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Der Krieg der Ketzer - 2

Der Krieg der Ketzer - 2

Titel: Der Krieg der Ketzer - 2
Autoren: David Weber
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beruhigend auf die Kinder ein, versuchte sie nach Kräften zu trösten, und noch während er das tat, regte sich in seinem Hinterkopf die Frage, wie er das nun wieder Cayleb würde erklären sollen. »Das war … beeindruckend«, sagte Kronprinz Cayleb einige Stunden später mit ruhiger Stimme.
    In schweren Sesseln saßen Merlin und er einander in Caylebs Gemach in der Zitadelle gegenüber. Die Sonne war mittlerweile untergegangen, der Raum angenehm kühl, vom Schein der Lampen nur matt erleuchtet; Merlin blickte den Kronprinzen ausdruckslos an.
    »Ich glaube nicht«, fuhr Cayleb fort, »jemals davon gehört zu haben, dass ein Mensch, nur mit einem Kurzschwert bewaffnet, einen Kraken besiegt hat – von zweien ganz zu schweigen. Ach ja, und wir wollen doch auch nicht den Kraken vergessen, den Ihr harpuniert habt … über siebzig Schritt hinweg. Seijin oder nicht, Merlin, das war wirklich eine beeindruckende Leistung.«
    Merlin schwieg weiter, und Cayleb lehnte sich in seinem Sessel weit genug zurück, dass sein Gesicht jetzt im Schatten lag. Das Schweigen zog sich hin, bis nach mehreren Sekunden der Kronprinz seufzte.
    »Hättet Ihr wohl die Güte, mir zu erklären, wie Ihr das alles fertiggebracht habt?«
    Unter den gegebenen Umständen klingt der Prinz erstaunlich ruhig und vernünftig, dachte Merlin.
    »Das kann ich nicht, Cayleb«, sagte er nach kurzem Nachdenken. »Ich wünschte, ich könnte es. Wirklich, das wünschte ich wirklich. Aber ich kann es nicht.«
    »Merlin«, gab Cayleb leise zurück, »es ist mir egal, ob Ihr ein Seijin seid oder nicht. Kein Sterblicher könnte das leisten, was Ihr an diesem Nachmittag vollbracht habt. Ich habe es doch mit eigenen Augen gesehen. Niemand, nicht einmal ein Seijin. Ich habe Euch schon einmal gefragt, was Ihr in Wirklichkeit seid, und Ihr habt mir versichert, Ihr würdet dem Licht dienen. Aber was für eine Art Diener des Lichts seid Ihr?«
    »Cayleb … Euer Hoheit«, setzte Merlin leise an. »Das kann ich Euch nicht sagen. Das bedeutet nicht ›ich will es nicht‹ und auch nicht ›ich weigere mich, es Euch zu sagen‹; ich kann es einfach nicht.«
    »Ihr verlangt hier sehr viel von mir, Merlin«, fuhr Cayleb mit der gleichen, ruhigen Stimme fort. »Mein Vater vertraut Euch. Er vertraut Euch genug, sich und sein ganzes Königreich an Eure ›Dienste‹ zu binden – an Eure ›Visionen‹ und all das Wissen und die Vorschläge, die Ihr uns unterbreitet habt. Und ich habe Euch ebenfalls vertraut. Haben wir uns getäuscht? Wenn Ihr etwas zu leisten imstande seid, was ein Mensch nicht zu vollbringen vermag, dann seid Ihr mehr als ein Sterblicher. Und woher soll ich wissen, ob jemand, der entweder ein Engel oder ein Dämon sein muss, die Wahrheit sagt?«
    »Ich bin weder ein Engel noch ein Dämon«, erwiderte Merlin. »Das schwöre ich Euch. Ich kann Euch einfach nicht erklären, was ich bin. Nicht jetzt – vielleicht niemals. Und ich nehme an, Ihr werdet einfach selbst für Euch ganz alleine entscheiden müssen, ob Ihr jemandem vertrauen könnt, der Euch diese Fragen nicht beantworten kann, oder eben nicht.«
    Er schaute Cayleb geradewegs an, und wieder sah Cayleb in diese sonderbaren, saphirblauen Augen. Mindestens eine Minute lang wandte der Kronprinz den Blick nicht ab. Dann holte er tief Luft.
    »Ihr hättet nicht tun müssen, was Ihr an diesem Nachmittag getan habt.« Er sprach so beiläufig, so normal, dass es unter den gegebenen Umständen fast schon bizarr wirkte. »Andererseits hätte ich dann niemals erfahren, was ich jetzt weiß, nicht wahr?«
    »Das hättet Ihr nicht«, bestätigte Merlin. »Aber das bedeutet nicht, dass ich es nicht auch so getan hätte.«
    »Nein, das bedeutet es wirklich nicht«, pflichtete Cayleb ihm bei. Und dann, zu Merlins großem Erstaunen, lächelte er. Es war ein fast schon sanftmütiger Gesichtsausdruck, und der Prinz schüttelte den Kopf. »Und das, Merlin, ist auch der Grund, warum ich Euch sehr wohl vertraue.«
    »In der Tat?« So sehr Merlin sich auch bemühte, es gelang ihm nicht, sich die Überraschung nicht anmerken zu lassen. Cayleb lachte leise.
    »Ihr habt mir gezeigt, was Ihr zu leisten vermögt, Ihr habt mir bewiesen, dass Ihr sogar mehr seid als ein Seijin, nur um ein paar Bälger aus dem Hafen zu retten, die Ihr nicht einmal kanntet. Ihr habt all das Vertrauen riskiert, das Ihr in der Zwischenzeit bei mir und meinem Vater gewonnen habt. Und ich glaube Euch, dass Ihr das getan habt, ohne auch nur in Erwägung zu
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