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Der Kreis der Dämmerung 02 - Der Wahrheitsfinder

Titel: Der Kreis der Dämmerung 02 - Der Wahrheitsfinder
Autoren: Ralf Isau
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»Willst du damit sagen, dass wir an Yoshiharus Trauerfeier nicht teilnehmen können?«
    David schüttelte langsam den Kopf. »Du wirst in einem sicheren Versteck bleiben. Ich gehe allein hin.« Sein Blick wanderte wieder nach Nordosten, bevor er leise hinzufügte: »Nicht ganz allein: Ich werde mein Schwert bei mir haben.«
     
     
    Anfangs hatte Rebekka noch wie ein Rohrspatz geschimpft. Die Nähe dieses gefährlichen Meuchelmörders auch noch zu suchen sei beispielloser Leichtsinn. Was würde aus ihr werden, wenn David erst mit abartig verformtem Rücken im Grab lag? Als dann Momoko, von dem Lärm angelockt, auf dem Oberdeck erschien und sich höflich erkundigte, ob das Paar irgendetwas benötige, brach Rebekkas Empörung wie ein Kartenhaus in sich zusammen. Sie begann haltlos zu weinen.
    Nachdem David die Enkelin des alten Ohei Ozaki wieder in ihre Koje geschickt hatte, machte er sich an die schwierige Aufgabe, seine verzweifelte Ehefrau zu trösten. So behutsam wie möglich erinnerte er sie an seine Bestimmung. Er sei nun einmal das Jahrhundertkind. Nur ihm seien die Gaben geschenkt, mit denen der Kreis der Dämmerung zerschlagen werden konnte. Spätestens seit dem Tag, da er ihr in London auf der Victoria Station einen Heiratsantrag gemacht habe, wisse sie von dieser schweren Bürde.
    Natürlich erzählte er Rebekka damit nichts Neues. Während sie in seinen Armen lag und nur noch leise schluchzte, kämpfte sie gegen die Enttäuschung an, die der eigentliche Grund für ihren Ausbruch war. Sie wünschte sich so sehr ein Kind von ihm! Es sollte ohne die Furcht aufwachsen, die schon immer ihr Begleiter gewesen war – erst im Großen Krieg und nun an Davids Seite. Aber dieser Traum würde sich wohl nie erfüllen.
    Als Davids Lippen die ihren fanden, kehrte auch neuer Mut in sie zurück. Rebekka war stärker, als man von ihrem zierlichen Äußeren her vermuten konnte.
    »Ich werde auf dich warten, wo immer du auch bist«, sagte sie leise.
    Er nickte und schenkte ihr ein trauriges Lächeln. »Ich habe nicht vergessen, was du mir damals auf dem Schiff versprochen hast, während wir in den Hafen von Yokohama einliefen. Und dafür liebe ich dich, Bekka. Für alle Zeit!« Und über den Tod hinaus, fügte er in Gedanken hinzu.
     
     
    Gegen Mittag legte die Taifun an einer Mole in Sodegaura an. David hatte sich kurzfristig für eine Änderung des ursprünglichen Reiseplans entschieden. Er rechnete zwar nicht damit, dass Negromanus ihm schon im Hafen von Yokohama auflauerte, aber wer konnte schon wissen, was im Kopf eines Schattens vorging?
    Sodegaura lag in der Bucht von Tokyo, direkt gegenüber der japanischen Hauptstadt. Mit einer Fähre konnten er und Rebekka fast bis ins Herz der riesigen Metropole gelangen. David kannte das Gebiet rund um den Kaiserpalast wie seine Westentasche. Ihn und Rebekka hier aufzuspüren, würde wohl selbst für Negromanus so gut wie unmöglich sein.
    Der Abschied von der fünfköpfigen Mannschaft des Fischkutters fiel kurz, aber herzlich aus. Nachdem David den Kapitän und dessen Männer ausbezahlt hatte, überschüttete Wang das Ehepaar mit einer Vielzahl teils bizarrer Glücks- und Segenswünsche, deren Einlösung sämtliche chinesischen Götter mindestens eine Woche lang in Atem halten würde. Während die Fischer dann schon ihren Kutter für die Rückreise nach Kochi vorbereiteten, verabschiedete sich das englische Paar noch von den Ozakis.
    »Willst du weiter als Ryutaro Kawamura in Iyo-Saijo leben?«, fragte David den fast neunzigjährigen Greis.
    Ohei machte ein angewidertes Gesicht. »Bin ich denn von allen guten Geistern verlassen? Ich werde wieder meinen richtigen Namen annehmen. Und wenn mich noch einer Ryutaro nennt, schneide ich ihm die Zunge ab.«
    Rebekka sah betroffen in das finstere Gesicht des rüstigen Alten.
    David konnte sich ein Schmunzeln nicht verkneifen. Er legte seiner Frau beruhigend die Hand auf den Arm und sagte: »Ryutaro bedeutet ›Drachensohn‹. Das mag ja zutreffend gewesen sein, als Ohei noch Leibkoch Toyamas war, aber die Gesellschaft des Schwarzen Drachen wird ohne ihren Kopf wohl bald der Vergangenheit angehören.«
    »Das will ich meinen«, pflichtete ihm Ohei bei. »Ich will mit diesem stinkenden Wurm nichts mehr zu tun haben.«
    Momoko war in dieser Angelegenheit weniger zuversichtlich als ihr Großvater. »Trotzdem sollten wir überlegen, ob es nicht für dich sicherer wäre, mit einem ganz neuen Namen irgendwo anders…«
    »Papperlapapp!«, fiel
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