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Der Kardinal im Kreml

Der Kardinal im Kreml

Titel: Der Kardinal im Kreml
Autoren: Clancy Tom
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wo alle warteten, zurückrief. Watutin merkte sich die Anweisungen, führte alle zu Gerasimows Wagen und nannte ein Ziel, das Jack nicht verstand. Das Auto fuhr durch die menschenleeren Straßen von Moskau – es war schon nach Mitternacht –, und Ryan, der zwischen den beiden KGB-Offizieren eingeklemmt saß, hoffte, daß man ihn zu seiner Botschaft bringen würde, doch sie fuhren weiter, durchquerten mit hoher Geschwindigkeit die Stadt und erreichten bald die Wälder. Nun bekam er Angst. Die diplomatische Immunität schien auf dem Flugplatz mehr wert gewesen zu sein als hier im Wald.
    Nach einer Stunde verlangsamte der Wagen die Fahrt und bog von der asphaltierten Straße auf einen gewundenen Waldweg ab. Überall waren Uniformierte mit Gewehren, wie Ryan feststellte. Wo bin ich? fragte er sich und vergaß die Schmerzen, die ihm Knie und Knöchel bereiteten. Warum bringt man mich hierher?
    Einfach umbringen können sie mich nicht. Ich habe einen Diplomatenpaß und bin von zu vielen Menschen lebend gesehen worden. Wahrscheinlich hat der Botschafter schon ... Nein, der Botschafter war über den Fall nicht informiert worden. Wenn die Nachricht von seinem Zurückbleiben nicht von der Maschine aus über Funk nach Washington gegangen war, wußte niemand ... Aber können die mich einfach umlegen?
    Die Tür wurde aufgerissen. Golowko stieg aus und zog Ryan mit sich. Fest stand für Jack nun nur, daß Widerstand sinnlos war.
    Ein ganz normales Holzhaus im Wald, durch dessen
Fenster gelbes Licht schimmerte. Überall standen Bewaffnete in Uniform herum und starrten ihn an. Ein Offizier kam und durchsuchte Ryan gründlich, entlockte ihm ein schmerzliches Stöhnen, als er zu dem aufgeschürften Knie kam. Zu Ryans Überraschung entschuldigte sich der Mann flüchtig und nickte dann Golowko und Watutin zu, die ihre Pistolen abgaben und Ryan ins Haus führten.
    In der Diele nahm ihnen ein Mann die Mäntel ab. Zwei andere, die Zivil trugen, waren offensichtlich von Polizei oder KGB. Ryan wurde noch einmal durchsucht und stellte überrascht fest, daß man auch Watutin und Golowko abtastete. Dann führte einer sie durch eine Tür.
    Andrej Iljiltsch Narmonow, der Generalsekretär der KPdSU, saß auf einem Polstersessel vorm Kamin. Er erhob sich, als die vier Männer den Raum betraten, und wies sie mit einer Geste an, auf dem Sofa gegenüber Platz zu nehmen. Der vierte Mann, ein Leibwächter, nahm hinter dem sowjetischen Regierungschef Aufstellung. Narmonow sprach Russisch; Golowko dolmetschte.
    Â»Sie heißen?«
    Â»John Ryan, Sir«, erwiderte Jack. Der Generalsekretär wies auf einen Sessel gegenüber und stellte fest, daß Ryan hinkte.
    Â»Anatoli«, sagte er zu seinem Leibwächter, der Ryan am Arm nahm und mit ihm in ein Badezimmer ging. Ryan säuberte die Wunde; der Leibwächter, der ihn nicht aus den Augen ließ, reichte ihm ein Pflaster und führte ihn dann wieder zurück.
    Watutin hatte sich inzwischen entfernt, aber Golowko war noch da. Anatoli stellte sich wieder hinter Narmonow.
    Â»Die Wärme tut gut«, meinte Ryan. »Vielen Dank, daß ich mein Knie verbinden durfte.«
    Â»Von Golowko höre ich, daß wir mit der Verletzung nichts zu tun hatten. Stimmt das?«
    Â»Jawohl, Sir. Daran bin ich selbst schuld. Niemand hat mich mißhandelt.« Narmonow musterte ihn eine halbe Minute lang neugierig und sprach dann.
    Â»Ich hatte Ihre Hilfe nicht nötig.«

    Â»Ich weiß nicht genau, wovon Sie sprechen, Sir«, log Ryan.
    Â»Glaubten Sie wirklich, Gerasimow könne mich stürzen?«
    Â»Sir, ich verstehe nicht. Ich hatte lediglich den Auftrag, das Leben eines unserer Agenten zu retten. Um das zu erreichen, mußten wir den Vorsitzenden Gerasimow in Mißkredit bringen. Es war nur eine Frage des Angelns mit dem richtigen Köder.«
    Â»Nach dem richtigen Fisch«, kommentierte Narmonow, dessen Miene nicht zu seinem amüsierten Ton passen wollte. »Und Oberst Filitow war Ihr Agent?«
    Â»Jawohl, Sir.«
    Â»Das habe ich gerade erst erfahren.«
    Dann wissen Sie, daß auch Jasow unter Druck stand. Wie knapp war das wohl, Genosse Generalsekretär? Ryan verkniff sich die Frage, auf die vermutlich auch Narmonow keine Antwort wußte.
    Â»Wissen Sie, weshalb er zum Verräter wurde?«
    Â»Nein. Ich erfuhr nur, was ich unbedingt wissen
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