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Der Köder

Der Köder

Titel: Der Köder
Autoren: P.J. Tracy
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rundherum
    eindeutiger Fall sinnlosen Mordens, der auf perverse Weise der Welt wieder einen Sinn verleihen würde. Und endlich sah es so aus, als hätte er einen derartigen Fall.
    «Langer, würdest du bitte aufhören zu grinsen? Mir wird ganz
    unheimlich.»
    Erschreckt sah er seinen Partner an. «Ich soll gegrinst haben?»
    Jetzt grinste Johnny McLaren ihn an. «Irgendwie ja. Also, nicht
    wirklich. Das heißt, man konnte deine Zähne nicht sehen oder so.
    Außerdem kann ich gut nachempfinden, wie du dich fühlst. Nach
    vier Monaten Untätigkeit wäre ich fast schon losgezogen und hätte eigenhändig jemanden umgelegt.»
    Langer schloss die Augen, verzweifelt um eine Rechtfertigung
    bemüht, warum er in einem blutigen Zimmer beinahe gegrinst hatte, in dem mit Sicherheit eine arme Seele den Tod gefunden hatte. «Das ist es nicht, McLaren», sagte er traurig und sah dann weg, denn er konnte nichts mehr sagen.
    Die meisten Spuren des Gemetzels in Arien Fischers Haus
    befanden sich im ansonsten unberührten Wohnzimmer –
    insbesondere auf einem ehemals elfenbeinfarbenen Sofa, das aussah, als habe es längere Zeit auf einem Schlachthof gestanden. Jimmy
    Grimm, der Star unter den Kriminaltechnikern des Bureau of
    Criminal Apprehension, kam herein, warf einen Blick auf die
    Blutflecken und sagte: «Das ist eine Arterienverletzung, Jungs. Das müsste ihn erledigt haben. Er war wie alt? Neunundachtzig?»
    «Es sei denn, der alte Mann hat selbst geschossen», wandte
    McLaren ein. «Vielleicht handelt es sich um das Blut einer anderen Person, und Fischer ist jetzt da draußen und begräbt sie im Wald.»
    «Mein Gott, wie ich diese rätselhaften Fälle liebe.» Grimm
    stemmte die Hände in die Hüften und sah sich um. Er war ein
    rundlicher Mann, und Langer fand, dass er in dem weißen
    Einwegoverall und den Wegwerfschuhen große Ähnlichkeit mit dem
    Michelin-Männchen hatte. «Mann, das hier ist ja interessant.»
    «Was?», fragte McLaren, aber Jimmy hörte ihn nicht. Er war
    über das Sofa gebeugt und befand sich bereits in einer anderen Welt
    – seiner Welt –, in der er nur jene Geschichten hörte, die verspritztes Blut und kleinste Einzelheiten ihm erzählten.
    Frankie Wedell, einer der Streifenpolizisten, die den Tatort
    sicherten, näherte sich der Wohnzimmertür und blieb dort stehen.
    «Leute, wisst ihr noch, wie so was gemacht wird, oder braucht ihr vielleicht einen kleinen Auffrischungskurs von den Jungs an der
    Front?»
    McLaren sah zu ihm hinüber und grinste. Frankie war der älteste
    Officer der Truppe und freiwillig im Streifendienst. Er hatte mehr Anfänger ausgebildet, als er zählen konnte, einschließlich McLaren und Langer. «Das hier ist unser Auffrischungskurs, alter Mann», witzelte er. «Mord light – ohne Leiche. Frankie, wie geht's Ihnen?»
    «Es ging noch ganz gut, bevor sich die Meldungen heute Morgen
    überschlugen. Hat mir verdammt beinahe das Herz gebrochen, als
    ich das mit Morey Gilbert drüben in der Gärtnerei hörte.»
    McLarens Grinsen verschwand. «Das wird 'ner Menge Leute zu
    Herzen gehen.»
    «Beschissenes Ende einer Durststrecke, einen guten Mann auf
    diese Weise zu verlieren. Ihr beide habt ihn letztes Jahr doch
    ziemlich gut kennen gelernt, oder?»
    «Stimmt.»
    «Wie gut, dass man euch nicht auf diesen Fall angesetzt hat.»
    «Wohl wahr», murmelte Langer. «Ihr Partner hat gesagt, Sie sind
    durch die Vordertür reingekommen, Frankie. Stimmt das?»
    «Ja. Tony hat die Hinterseite abgedeckt. Anfangs suchten wir
    nach einem Killer und am Ende nur noch nach einer Leiche.» Sein
    Blick wanderte zögernd zum blutigen Sofa. «Kann noch immer
    kaum glauben, dass wir keine gefunden haben. Bei dem vielen Blut
    müsste man doch meinen, dass der Mann nicht sehr weit gekommen
    sein kann, besonders in seinem Alter.»
    Während Frankie sprach, suchten Langers Blicke das Zimmer ab.
    Er registrierte die kleinen Dinge: den gebohnerten Holzfußboden, die penibel aufgefächerten Zeitschriften auf einem polierten
    Beistelltisch, die sorgfältige Anordnung in Leder gebundener
    klassischer Werke in einem Bücherschrank. Nichts schien hier
    angetastet oder in Unordnung gebracht zu sein. Da war nur das
    obszön zugerichtete Sofa. Das und die drei großen Bildbände, die
    neben dem Couchtisch gestapelt auf dem Boden lagen. An ihnen
    blieb sein Blick hängen. «Wie sah es hier aus, als Sie eintrafen, Frankie?»
    «Na ja, die Haushälterin – sie heißt Gertrude Larsen – stand auf
    der Eingangstreppe,
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