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Der letzte Abend der Saison

Der letzte Abend der Saison

Titel: Der letzte Abend der Saison
Autoren: Ake Edwardson
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die Wasseroberfläche, bis halb über den See. Die Wasservögel verstummten. Das Auto fuhr davon. Ich drehte mich um und verfolgte den Lichtkegel der Scheinwerfer. Er verschwand zwischen den Bäumen und nach ein paar Minuten sah ich ihn auf dem Hügel, auf der anderen Seite des Sees. Ich hörte nichts. Das Licht kreiste dort hinten und das Auto kehrte zurück. Der Mann parkte an derselben Stelle wie zuvor und ging wieder in den Wohnwagen.
    Ich stand immer noch auf dem Weg und jetzt hörte ich erneut den Schrei der Frau. Irgendwelche Worte konnte ich nicht ausmachen. Das Licht in dem Wohnwagen wurde ausgeschaltet, aber das Schreien ging weiter. Dann wurde es still. Ich blieb noch eine Weile da stehen, aber man hörte nichts mehr. Stille. Dann ein schwacher Laut. Das konnte das Mädchen gewesen sein.
    Beim Einchecken hatte er nicht mehr als das Notwendigste gesagt. Es war noch eine Woche bis zur Schließung des Campingplatzes und er hatte für zwei Nächte gebucht. Durch das Fenster des Büros und des Autos hatte ich nicht viel von der Frau gesehen. Die Sonne schien. Das Mädchen war aus dem Auto ausgestiegen und hinterher gegangen, als sie auf das Gelände fuhren.
    Die Saison war fast zu Ende, der Sommer aber noch nicht. Es war noch immer warm. Der Campingplatz war ruhig. Es gab nichts, worauf jemand hätte reagieren können. Vielleicht wurde mal ein Reklameblatt über die Wiese geweht, doch außer mir sah das niemand. Ich hatte eine Woche lang allein im Büro gesessen und mich gewundert, dass keine ausländischen Gäste vorbeikamen. Für sie war die Saison doch noch nicht zu Ende.
    Doch der Mann war nicht aus irgendeinem anderen Land gekommen. Die Frau vielleicht, sie sah etwas ausländisch aus, hatte ein blasses Gesicht.
     
    Am zweiten Abend wartete ich, bis es dunkel geworden war. Auf dem See war ein Kahn unterwegs, doch der verschwand bald hinter der Landzunge. Die Geräusche von der Bewegung der Ruder im Wasser hörte man noch eine Weile, doch selbst die verschwanden schließlich. Es war still. Still. Ich wartete auf den Schrei der Frau. Ich hörte nichts. Dann war ein Schrei zu hören und danach noch einer, ein sehr kurzer.
    Nach einer Weile kam der Mann heraus und ließ das Auto an. Die Frau und die Tochter folgten, setzten sich auf den Rücksitz und fuhren weg, halb um den See herum, ich konnte die Scheinwerfer erkennen. Ich meinte, im Rückfenster noch eine Hand aufblitzen zu sehen.
    Im Wohnwagen brannte noch immer Licht. Als ich im Büro alles ausschaltete, leuchtete es von dort her. Es war das einzige Licht, abgesehen von den Lichtern vom See.
    Als ich am folgenden Morgen wiederkam, war das Auto weg. Ich sah die Familie den ganzen Tag lang nicht. Am Nachmittag fing es an zu regnen und da bemerkte ich, dass im Wohnwagen das Licht brannte. Bei Einbruch der Dunkelheit ging ich hin und klopfte an die Tür. Ich wartete, doch es öffnete niemand. Ich probierte an der Klinke, doch die Tür war verschlossen.
    Am nächsten Tag brach ich den Wagen auf, es war still und leer darin und doch war es, als stünde noch ein Schrei im Raum, als hätten die Frau oder vielleicht das Mädchen einen Schrei zurückgelassen. Das war ein seltsames Gefühl, ich versuchte später, es Ingo zu erklären, aber das ging nicht.
    Sie kehrten nie wieder zurück, ich hatte die Autonummer aufgeschrieben, aber das Auto war gestohlen. Der Wohnwagen stand den ganzen Winter über da.
     
    Von dem Platz aus, an dem er saß, konnte er sehen, wie der Rasen silbrig glänzte, dann war es wieder vorbei.
    Sie rief noch einmal und er stand auf. Ein Hase bewegte sich bei der Treppe, er sah, wie sich das Tier nach dem Licht aus dem Zimmer hinter ihm umwandte, und plötzlich war es in dem dunklen Rechteck, den das Gras im Garten bildete, verschwunden.
    »Hast du denn keinen Hunger?«
    »Ich habe einfach nicht daran gedacht.«
    »Du hast lange da draußen gesessen.«
    »Es wird schneller dunkel, als man merkt. Man schaut nach unten und dann nach einer kleinen Weile wieder nach oben und schon sind keine Farben mehr da.«
    »Aber es gibt sie ja wohl noch.«
    »Wenn man sie nicht sieht, dann gibt es sie nicht«, sagte er, ging durch die Küche und öffnete eine der Schranktüren unter dem Herd. Er nahm einen Topf heraus und hielt ihn in der Hand, spürte das Gewicht. Er füllte ihn zu einem Drittel mit Wasser und stellte ihn auf den Herd. Er öffnete die Kühlschranktür, doch es wirkte, als wisse er nicht, warum er das getan hatte. Er konnte sich nicht
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