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Der Kult - Cordy, M: Kult - The Colour of Blood

Der Kult - Cordy, M: Kult - The Colour of Blood

Titel: Der Kult - Cordy, M: Kult - The Colour of Blood
Autoren: Michael Cordy
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Fox lächelte. » Vielmehr danke ich Ihnen dafür, dass Sie an der Studie teilgenommen haben. Ihr Mut, sich freiwillig zu melden, wird es uns ermöglichen, auch anderen zu helfen.« Als er John zur Tür gebracht hatte, kehrten Fox’ Gedanken wieder zu dem Mann zurück, an dessen Bett er in der vergangenen Nacht gesessen hatte, und das Lächeln um seinen Mund erstarb. Er wünschte, er hätte ihm ebenso helfen können. Die Tür war gerade hinter John ins Schloss gefallen, als es leise klopfte und sie sich erneut öffnete. Aus dem Gesichtsausdruck der Schwester und dem Umstand, dass sie selbst gekommen war, um ihn zu benachrichtigen, las er alles, was er wissen musste. » Es ist so weit.«
    » Ja, Dr. Fox.«
    Seit dem Tag, an dem seine Eltern und seine Schwester gestorben waren, hatte Fox gelernt, sich von Gefühlen wie Schmerz und Verlust zu distanzieren, doch sobald er das Zimmer betrat, in dem er in der letzten Nacht Wache gehalten hatte, wurde ihm klar, dass es nicht immer möglich war. Immer wieder wurde er gefragt, wie ein Mensch mit so viel Empathie in der Lage sein konnte, sich in die Gedankenwelt seiner Patienten hineinzuversetzen, ohne in irgendeiner Weise davon beeinflusst zu werden, und jedes Mal antwortete er: Man muss die Distanz wahren. Wenn man sich nicht abgrenzte, wurde man verwundbar und verlor den Durchblick. Privat hatte diese Einstellung ihn schon einige Freundinnen gekostet, die in ihm zunächst den perfekten Ehemann gesehen hatten, aber im Allgemeinen war er ganz gut damit gefahren – und vor allem sicher. Im Allgemeinen.
    Er nahm den Fahrstuhl in die dritte Etage und konnte sich nur mit Mühe davon abhalten, über den langen Gang zu rennen, um möglichst schnell in das Krankenzimmer zu kommen. Als er sich dem Bett näherte und der Frau, die sich über den Patienten gebeugt hatte, spürte Fox, wie alle Schutzschilde von ihm abfielen. Onkel Howard und Tante Samantha, die ihn trotz ihrer Entscheidung, niemals Kinder zu bekommen, aufgezogen hatten wie ihren eigenen Sohn, waren die einzigen Menschen auf der Welt, bei denen Fox’ Strategie, sich niemals zu binden und immer emotionale Distanz zu wahren, nicht funktionierte. Howard hatte niemals versucht, seinen Vater zu ersetzen, und doch hatte er es in so vielen Dingen getan. In den schwärzesten Stunden seines Lebens, als Fox in unerträglicher Trauer zu versinken drohte, war sein Onkel wie ein Leuchtturm in die Dunkelheit getreten und hatte ihm unerschütterliche und bedingungslose Liebe geschenkt. Samantha sah Fox ins Zimmer treten und streckte ihre Hand nach ihm aus. » Sie sagen, dass es nicht mehr lange dauern wird, Nathan.«
    Fox legte ihr den Arm um die Schulter und küsste sie auf die Wange. » Bald wird er nicht mehr leiden müssen.« Er prüfte den Puls seines Onkels, horchte auf sein gequältes Atmen und öffnete den Morphium-Hahn noch ein wenig. Seine Eltern und seine Schwester waren in einem einzigen Moment von ihm gerissen worden, als er noch zu jung war, um zu verstehen, was da passierte. Seinen Onkel dagegen hatte die Alzheimer-Krankheit über viele Jahre, Tag für Tag, Hirnzelle für Hirnzelle fortgenommen, während Fox als Arzt genau gewusst hatte, was geschah.
    Plötzlich keuchte Howard rasselnd auf und öffnete die Augen. Er streckte den Arm aus und ergriff Fox’ Hand. Samantha beugte sich zu ihm hinab. » Howard, Howard, ich bin es, Samantha.« Sie streichelte sein Gesicht. » Nathan und ich sind hier.« Howard sah erst sie an, dann Fox, und der Blick in seinen fiebrigen Augen wurde klarer. Zum ersten Mal seit langer Zeit war Fox davon überzeugt, dass sein Onkel wusste, wer sie waren. Dann löste sich Howards Griff, und seine Hand fiel zurück auf das Bett. Mit rotgeränderten Augen sah Samantha ihren Neffen an und lächelte.
    Fox nickte. » Er weiß, dass wir hier sind und dass er nicht allein ist.«
    Wenig später tat Howard einen letzten flachen Atemzug, gab einen rasselnden Seufzer von sich und war dann ganz still. Samantha, die um Fox’ willen immer so stark gewesen war, fiel in seine Arme und weinte. » Er hat uns erkannt«, schluchzte sie. Überraschung und Erstaunen dämpften ihren Schmerz. » Ich glaube, er wollte sich von uns verabschieden.«
    Fox sagte nichts, schlang einfach nur seine Arme um ihre zierliche Gestalt und hielt sie ganz fest, damit sie nicht fiel.

3
    Die Flammen loderten in den Himmel und gaben dem Viertel mit seinen unscheinbaren rot geklinkerten Häusern, die sich schemenhaft in der Dämmerung
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