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Der Königsschlüssel - Roman

Der Königsschlüssel - Roman

Titel: Der Königsschlüssel - Roman
Autoren: Boris Koch
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sagte: »Na schön, aber wehe, ihr verratet, wer euch zum König geführt hat. Dann bin ich dir für immer böse, Vela.«
    Vela nickte eifrig, und Cephei kreuzte zwei Finger vor dem Gesicht. »Ehrenwort.«
    Mit einem tiefen Seufzer verließ Kassia den Salon, und sie folgten ihr hinauf zu den Räumen des Kanzlers. Dort zog Kassia einen kleinen Schlüssel aus ihrem Kleid und öffnete die Tür.
    »Kommt rein, aber seid leise. Im Nebenraum sind die Hunde.«
    Leise schlichen sie an der Wand entlang, bis sie zu einem großen Gemälde kamen, auf dem der Kanzler in voller Lebensgröße zu sehen war.
    »Packt mal mit an«, flüsterte Kassia, und zu dritt hoben sie das Bild vom Haken und stellten es an die Seite.
    Dahinter kam eine Tür zum Vorschein, und erneut drehte Kassia einen Schlüssel im Schloss. Die Tür sprang auf und gab einen dunklen Gang frei. Cephei nahm die Öllampe aus dem Rucksack und zündete sie an, so dass sie die Stufen, die nach unten führten, gut sehen konnten.
    »Wenn ihr dem Gang folgt, kommt ihr in einen Raum. Dort ist der König. Ich warte draußen vor dem Zimmer. Beeilt euch.«
Kassia warf Vela noch einen Blick zu, dann verschwand sie leise aus dem Raum.
    »Ist nett, oder?« Cephei sah ihr nach.
    »Mhm«,brummte Vela und nahm die Lampe.»Lass uns gehen.«
    Schnell schlüpften sie in den Gang und liefen die Stufen hinunter. Mit einer bösen Überraschung rechneten sie nicht, denn davor hätte Kassia sie sicher gewarnt, und so standen sie schon nach kurzer Zeit in einem kleinen, quadratischen Raum, der nur vom Schein ihrer Lampe erhellt wurde. In der Mitte war ein Stuhl aufgestellt - und auf dem saß der Mechanische König.
    Regungslos, aber noch immer mit einem Lächeln. Die Orden auf seiner Brust glänzten, und einen langen Moment starrten sie ihn schweigend an. So nah war Vela ihm noch nie gekommen, selbst auf dem Balkon nicht, und Cephei schon gar nicht. Sie traute sich fast nicht, den letzten Schritt zu tun, weil sie solche Ehrfurcht vor ihm hatte. Er war schön - auf seltsame, mechanische Art schön.
    »Willst du nicht den Schlüssel probieren?«, flüsterte Cephei.
    »Warum flüsterst du?«
    »Weiß nicht.«
    Mit zitternden Händen entnahm sie ihrem Rucksack den Schlüssel und sah zwischen ihm und dem König hin und her. Sie schienen nicht zusammenzupassen, plötzlich wurde sie von Zweifeln gepackt. Was hatte sie sich nur gedacht? Der König so strahlend und der Schlüssel so unscheinbar. Es war eben kein Königsschlüssel, nur ein Ersatz, hergestellt von einem Mädchen. Ihre Hände zitterten.
    »Soll ich es machen?«, fragte Cephei und trat dicht neben sie.
    Sie nickte, und er nahm ihr den Schlüssel aus den Fingern. Sie konnte sich nicht mehr bewegen, verfolgte nur mit den Augen,
wie er sich dem König näherte, hinter ihn trat und dort hantierte. Sie hörte das Heben des Stoffes, ein Schaben, dann ein Klicken und Knarzen. Sie hörte, wie der Schlüssel wieder und wieder gedreht wurde. Dann trat Cephei einen Schritt zurück.
    Beide warteten darauf, dass etwas passieren würde, der Schweiß lief Vela in Bächen übers Gesicht. Ihre Hände zitterten noch immer und wurden kalt, und einen Moment lang sah es aus, als würde gar nichts geschehen. Aber dann klappte der König die Augen auf und zu, hob eine Hand und wandte den Kopf in Velas Richtung.
    »Sei gegrüßt. Ich bin der Mechanische König, der freundlichste Herrscher aller Länder. Und wer bist du?«
    »Ich bin Vela«, stotterte sie. »Ähm, Ihre Majestät.«
    »Aha«, sagte der König, und Cephei kam hinter dem Stuhl vor.
    »Ich bin Cephei. Wir haben Euch gerade aufgezogen.«
    »So.« Der König brauchte wohl noch eine Weile, um sich zu erholen, immerhin hatte er lange stillgehalten.
    »Ein Klippengeier hat bei der Zeremonie den Schlüssel gestohlen. Wir haben einen anderen Schlüssel gebaut. Also, Vela hat ihn gebaut, ich hab sie nur zu Anibas Schloss begleitet, und zurück natürlich und …«
    »Cephei!«, unterbrach sie ihn. »Das können wir später berichten.«
    Er kratzte sich am Kopf. »Gut, dann eben später.«
    »Geht es Euch gut, Majestät?«
    »Ja, sicher.« Der König erhob sich langsam und mit quietschenden Gelenken vom Stuhl und stand dann einen Augenblick verwirrt im Raum.
    »Ich erinnere mich, da waren die vielen Menschen, und wir standen auf dem Balkon.« Er sah in die Lampe, dann hob er die
Hand. »Nun gut, es spielt ja keine Rolle. Ich gehe dann wohl besser zurück an die Staatsgeschäfte, nicht wahr, Kinder?« Und
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