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Der Ketzerlehrling

Der Ketzerlehrling

Titel: Der Ketzerlehrling
Autoren: Ellis Peters
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war eine Geschichte, die ganz zu erzählen sie noch nicht imstande war, und Hugh erlaubte ihr auch nicht, kostbare Zeit damit zu verschwenden; sie zitterte unter einer unnatürlichen Kälte von innen, und er wollte sie so schnell wie möglich nach Hause bringen.
    »Kümmert Euch um den Jungen, Cadfael, und bringt ihn dahin, wo sein Bischof ihn haben will, bevor zu den Anklagen gegen ihn auch noch das Ausreißen kommt. Ich bringe die junge Dame heim zu ihrer Mutter.«
    »Der Bischof weiß, daß ich fort bin«, sagte Elave mit einem mühsamen Anheben der Schultern, als könnten sie die schwere Last, die sie trugen, noch nicht abschütteln. »Ich habe ihn darum gebeten, und er hat mich gehen lassen.«
    »Tatsächlich?« sagte Hugh überrascht. »Das spricht für ihn und für Euch. Ein solcher Bischof gibt Anlaß zu Hoffnungen.«
    Er war mit einem kraftvollen Satz im Sattel und streckte eine Hand zu Fortunata hinunter. Seinem starkknochigen Grauen würde das zusätzliche Gewicht nichts ausmachen. »Helft ihr hoch, Junge … so ist’s richtig, Euer Fuß auf meinen. Und nun seid vernünftig, laßt alles Weitere bis morgen auf sich beruhen.
    Was noch zu tun ist, das tue ich.« Er hatte seinen Rock ausgezogen und ihn Fortunata um die Schultern gelegt, und er hielt sie sicher im Arm. »Morgen früh, Bruder Cadfael, bin ich beim Abt. Wir werden uns bestimmt alle wiedersehen, bevor der Tag um ist.«
    Dann waren sie fort, im Trab den Abhang hinauf, kehrten der Feuerbrunst, die schon jetzt zu einem geschwärzten, schwelenden Haufen aus dachlosem Gebälk zusammensackte, ebenso den Rücken zu wie den Schafshäuten, die auf ihren Gestellen in der starken Strömung schaukelten, während das Wasser unter dem gegenüberliegenden Ufer glatt und fast unbewegt war.
    »Und wir machen uns auch auf den Weg«, sagte Cadfael und nahm die Zügel des Ponys auf, »denn hier gibt es nichts, was ein Mensch noch tun könnte. Alles ist vorüber. Und es hätte noch viel schlimmer kommen können. So, Ihr reitet, ich gehe nebenher, und wir machen uns in aller Ruhe auf den Heimweg.«
    »Wäre er wirklich imstande gewesen, sie umzubringen?« fragte Elave nach langem Schweigen, als sie auf der Landstraße zwischen den Häusern und Werkstätten von Frankwell entlanggingen und sich der westlichen Brücke näherten.
    »Wie können wir das wissen, wenn sie selbst nicht sicher ist?
    Die göttliche Vorsehung hat beschlossen, daß ihr nichts geschehen sollte. Das muß uns genügen. Und Ihr wart ihr Werkzeug.«
    »Ich habe den Tod von Girards Bruder verschuldet«, sagte Elave. »Wie könnte er mir das nicht vorwerfen? Was sonst kann ich von ihm erwarten?«
    »Wäre es besser für Girard gewesen, wenn sein Bruder am Leben geblieben und gehenkt worden wäre?« fragte Cadfael.
    »Und sein Name in aller Munde? Nein, Girard könnt Ihr Hugh überlassen. Er ist ein vernünftiger Mann, er wird es Euch nicht entgelten lassen. Ihr habt ihm eine Tochter zurückgegeben; er wird sie Euch nicht verweigern, wenn die Zeit gekommen ist.«
    »Ich habe noch nie einen Menschen getötet.« Elaves Stimme war matt und nachdenklich. »Auf all den vielen Straßen, über die wir gereist sind, und bei all den Gefahren und Kämpfen unterwegs habe ich nicht ein einziges Mal jemandem eine Wunde beigebracht.«
    »Ihr habt ihn nicht getötet und dürft Euch nicht mehr aufbürden, als Euch zusteht. Umgebracht hat ihn seine eigene Tat.«
    »Glaubt Ihr, daß er sich irgendwo an Land geschleppt hat?
    Lebend? Kann es sein, daß er noch lebt? Nach alledem?«
    »Möglich ist alles«, sagte Cadfael. Aber er erinnerte sich an die Arme in den schwelenden Ärmeln, die das, was Jevan dem Feuer entrissen hatte, fest umkrampften, den langen Körper, der im Wasser an ihnen vorbeigeschwemmt wurde, kampf-und lautlos, und er hatte keinerlei Zweifel daran, was sie am nächsten Tag finden würden, irgendwo an der Schleife, die der Fluß um die Stadt legte.
    Das Pony trottete friedfertig über die Brücke und durch die Straßen der Stadt, und als es die Wyle hinunterging, schnüffelte es die Abendluft und beschleunigte, seinen Stall und das beruhigende Heim riechend, seine Schritte.
    Als sie den großen Hof betraten, kamen die Brüder gerade von der Komplet. Abt Radulfus trat aus dem Kreuzgang heraus, um sich zu seinen eigenen Gemächern zu begeben, flankiert von seinen beiden hohen Gästen. Sie kamen genau im rechten Moment, um zu sehen, wie ein Bruder des Hauses den der Ketzerei angeklagten und drei Stunden zuvor
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