihn kümmerte, war ziemlich ungewiß, denn von den drei Söhnen des großen Gedymin – Olgerd, Kiastutis und Jaunutis – hatten sich die beiden ersten zusammengetan, um den jüngsten Bruder vom Thron zu stoßen und in die Verbannung zu schicken. Und Jaunutis war sein Vater …
    Doch Witen vertraute auf Perkunos, und der hatte ihm ganz offenbar Vitjanis geschickt, einen Landsmann von etwa fünfzig Jahren, der sich zum Christen hatte taufen lassen und dem Deutschen Ritterorden bei Verhandlungen mit den Litauern als Dolmetscher diente. Als Kammerdiener war ihm Vitjanis zugeteilt worden, zweimal am Tage brachte der ihm die Mahlzeiten, die recht üppig waren, und entfernte den Abfall. Die Welt war klein, und sie hatten viele gemeinsame Bekannte. David von Grodno beispielsweise, der von einem rachsüchtigen Polen erschlagen worden war, oder den einen oder anderen Soldaten, der Witen im Waffenhandwerk unterwiesen hatte und gleichzeitig zu Vitjanis' Freunden zählte. Gemeinsam hatten beide von ihrer Heimat geschwärmt und wie schön es sein müßte, wieder dort zu sein. Vitjanis träumte von einem kleinen Bauernhof.
    Jetzt wurden die Riegel zurückgeschoben, und der Kammerdiener brachte das Abendessen. Die beiden Ritter auf dem Gang hatten nichts dagegen, daß sie die Tür schlossen, um ungestört zu plaudern.
    »Was gibt's Neues?« fragte Witen.
    Vitjanis stellte die Schüsseln auf den Tisch. »Sie ziehen ein Heer zusammen. Beide. Dein Onkel und die deutschen Ritter. Krieg wird es geben.«
    Witen nickte. Stand also wieder das bevor, was die Deutschen als Litauerfahrt bezeichneten. Seit die Araber im Heiligen Land zu stark geworden waren, richteten
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