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Der Jakobsweg

Der Jakobsweg

Titel: Der Jakobsweg
Autoren: Inka Ehrbar
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im ,El Molino’ einquartieren, einer nagelneuen Pilgerherberge. Die Betten sind fabrikneu und die Matratzen noch in Plastikfolie eingeschweißt.
    Nachdem der Ofen beheizt ist, bekomme ich ein einfaches, aber köstliches Essen. Ich empfinde auch diesen Tag als gelungen und bin der spanischen Familie dankbar, die mich freundlich umsorgt hat.
     

18. Wandertag: El Acebo – Cacabelos – 33 km
     
    Katzen rieche ich drei Meilen gegen den Wind. Ais ich sie dann sehe, juckt es mir ganz ordentlich in den Pfoten. Sie lungern vor Haustüren, auf Fenstersimsen, gar auf den Dächern. Eigentlich überall. Aber ich lasse sie in Ruhe, denn schließlich habe ich mit Inka abgemacht, dass wir uns innerhalb eines Dorfes gegenseitig an der Leine halten. Eine ziemlich blöde Vereinbarung. Aber versprochen ist versprochen!
    Die Ginsterlandschaft gefällt mir recht gut. Hier kann ich mich mal so richtig austoben. Die Schafherde, der wir begegnen, lasse ich aber links liegen. Ich unterhalte mich ein wenig mit dem zotteligen Artgenossen, der sie bewacht. Wir stecken die Köpfe zusammen und tauschen allgemeine Erfahrungen aus. Dabei gewinne ich den Eindruck, dass er eigentlich nett ist.
    Pustekuchen! So was Großkotziges ist mir selten über den Weg gelaufen. Anstatt mir zu erklären, warum seine Schützlinge ständig blöd blöken, erzählt er mir, wie wichtig seine Arbeit ist. Plötzlich faselt er, er fühle sich als Begleiter zwischen den Welten der Lebenden und der Toten. Und dann wirft er mir aus heiterem Himmel auch noch vor, mein einziges Ziel sei es, etwas zu fressen und eine warme Bleibe zu finden.
    Ich glaube, ich war das erste Mai in meinem Hundeleben sprachlos und habe ihn kopfschüttelnd stehen lassen. Dazu fiel mir nichts mehr ein.
    Außer: Blöder Hund, philosophischer!
    Dieses Gespräch und später die Lauferei durch die winkligen Gassen irgendeiner Stadt haben mich ziemlich erschöpft. Inka scheint es weder zu merken noch zu interessieren. Ich beiße sie zärtlich in die Waden, in den Po. Keine Reaktion. Erst als ich mich wie ein Sklave vor ihre Füße schmeiße, zeigt sie Mitleid.
    Wir legen uns eine Weile ins Gras und machen ein Nickerchen.
    Lustlos bringe ich den Rest des Weges hinter mich. Ich stöhne, weil es viel zu warm ist. Gestern Schnee und heute ein Wetter wie mitten im Sommer. Meine Pfoten sind so was von kaputt, vermutlich werde ich nie wieder einen Knochen halten können.
     
    Die Sonne lugt über die Berge und vertreibt nach und nach die Wolken. Der weißblütige Ginster wächst hier schulterhoch und duftet herrlich. Es sieht so aus, als liege ein schöner Tag vor mir.
    Während ich gestern eine Winterlandschaft durchwandert habe, geht es heute in die des Frühlings.
    Ich weiß nicht, wo ich zuerst hinschauen soll. Beim Anblick des blühenden Lavendels und der Rosen, die hellrot und violett schimmern, laufen mir die Augen über.
    Wie gebannt bleibt mein Blick an einem stattlichen alten Baum hängen. Es kommt mir so vor, als hätte er ein Gesicht, das lächelt, und Arme und Hände, die mir winken. Je näher ich komme, um so vertrauter wird er mir. Ich kann nicht anders, ich umarme ihn zärtlich und spüre seine Kraft, die zu meiner wird.
    Wir strecken unsere Arme gemeinsam in den Himmel, um mit dem Wind und den Vögeln zu singen und zu jubilieren...
    Ich muss verrückt sein. Doch ich fühle mich großartig, unabhängig und völlig frei. Vom Rhythmus meiner Schritte getragen mache ich mir das harmonische Zusammenspiel von Himmel und Erde bewusst, von Tag und Nacht, von Sonne und Mond, von Luft und Wasser.
    Einige Stunden später hat mich die Zivilisation wieder. In Ponferrada, der Hauptstadt des Bierzo, wird Eisen und Stahl erzeugt.
    Die Templerburg aus dem 12. Jahrhundert liegt gleich an der Brücke über den Sil und sicherte einst den Weg der Pilger nach Santiago. Die Ruinen beeindrucken ebenso wie die Wohnhäuser, die mir größer und gepflegter Vorkommen als anderswo.
    Nachdem wir die endlosen Kohlehalden am Rand der Stadt hinter uns gelassen haben, wandern wir in Weinberge und danach über saftige Wiesen.
    Als wir ein wenig müde sind, legen sich Tila und ich ins Gras. So einfach ist das. Ich genieße die Sonne, die mir warm ins Gesicht scheint. Mein Blick schweift von den fetten Kühen, die um uns herum grasen, zu den Kirschbäumen, die eine reiche Ernte ahnen lassen. Sie stehen in einem wunderbaren Kontrast zu den schneebedeckten Bergen am Horizont, wo sich dunkle Wolken ballen.
    Auf den Straßen von
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