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Der Hundertjaehrige der aus dem Fenster stieg und verschwand

Der Hundertjaehrige der aus dem Fenster stieg und verschwand

Titel: Der Hundertjaehrige der aus dem Fenster stieg und verschwand
Autoren: Jonas Jonasson
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und teilte ihm mit, dass er so was nicht einfach tun dürfe. Dann gab er Allan sein Geld zurück und nahm ihm das Versprechen ab, sich nicht mehr mit der Behörde anzulegen.
    Allan und Molotow hatten es schön zusammen. Jeden Tag, an dem das Wetter es zuließ, unternahmen sie eine kurze Fahrradtour über die Feldwege der näheren Umgebung. Allan kümmerte sich um die Pedale, während Molotow im Fahrradkorb saß und den Fahrtwind und die Fahrt genoss.
    Die kleine Familie lebte ein angenehmes, geregeltes Leben. Und das dauerte so lange, bis sich zeigte, dass nicht nur Allan, sondern auch Molotow älter geworden war. Da erwischte der Fuchs eines Tages den Kater, und das war ebenso überraschend für Fuchs und Kater, wie es für Allan betrüblich war.
    Er war wahrscheinlich trauriger, als er es je zuvor in seinem Leben gewesen war, doch bald schlug seine Trauer in Wut um. Mit Tränen in den Augen stellte sich der alte Sprengstoffexperte auf die Veranda und rief in die Winternacht hinaus:
    »Wenn du Krieg haben willst, dann kannst du Krieg haben, du Scheißfuchs !«
    Zum ersten und einzigen Mal in seinem Leben war Allan so richtig wütend. Und das verflog auch nicht mit einem Drink, einer führerscheinlosen Runde mit dem Auto oder einer extralangen Fahrradtour. Dass Rache als Triebfeder des Lebens nicht funktionierte, wusste er. Nichtsdestoweniger hatte er jetzt aber nur noch Rache im Sinn.
    Er brachte einen Sprengsatz am Hühnerhaus an, der losgehen sollte, sobald der Fuchs wieder hungrig wurde und seine Schnauze ein bisschen zu weit in das Terrain der Hühner steckte. Doch in seinem Zorn vergaß Allan ganz, dass er direkt neben dem Hühnerhaus seinen ganzen Dynamitvorrat lagerte.
    So kam es, dass es in der Abenddämmerung, drei Tage nach Molotows Hinscheiden, in diesem Teil des Sörmländer Waldes so schlimm knallte wie seit den zwanziger Jahren nicht mehr.
    Der Fuchs flog in die Luft, ebenso wie Allans Hühner, Hühnerhaus und Holzschuppen. Doch der Sprengsatz reichte bequem auch noch für die Scheune und das Wohnhaus. Allan saß auf seinem Sessel, als es geschah. Er flog mitsamt Sessel in die Luft und landete in einer Schneewehe vorm Kartoffelkeller. Dort saß er dann und sah sich verwundert um, bis er schließlich feststellte:
    »So viel zum Fuchs.«
    Allan war zu diesem Zeitpunkt bereits neunundneunzig Jahre alt und fühlte sich so lädiert, dass er erst mal sitzen blieb, wo er war. Doch Krankenwagen, Polizei und Feuerwehr hatten keine Probleme, den Unfallort zu lokalisieren, denn die Flammen loderten hoch. Als man festgestellt hatte, dass der Alte auf dem Sessel in der Schneewehe vor seinem Kartoffelkeller unverletzt war, rief man stattdessen das Sozialamt an.
    Es dauerte keine Stunde, da war auch schon Sozialarbeiter Henrik Söder zur Stelle. Allan saß immer noch auf seinem Sessel, nur hatten ihn die Sanitäter in mehrere gelbe Wolldecken gewickelt, was im Grunde nicht wirklich nötig gewesen wäre, denn das Haus, das bald komplett niedergebrannt war, wärmte immer noch sehr gut.
    »Herr Karlsson, Sie haben wohl Ihr Haus in die Luft gesprengt?«, sagte Sozialarbeiter Söder.
    »Ja«, erwiderte Allan. »Ist so eine dumme Angewohnheit von mir.«
    »Dann gehe ich wohl recht in der Annahme, dass Sie jetzt keine Bleibe mehr haben«, fuhr der Sozialarbeiter fort.
    »Da ist was dran«, sagte Allan. »Haben Sie vielleicht einen Vorschlag, Herr Sozialarbeiter?«
    Den hatte der Herr Sozialarbeiter so aus dem Stegreif auch nicht, daher durfte Allan auf Kosten des Sozialamts bis auf Weiteres im besten Hotel in Flen wohnen, wo er am Abend darauf ein fröhliches Silvester feierte, unter anderem mit Sozialarbeiter Söder und seiner Frau.
    So schick hatte Allan es nicht gehabt, seit er kurz nach dem Krieg eine Weile in einem luxuriösen Grand Hôtel in Stockholm gewohnt hatte. Diese Rechnung sollte er wohl auch endlich mal begleichen, denn das war damals in der Eile anscheinend ganz vergessen worden.
    In den ersten Tagen des Januar 2005 hatte Sozialarbeiter Söder eine potenzielle Bleibe für den sympathischen Alten gefunden, der in der Woche zuvor über Nacht obdachlos geworden war.
    Allan landete im Seniorenzentrum Malmköping, wo gerade Zimmer 1 frei geworden war. Dort wurde er von Schwester Alice in Empfang genommen, die zwar freundlich lächelte, doch Allan im Handumdrehen jede Lebenslust nahm, als sie ihm die umfangreiche Hausordnung des Altersheims erläuterte. Schwester Alice sprach von Rauchverbot, Alkoholverbot und
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