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Der Kuss des Engels: Roman (German Edition)

Der Kuss des Engels: Roman (German Edition)

Titel: Der Kuss des Engels: Roman (German Edition)
Autoren: Sarah Lukas
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ihrem Kopf. »Er benutzt dich. Flieh!«
    Das Ungeheuer brüllte so zornig auf, dass der Boden unter Sophie erbebte. Der Kampf entbrannte noch wilder. Ja, wie kann ich einem Dämon glauben? Doch Rafe war selbst einer von ihnen, und Kafziel hatte sie vor seinem Eingreifen gewarnt. Aber wenn er ihr tatsächlich alles vorgemacht hatte, um sie für etwas völlig anderes zu missbrauchen?
    Ihr wurde bewusst, dass sie in einer Pfütze ihres eigenen Bluts kniete, das sich unter ihrer Hand hervordrückte. Entsetzt bemühte sie sich, fester zuzudrücken. Ihre Gewissheit, mit diesem Opfer das Richtige zu tun, war dahin. Ich muss den Arm abbinden! Doch wenn sie losließ, um nach einem der Seidenbänder zu greifen, würde das Blut wieder ungehemmt aus ihren Adern schießen. Und einhändig auf die Schnelle einen Knoten machen? Unmöglich. Angst packte sie. Ich will nicht sterben!
    Ein neuer Blitz enthüllte, wie Kafziel Rafe mit der Linken bei den Klauenhänden gepackt hielt und gegen die Wand drückte, während seine rechte Pranke eine blutige Spur über den Brustkorb zog. »Glaubst du wirklich, du könntest mich besiegen, du Narr? Unterwirf dich, oder ich …«
    Sophie zuckte zusammen, als es hinter ihr knallte. Glas zersprang, regnete klirrend um einen fast kopfgroßen Stein herum zu Boden, der krachend aufgeschlagen war. Rasch sah sie wieder zu Kafziel, der sich nur kurz umgeblickt hatte.
    »Unterwirf dich, oder ich werde dich vernichten!«
    »Niemals«, keuchte Rafe.
    Sie konnte nicht erkennen, was geschah, spürte nur den Luftzug durch die schlagenden Flügel, hörte das Schaben und Scharren der Klauen, Rascheln, Schläge, Fauchen und Grollen. Erneut wogten die Schatten in der Dunkelheit, aber es musste draußen noch jemanden geben, der den Stein geworfen hatte. Doch wozu? Gerade als sie sich wieder zu dem beschädigten Fenster umdrehte, sah sie dort etwas aufglänzen, während es fiel. Es gab einen dumpfen Aufprall mit einem leisen Knacken wie von Plastik. Rasch schob sie sich näher. Seit wann waren ihre Beine nur so schwach? Sie musste sich mit der Schulter an der Wand abstützen. Scherben knirschten unter ihren Sohlen. Wind fegte durch das Loch in der Scheibe herein, das von einer Seite des schmalen Fensters zur anderen reichte. Sie hätte den Kopf hindurchstecken können, wenn sie sich nicht vor scharfen Kanten des verbliebenen Glases gefürchtet hätte. Der Sturm pfiff nun lauter um die Mauern. Draußen hörte sie das Rauschen des Laubs und hastige Schritte, die sich entfernten.
    Blendendes Licht durchzuckte aufs Neue die Kapelle. Vor ihr lag eine kleine, vom Aufprall eingedellte Plastikflasche in den Scherben. Was hat das zu bedeuten? Wer trieb sich noch auf diesem Friedhof herum und warf ausgerechnet Wasser zu ihnen hinein? Wasser … Weihwasser! Jean! Er konnte nicht hereinkommen, weil er keinen Schlüssel hatte, und wie sie am Mittag gesehen hatte, waren alle Fenster vergittert, die nicht ohnehin zu eng waren, um hindurchzusteigen.
    Hinter ihr ertönte ein schmerzvoller Aufschrei. Erschreckt fuhr sie herum. Ein unheilvolles, bläuliches Licht umgab das Ungeheuer, das triumphierend über Rafe aufragte. Mit einer Klaue stand es auf einer der zerzausten Schwingen, mit der anderen auf Rafes Unterleib und krallte sich hinein. Sophies Herz erstarrte in ihrer Brust. Nein!
    »Gegen mich bist du ein Nichts!«, höhnte Kafziel.
    Seidenbänder, Kerzen, Taschen, selbst die schwere silberne Schale wirbelten auf einmal durch die Luft, prasselten auf den Dämon ein, doch er lachte nur, während die Geschosse wirkungslos zu Boden fielen. Sophies Fuß stieß gegen die Plastikflasche. Sie war das Einzige, was noch an seinem Platz lag.
    »Unterwirf dich, töte sie für mich, wenn du nicht ausgelöscht werden willst!«
    »Tu es! Vertrau mir!«, hörte sie Rafe in ihrem Kopf. Sie würde ihren Arm für einen Moment loslassen müssen, und sie hatte nur einen Versuch – aber keine Wahl.
    Blut schoss hervor, als sie das Handgelenk freigab und nach der Flasche griff. Mit aller Macht unterdrückte sie den Drang, sofort wieder die Blutung zu stillen. Wieder zuckte grelles Licht durch den Raum. Blendete Sophie im Augenblick, da sie warf. Der Donner brachte die Wände zum Zittern. Hektisch drückte sie auf ihrem Arm herum, presste die Wunde zusammen, so gut es ging. Ihr war so schwindlig. Sie lehnte sich mit dem Rücken gegen die Wand, um nicht zu fallen. Die Beine trugen sie kaum noch. Langsam ließ sie sich dem Boden entgegensacken,
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