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Der Königsschlüssel - Roman

Der Königsschlüssel - Roman

Titel: Der Königsschlüssel - Roman
Autoren: Boris Koch
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trat ein schmächtiger Junge, der Essen an die Tische brachte und dabei schwitzte und Mühe hatte, die großen Teller zu halten. Er war einen Kopf kleiner als Cephei, und ein schmutzig gelber Haarschopf fiel ihm ins Gesicht. Dorado hatte sich offenbar Ersatz für ihn geholt, dachte Cephei und sah den Wirt auch schon aus der Küche in den Schankraum treten.
    Ihre Blicke begegneten sich, und das Gesicht des Wirts wurde finster. Cephei schlenderte zu ihm hinüber, während Dorado das Handtuch über die Schulter warf und die Hände in die Hüfte stützte. Etwas weiter als Dorados Armlänge entfernt blieb Cephei stehen.
    »Du hast vielleicht Nerven, hier noch mal aufzutauchen«, begrüßte er Cephei.
    »Ich wollte sehen, was du so machst.«
    »Wenn du nicht schnell wieder verschwindest, prügle ich dich windelweich. Weil du einfach verschwunden bist, musste ich mir einen neuen Gehilfen suchen. Glaub bloß nicht, dass du
nun wieder angekrochen kommen kannst. Dein Zimmer ist vergeben und die Arbeit auch.« Dorado ging hinter die Theke und begann, Bier zu zapfen.
    »Ehrlich gesagt hatte ich nicht vor wiederzukommen. Das Zimmer ist viel zu klein, das Essen zu wenig und du«, Cephei zuckte mit den Schultern, »na, wir wissen ja alle, wie du bist.«
    »Pass bloß auf!«, drohte ihm Dorado mit erhobener Hand, und einige Gäste hoben die Köpfe. »Wo hast du dich nur rumgetrieben? Bestimmt hast du die ganze Zeit nur Unsinn gemacht.«
    »Ich habe den Königsschlüssel zurückgebracht. Es war ein Abenteuer.«
    Der Wirt lachte lauthals auf, und einige Männer stimmten in das Gelächter ein. »So siehst du aus, Junge.«
    Wieder zuckte Cephei mit den Schultern und lächelte. Sie würden schon noch erfahren, was passiert war, wenn der König wieder vor das Volk treten würde. Er betrachtete den neuen Jungen und spürte Mitleid mit ihm; das Leben bei Dorado war nicht angenehm. Dann sah er den Wirt an und klopfte kurz auf die Theke. »Ich mache mich vom Acker, Dorado. Glaube nicht, dass ich noch mal wiederkomme.«
    »So was Undankbares wie du ist mir noch nie untergekommen. Ich zieh dich groß, gebe dir eine Unterkunft und Essen, die Möglichkeit zu arbeiten, und du dankst es mir, indem du abhaust. Wo wärst du denn ohne mich? Wahrscheinlich schon längst im Winter erfroren.«
    Cephei besah sich Dorados Gesicht genau, sah die Falten, die vom Alter und der schweren Arbeit herrührten, auch den verkniffenen Zug um den Mund, der dort saß, weil Dorado nie lachte, und die großen Hände, die ihm manches Veilchen verpasst
hatten. Dorados Blick war unnachgiebig und zeigte, dass er sich wohl nie ändern würde. Kein Wunder, dass es keiner bei ihm aushielt.
    Dorado schlug ebenfalls mit der flachen Hand auf die Theke. »Ich weine so was wie dir sicher keine Träne nach«, sagte er noch, und Cephei nickte.
    »Das wollte ich nur hören. Mach’s gut.«
    Mit diesen Worten drehte er sich um und wollte die Gaststube verlassen, als die Tür plötzlich aufging und eine Gruppe Männer hereinstolperte. Sie drängelten sich an Cephei vorbei, und er erkannte die vier Ritter, deren Aufgabe es eigentlich gewesen war, den Schlüssel zu finden.
    Ihre Gesichter waren vom vielen Wein und reichlichen Essen aufgedunsen, genau wie ihre Bäuche. Sie lärmten und lachten und steuerten auf einen Tisch zu. Cephei sah ihnen nach und konnte beim besten Willen nicht mehr verstehen, was ihn früher so an ihnen beeindruckt hatte. Wie hätten sie wohl reagiert, wenn sie Serpem begegnet wären oder in das Loch zu Apus gefallen wären? Ob einer für den anderen dageblieben wäre, so wie Vela für ihn?
    Noch einmal maß er den Raum mit seinem Blick, trotz allem trennte er sich nicht leicht von diesem Ort, aber bleiben wollte er auch nicht. Nach einem kurzen Seufzer ging er hinaus und schloss die Tür hinter sich.
    Draußen schien die Sonne. Ein leichter Wind wehte, und Cephei steuerte auf einen Steinhaufen auf der anderen Straßenseite zu. Dort setzte er sich, schloss die Augen und ließ sich die Sonne ins Gesicht scheinen. Für eine Weile dachte er an gar nichts, lauschte nur den Vögeln.
    Erst als sich ein Gewicht auf seinem Knie niederließ, öffnete
er die Augen. Der Erdwühler pickte an seiner Hose. »Na, hallo. Wo kommst du denn auf einmal her?«
    Beim Klang seiner Stimme sah ihn der Vogel kurz an und pickte dann weiter.
    »Ein schöner Freund bist du. Lässt mich die ganze Reise alleine machen, und jetzt kommst du wieder an.« Aber er war nicht wirklich wütend,
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