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Der Keil des Himmels

Der Keil des Himmels

Titel: Der Keil des Himmels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horus W. Odenthal
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stecken. So viel haben wir kapiert. Drogenhandel gibt es, und wenn man ihn so einfach kontrollieren könnte, wäre er schon heute legal und mit einer dicken Steuer versehen. Ich weiss das, und Kudai weiss das auch. Das ist okay. Worauf Kudai hinaus will – und ich seh‘ das genauso – ist, es ist dagegen absolut nicht okay, wenn es Offiziere sind, die unter die Drogenhändler gehen. Es geht einfach nicht, dass du Angehöriger der Armee und gleichzeitig Teil der Unterwelt, Teil eines kriminellen Milieus bist.“
    „Bei Umanákhu hat‘s dich nie gestört.“
    Das brachte Auric zunächst einmal kurz ins Stocken. „Aber Umanákhu“, holperte er los, kalt erwischt, „war diskret. Hat sich nie in was verstricken …“
    Jag machte eine wegwerfende Handbewegung und wandte sich wütend ab.  
    „Ach, lass mich in Ruhe, Skrimare. Das ist Bullshit, und du weißt es.“ Er stapfte weg, aufgebracht vor sich hingrummelnd zur Treppe hin. Auric hielt den Atem an, als er bedrohlich schwankend und stolpernd die Hürde der ersten Stufen nahm. Wäre wirklich tragisch gewesen, wenn gerade Jag, der alte Stahlfresser, nach all den Kämpfen und Schlachten, die er überlebt hatte, nach diesem überstandenen Hinterhalt besoffen eine Treppe hinunter gestürzt wäre und sich dabei den Hals gebrochen hätte. Erleichtert sah er ihn heil am Kopf der Treppe ankommen und hinter der Mauerkante halblaut maulend in der Nacht verschwinden.
    Am nächsten Tag, wenn Jag wieder ansprechbar war, würde alles wieder vergessen sein. Spätestens gegen Mittag, wenn er genug Rangniedere – und manchmal auch Ranghöhere – zusammengeschnauzt hatte, würde er wieder ganz der Alte sein. Jag hatte eben einen über den Durst getrunken. Wie so oft. Wie fast immer. „Das ist eben unsere Art zu leben, Scheiße noch mal“, hatte Jag ihm geantwortet, als er ihn einmal darauf angesprochen hatte. „Wir sind Soldaten, Skrimare, keine Betschwestern.“
    „Was machen wir jetzt?“, unterbrach Kudai die beklommen auf nasse Ufersteine fallende Stille. „Eigentlich müssten wir der Stadtmiliz Bericht erstatten. Wir sind hier nicht im Feld sondern in einer zivilisierten Stadt.“
    „Stadtmiliz hatten wir heute Abend schon“, meinte Auric. Er blickte von seinen unschlüssig und verdrießlich scharrenden Stiefeln auf und zu Nefraku hinüber, der schweigend mit beobachtender, abwartender aber ansonsten nicht im geringsten deutbarer Miene zu ihnen herüberstarrte. Stadtmiliz bedeutete für Nefraku, dass er aufflog, zumindest aber in gehörige Bedrängnis kam. Nefrakus Blick traf sich direkt mit dem Aurics.  
    Und die Sechzehnte steht zu ihren Leuten. Wir kämpfen miteinander, wir stehen zueinander, wir siegen miteinander. Er mochte zwar das von ihm selber geprägte Motto lieber, Die Sechzehnte ist der Alptraum ihrer Feinde , aber geschenkt.
    Nefraku hielt einige Sekunden stumm seinen Blick. „Die Kerle hier wird keiner vermissen.“ Er sagte es mit steinerner Miene. „Die Stadtmiliz am wenigsten. Den Kerlen hier kräht kein Hahn nach.“
    „Vielleicht hast du Recht“, sagte Auric. „Aber darum geht es nicht. Es geht um was Prinzipielles.“ Er ließ seinen Blick über ihre Umgebung gleiten, über die in der Düsternis vor den stockfinsteren Schattenrissen von Ufermauer und Brückenbogen nur als zusammengesunkene Umrisse erkennbaren Leichen am Boden, über die Steinplatten, die ringsum in einem abweichenden Ton als der Feuchte vom Fluss her schlüpfrig glitzerten, von Spritzern, Lachen, Rinnsalen, den schlampig grausigen Spuren einer üblen Schlachterei. „Das hier ist kein Krieg“, sagte er. „Wir sind hier nicht im Feld. Das hier ist die Zivilisation. Wenn wir jetzt hier einfach abhauen, dann machen wir aus einem Akt klarer Notwehr einen ungeklärten Mordfall. Egal, ob diese Kerle jemand vermisst, egal, was sie für Halsabschneider sind – wir jedenfalls sind Offiziere der idirischen Armee.“
    Kudai sah sie über die Leichen hinweg, mit Beklommenheit im Blick an.
    „Du hast uns in eine ganz schön beschissene Situation gebracht, Nefraku“, sagt er, und ließ unwillig seinen Kopf hin und her baumeln. „Eine echt beschissene Situation. In was, zur Hölle, hast du uns da nur hineingeritten?“  
    Auric sah Kudai ins Gesicht, und der Ausdruck darin prägte sich ihm zutiefst ein. Sein ständiges Grinsen war wie ausgelöscht. Der Triumph, den er den ganzen Abend wie ein Banner vor sich hergetragen hatte, lag ihm mit einem Mal zentnerschwer auf den

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