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Der Hundertjaehrige der aus dem Fenster stieg und verschwand

Der Hundertjaehrige der aus dem Fenster stieg und verschwand

Titel: Der Hundertjaehrige der aus dem Fenster stieg und verschwand
Autoren: Jonas Jonasson
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mit den schwedischen Behörden über die Tatsache herumstreiten, dass es ihn gab. Schließlich gaben sie klein bei und begannen zu Allans Erstaunen eine Rente zu zahlen.
    »Warum das denn?«, fragte Allan.
    »Weil Sie Rentner sind«, sagte die Behörde.
    »Ach ja?«, sagte Allan.
    Ja, das Rentenalter hatte er inzwischen locker erreicht. Im nächsten Frühjahr feierte er seinen achtundsiebzigsten Geburtstag, und Allan wurde klar, dass er inzwischen richtig alt geworden war. Entgegen allen Erwartungen und ohne näher darüber nachgedacht zu haben. Wobei er freilich noch wesentlich älter werden sollte …
    Die Jahre vergingen in gemächlichem Tempo und ohne dass Allan den Lauf der Weltgeschichte weiter beeinflusst hätte. Er beeinflusste nicht mal den Lauf der Dinge in Flen, wo er ab und zu hinfuhr, um Lebensmittel einzukaufen (bei Großhändler Gustavssons Enkel, der den ICA-Supermarkt betrieb und zum Glück keine Ahnung hatte, wer Allan war). Die Bibliothek in Flen bekam jedoch keinen Besuch mehr von ihm, denn Allan war dahintergekommen, dass man seine Zeitungen auch abonnieren konnte und dass sie dann fein säuberlich in seinem Briefkasten landeten. Äußerst praktisch!
    Als der Einsiedler in seiner Hütte bei Yxhult dreiundachtzig geworden war, wurde ihm das Radfahren zwischen Flen und seiner Hütte langsam zu beschwerlich, also kaufte er sich ein Auto. Eine Weile überlegte er, ob er sich auch einen Führerschein zulegen sollte, aber als ihm der Fahrlehrer mit Sehtest und Fahrerlaubnis kam, beschloss Allan, einfach ohne zu fahren. Als der Lehrer mit Kursliteratur, Theorieunterricht , Fahrstunden und abschließender Prüfung in Theorie und Praxis weitermachte, hatte Allan schon lange die Ohren zugeklappt.
    1989 zerfiel die Sowjetunion endgültig, und das überraschte den Alten in Yxhult, der sich seinen Schnaps selbst brannte, nicht im Geringsten. Der junge Mann, der jetzt an der Macht war, dieser Gorbatschow, hatte seine Amtsperiode mit einer Kampagne gegen den weit verbreiteten Wodkakonsum der Nation begonnen. Mit so was konnte man die Massen nicht gewinnen, das musste doch jedem klar sein, oder?
    Im selben Jahr, an Allans Geburtstag sogar, saß plötzlich ein Katzenjunges auf Allans Vortreppe und gab zu verstehen, dass es hungrig war. Allan lud das Tier in seine Küche ein und servierte ihm Milch und Wurst. Das wiederum fand das Kätzchen so hochanständig, dass es gleich ganz einzog.
    Es war eine getigerte Bauernkatze, ein Kater, der bald auf den Namen Molotow getauft wurde, nicht nach dem Außenminister, sondern nach der Bombe. Molotow sagte nicht viel, aber er war unbeschreiblich intelligent und konnte großartig zuhören. Wenn Allan etwas zu erzählen hatte, musste er den Kater nur rufen, dann kam er sofort zu ihm getrippelt (es sei denn, er jagte gerade Mäuse – Molotow wusste eben Prioritäten zu setzen). Er sprang Allan auf den Schoß, machte es sich bequem und zuckte mit den Ohren, zum Zeichen, dass sein Herrchen jetzt erzählen konnte, was es zu erzählen hatte. Wenn Allan Molotow gleichzeitig auch noch hinter den Ohren und im Genick kraulte, konnte das Plauderstündchen geradezu unbegrenzt ausgedehnt werden.
    Als sich Allan etwas später auch noch Hühner anschaffte, musste er Molotow nur ein einziges Mal sagen, dass er das Federvieh nicht herumjagen sollte, und der Kater nickte und hatte sofort verstanden. Dass er auf diese Regel pfiff und den Hühnern trotzdem nachsetzte, bis es ihm langweilig wurde, stand auf einem anderen Blatt. Wie hätte man auch anderes von ihm verlangen können? Er war schließlich ein Kater.
    Allan fand, dass niemand schlauer war als Molotow, nicht mal der Fuchs, der ständig ums Hühnerhaus strich und nach einer Lücke im Zaun suchte. Den Kater beäugte er ebenso begehrlich, aber Molotow war für den Fuchs einfach viel zu schnell.
    Zu den Jahren, die Allan bereits auf dem Buckel hatte, kamen noch einige mehr. Und jeden Monat kam die Rente von der Behörde, ohne dass Allan einen Handschlag dafür getan hätte. Von dem Geld kaufte Allan Käse, Wurst und Kartoffeln und ab und zu ein Paket Zucker. Außerdem zahlte er das Abonnement des Eskilstuna-Kuriren und die Stromrechnung, wenn sie zu kommen beliebte.
    Doch wenn das alles bezahlt war, blieb immer noch jeden Monat Geld übrig, für das er keine Verwendung hatte. Also schickte Allan eines Tages den Überschuss in einem Kuvert an die Behörde zurück. Nach einer Weile kam jedoch ein Verwaltungsangestellter zu Allans Hütte
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