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Der Judas-Code: Roman

Titel: Der Judas-Code: Roman
Autoren: James Rollins , Norbert Stöbe
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bildeten sich rote Striemen auf der Haut.
    »Susan...«
    Ihr stockte der Atem. »Mein Gott...«
    Sie kannte die schreckliche Wahrheit bereits.
    »Die Algen... sie sind in mir drin.«

Die Enthüllung

1
    Die schwarze Madonna

1. Juli, 10:34
Venedig, Italien
    Er wurde gejagt.
    Stefano Gallo eilte über den Markusplatz. Die Morgensonne hatte das Pflaster der Piazza bereits aufgeheizt, und die Touristenscharen suchten entweder den Schatten oder drängten sich an der Eisdiele, die von San Marco vor der Sonne abgeschirmt wurde. Dieses stolze Wahrzeichen Venedigs mit seiner hohen byzantinischen Fassade, den Pferden aus massiver Bronze und den Kuppelgewölben aber war nicht sein Ziel.
    Nicht einmal die Basilika hätte ihm Schutz geboten.
    Er hatte nur eine einzige Hoffnung.
    Als er an der Kirche vorbeikam, wurde er schneller. Vor ihm flatterten Tauben auf und brachten sich flügelschlagend in Sicherheit. Er hatte jede Verstellung aufgegeben. Er war bereits entdeckt worden. Den jungen Ägypter mit den schwarzen Augen und dem säuberlich gestutzten Bart hatte er in dem Moment bemerkt, als der Mann von der anderen Seite her den Markusplatz betreten hatte. Ihre Blicke hatten sich getroffen. Der Mann trug jetzt einen dunklen Anzug, der ihm wie Öl von den breiten, knochigen Schultern floss. Bei ihrer ersten Begegnung hatte er sich Stefano gegenüber als Archäologiestudent aus Budapest ausgegeben, der einen alten Freund und Kollegen von der Athener Universität vertrat.
    Der Ägypter hatte im Museo Archeologico nach einer bestimmten Antiquität gesucht. Ein kleiner Obelisk, ein eher unbedeutender Fund. Der von der Regierung finanzierte Ägypter wollte ihn in seine Heimat zurückholen. Er hatte eine beträchtliche Geldsumme in gebündelten Scheinen dabeigehabt. Stefano, einer der
Museumskuratoren, war an und für sich nicht abgeneigt gewesen, das Bestechungsgeld anzunehmen; die steigenden Medikamentenrechnungen seiner Frau drohten sie aus ihrer kleinen Wohnung zu vertreiben. Heimlich Geld anzunehmen, war nicht ehrenrührig; schon seit zwanzig Jahren kaufte die ägyptische Regierung Nationalschätze aus Privatsammlungen zurück und setzte Museen unter Druck, ihr zurückzugeben, was Ägypten rechtmäßig gehörte.
    Deshalb hatte Stefano zunächst eingewilligt und versprochen, den Obelisken zu übergeben. Was war schon ein kleiner Steinobelisk? Dem Inventarverzeichnis zufolge war er seit fast hundert Jahren in einer Kiste verpackt. Die knappe Beschreibung offenbarte auch den Grund: Unbeschrifteter Marmorobelisk, gefunden in Tanis, aus der letzten dynastischen Epoche stammend (26. Dynastie, 615 v. Chr.). Das Objekt wirkte auf den ersten Blick unscheinbar. Seine Herkunft allerdings war nicht uninteressant. Es stammte aus der Sammlung eines der Musei Vaticani in Rom: aus dem Gregorianischen Ägyptischen Museum.
    Wie es den Obelisken nach Venedig verschlagen hatte, war unbekannt.
    Dann hatte Stefano gestern Morgen von einem Kurier einen Umschlag mit einem Zeitungsausschnitt erhalten, in dessen Wachssiegel ein Zeichen eingeprägt gewesen war.

    Der griechische Buchstabe Sigma.
    Die Bedeutung des Siegels verstand er nicht, doch die Botschaft des Zeitungsauschnitts war unmissverständlich. Der Artikel war drei Tage zuvor erschienen und bezog sich auf einen Leichenfund am Strand. Dem Mann war die Kehle durchgeschnitten worden, sein Körper war aufgedunsen gewesen und hatte von Aalen gewimmelt. Eine besonders starke Welle hatte ihn aus seinem Wassergrab ans Ufer gespült. Die Untersuchung des Gebisses hatte ergeben, dass es sich um den Universitätskollegen handelte, der angeblich den Ägypter hergeschickt hatte.
    Der Mann war bereits seit mehreren Wochen tot gewesen.
    Die schockierende Neuigkeit veranlasste Stefano, rasch zu handeln.
Er drückte sich den schweren, in Sackleinen eingewickelten Obelisken, an dem noch einzelne Halme Packstroh hafteten, an die Brust.
    Stefano hatte ihn aus dem Kellergewölbe entwendet, obwohl er wusste, dass er damit sich selbst, seine Frau und seine ganze Familie in Gefahr brachte.
    Doch er hatte keine andere Wahl gehabt. Außer dem Zeitungsartikel war in dem Umschlag noch eine eilig hingekritzelte Nachricht in Frauenhandschrift gewesen, eine Warnung. Der Inhalt der Nachricht klang unglaublich, doch er hatte sie auf ihren Wahrheitsgehalt hin überprüft. Es stimmte.
    Als er losrannte, schnürte sich ihm die Kehle zusammen.
    Er hatte keine andere Wahl.
    Der Obelisk durfte nicht dem Ägypter in die Hände
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