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Der Hund des Propheten: Roman (German Edition)

Der Hund des Propheten: Roman (German Edition)

Titel: Der Hund des Propheten: Roman (German Edition)
Autoren: Ulrich Ritzel
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Wort sei gefallen, vielleicht auch manche Verletzung zugefügt worden.
    Rübsam ertappt sich bei dem Gedanken, dass sich – sollte er je in die Verlegenheit kommen – ein a tergo empfehlen würde, so dass die vorstehenden Zähne gar nicht weiter zu stören bräuchten… Um sich abzulenken, holt er den Zeitungsausschnitt aus seiner Brieftasche und liest ihn noch einmal.
     
    Ehrenamtlichen Musikern schlecht gedankt
    Von unserem Mitarbeiter Eugen Hollerbach
     
    WINTERSINGEN • »Undank ist der Welt Lohn«, das hat Gottfried Buck schon immer gewusst. Aber in diesen Tagen muss Buck, Vorstand des Posaunenchors Wintersingen, besonders oft an diese alte Weisheit denken. Denn die Posaunenbläser, die seit Jahren an den Samstagen die Patienten der Universitätsklinik mit ihrem Spiel erfreuen und aufmuntern, sollen dort nicht mehr erwünscht sein. Eine aus Stuttgart angereiste Besucherin hat sich von dem Spiel der vielfach kirchenmusikalisch ausgezeichneten Wintersinger Posaunenbläser gestört gefühlt und sich jetzt sogar schriftlich beschwert.
     
    »Bei unserem letzten Ständchen ist plötzlich eine Frau auf mich zugekommen und hat mich angefahren, ob wir nichts anderes spielen könnten«, berichtet Buck. »Ich war ganz sprachlos, denn wir sind ein kirchlicher Posaunenchor, sollen wir da vielleicht einen Rumba spielen?« Der Chor setzte dann sein Konzert fort, doch Tage später erhielt Buck einen Anruf vom Bezirkspräsidenten der Posaunenchöre, dass eine Beschwerde vorliege, weil das Spiel der Wintersinger Bläser einzelne Patienten »seelisch belaste«. Buck kann darüber nur den Kopf schütteln. Überhaupt kein Verständnis mehr aber hat er dafür, dass es sich bei der Beschwerdeführerin um eine evangelische Religionslehrerin aus Stuttgart handelt. »Da sieht man doch«, sagt Buck, selbst Wintersinger Kirchengemeinderat, »wohin es mit der Kirche gekommen ist.«
     
    Die Andacht kommt zu einem sinnträchtigen Schluss, denn Pfarrerin Schaich-Selblein bittet darum, dass das Vergangene nicht den Blick für die anstehende Aufgabe trüben möge. Rübsam blickt hoch und in die Augen des Prälaten Wildenrath. Der Prälat nickt Rübsam auf eine Weise zu, als wollte er sagen: Da haben wir die Bescherung!
    Die haben wir allerdings, denkt Rübsam. Dem Wahlausschuss war bereits im Frühsommer ein erster Kandidat vorgeschlagen worden, ein Pfarrer aus einer Schwarzwaldgemeinde, der als Schützling des neuen pietistischen Landesbischofs ausgewiesen war. Bei seiner Vorstellung hatte sich herausgestellt, dass der Schwarzwaldpfarrer das Universum zwar nicht für eine Hohlkugel hielt, wohl aber der Ansicht war, es sei vor 7000 Jahren erschaffen worden, und zwar auf einen Sitz.
    Nun ist man in Ulm sehr stolz auf einige kleine, aus Mammutzähnen geschnitzte Tier-Plastiken, die in den Trockentälern der Alb gefunden worden waren und die einige zehntausend Jahre alt sind. Da man entweder an die Radiokarbon-Methode glauben kann, mit der die Plastiken untersucht worden waren, oder aber an die Schwarzwälder Schöpfungsgeschichte, schloss sich die Mehrheit im Wahlausschuss dem Vorschlag Rübsams an, um einen neuen Kandidaten zu bitten, sehr zur Empörung der Frommen Gemeinde. Der Landeskirchenausschuss musste zähneknirschend sich von neuem umsehen und wurde schließlich in einer Problemgemeinde des Stuttgarter Ostens fündig, bei Dr. Guntram Hartlaub, einem Seelsorger, für den vor allem sprach, dass er sich bis dahin mit keinem der innerhalb der Landeskirche maßgeblichen Gesprächskreise angelegt hatte.
    Fein gesponnen, denkt Rübsam. Leider hatte der Landeskirchenausschuss nicht bedacht, dass Dr. Hartlaub auch eine Frau hat, und Frauen gelegentlich dazu neigen, den Mund aufzumachen. Rübsam kennt das Ehepaar Hartlaub, wie man sich unter den Pfarrern und aus den Zeiten des Studiums so kennt, und so weiß er, dass die Stuttgarter Religionslehrerin, die sich mit den frommen Posaunisten angelegt hatte, Marielouise Hartlaub ist.
    Und nicht nur er weiß das. Der Blick des Prälaten hat daran keinen Zweifel gelassen.
     
    All mein Beginnen, Tun und Werk
    Erfordert von Gott Kraft und Stärk’…
    Zum Abschluss der Andacht wird gesungen, und da die Mitglieder des Ausschusses es gewohnt sind, ihren Gemeinden vorzusingen, gibt es einen kräftigen Klang.
    »Sehr schöne, sehr angemessene Worte haben Sie da aufgesetzt«, sagt Wildenrath, und man kann zusehen, wie die Schaich-Selblein einen roten Kopf bekommt.
    Was reitet den Prälaten, das einen
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