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Der Kreis der Dämmerung 04 - Der unsichtbare Freund

Titel: Der Kreis der Dämmerung 04 - Der unsichtbare Freund
Autoren: Ralf Isau
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verfolgt, ohne zu wissen, dass es in Wirklichkeit um ihn geht. Justo Rufino Barrios beschwerte sich über die Verstärkung der Loge in einer Region, die er als sein Revier ansah. Er muss von Papens Degradierung gewusst haben. Als ich ihn aus der Reserve gelockt hatte, sagte er: ›Seien Sie versichert: Mir wird das nicht passieren.‹ Er meinte natürlich, ihm würde nicht das Schicksal Papens widerfahren. Barrios hielt sich für loyal. Warum wird mir das alles erst jetzt klar?«
    »Wir alle sind in unserer Haut gefangen und schauen durch zwei kleine Löcher in die Welt. Das engt die Sicht enorm ein. Im Übrigen – bitte nimm mir den Einwand nicht übel, David – könnte hinter dieser Geschichte genauso gut ein ganz anderer Logenbruder stecken, es muss nicht ausgerechnet Adolf Eichmann sein.«
    »Nicht, wenn das Kreuz-Ass im Spiel bleibt.«
    »Wie bitte?«
    »Ich rede von der Nachricht meines ominösen Freundes, die mir in Buenos Aires vermutlich das Leben gerettet hat. Die letzten beiden Zeilen lauten: ›Suche in Rom und vergiss Eichmann nicht!‹«
    »Um Eichmann zu finden, hättest du nicht nach Rom kommen müssen.«
    »Nein«, antwortete David leise. »Begreifst du es immer noch nicht, Lorenzo. Du bist der Grund, weshalb mich dieses Spielkartenphantom nach Rom geschickt hat. Ich bin dir unendlich dankbar, dass du mich nicht alleine nach New York zurückkehren lässt.«
    Lorenzo war sprachlos. Mit dem Ärmel seiner Jacke wischte er sich wieder einmal den Regen aus dem Gesicht und sagte schließlich: »Wie kann dieser Unbekannte gewusst haben, dass du Ugo Buitoni begegnen und dadurch mich wiederfinden würdest?«
    David schüttelte sein regennasses Haupt. »Ich kann es dir nicht sagen, Lorenzo, aber er hat es gewusst. Und deshalb weiß ich jetzt auch, dass Papen den Namen Eichmanns nicht nur zufällig genannt hat. Adolf Eichmann ist der nächste Kandidat auf unserer Liste.«
    »Auf deiner, David. Ich gehe zwar mit dir nach Amerika, aber versprich dir nicht zu viel davon. Diese Odyssee kreuz und quer über den Globus mache ich nicht mit. Meinen Lebensinhalt habe ich dir erklärt. Du kannst mich gerne um Rat fragen, wann du willst. Meinetwegen recherchiere ich auch für dich. Hauptsache, es geschieht von New York aus oder wo immer ich mich niederlassen werde.«
    »Das ist mehr als ich erwarten durfte, Lorenzo.«
    »Und im Übrigen solltest du den Rest von deinem Pik-Ass noch nicht ganz abhaken.«
    David runzelte die Stirn. »Wie meinst du das?«
    »Soweit ich mich erinnere, war in dieser bizarren Nachricht vom ›Hort der Tiara‹ die Rede… «
    »Dem Vatikan, wo die dreifache Papstkrone aufbewahrt wird.«
    »Der Papst ist bei weitem nicht der Erste, der sich mit diesem Herrschaftszeichen schmückt. In Wirklichkeit ist es ein altes heidnisches Symbol. Du erinnerst dich doch noch an dieses Hochrelief, das uns der Fürstenring im Mithräum gezeigt hat.«
    »Wie könnte ich das vergessen!«
    »Darauf war ein persischer Herrscher abgebildet, unverkennbar an der Bart- und Haartracht. Die Großkönige von Persien trugen bisweilen dreistufige Kronen mit einem breiten Band oder einen mit Bändern beflochtenen, hinten offenen Stirn- oder Kopfreif. Ich sage das nur, weil dein mysteriöser ›Freund‹ dir vielleicht mehr sagen wollte als nur: Abmarsch nach Rom!«
    David brauchte einige Zeit, um Lorenzos Hinweise zu verarbeiten. »Hast du das Relief mit dem von der Sonne bekrönten König schon einmal irgendwo gesehen?«
    »Ich bin mir nicht sicher. Möglich wäre es.«
    »Dann hätte ich eine Bitte an dich: Wenn es in Persien oder irgendwo sonst auf der Welt noch einen zweiten ›Hort der Tiara‹ gibt, dann finde ihn für mich.«
    Der weiße Wolf wollte nichts unversucht lassen, Eichmanns Fährte gleich in Rom aufzunehmen. Bevor sie der Ewigen Stadt den Rücken kehrten, schlüpfte er daher noch einmal in die Rolle des braunen Reporters Friedrich Vauser. Er wolle dem Bischof für seine gestrige Vermittlung in Sachen Franz von Papen danken, lautete Davids offizielle Begründung, als er am Samstagmorgen noch einmal mit Hudal telefonierte. Es gebe da noch ein paar Ergänzungsfragen, die er dem Ordinarius gern persönlich stellen würde. Ob denn ein halbstündiges Gespräch innerhalb der nächsten Stunden möglich wäre?
    Es war. Noch am späten Vormittag saßen David und Lorenzo – jeder eine vergoldete Tasse dampfenden Kaffees in der Hand – dem Rektor der deutschen Nationalkirche Santa Maria dell’Anima in ebenjenem
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