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Der Höllenbote (German Edition)

Der Höllenbote (German Edition)

Titel: Der Höllenbote (German Edition)
Autoren: Edward Lee
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fasste sich an die Brust. Mein Gott! Wenn ich heute keinen Herzinfarkt bekomme, dann wahrscheinlich nie ...
    Sie starrte das Telefon an. Steve, war ihr erster makabrer Gedanke. Der Albtraum, den sie im Streifenwagen gehabt hatte, drang wieder in ihr Bewusstsein. Aber nein, es konnte nicht Steve sein. Steve war tot.
    Sie ließ es noch ein paarmal klingeln, bevor sie genug Mut gesammelt hatte, um den Hörer abzunehmen.
    »Hallo?«
    »Ich bin froh, dass Sie in Sicherheit sind ...«
    Den Akzent erkannte Jane sofort. »Professor Dhevic ...«
    »Ich habe die Polizei angerufen, als ich im Postamt fertig war ...«
    »Woher wussten Sie, was vor sich ging?«, fragte sie erstaunt.
    Als er darauf nicht antwortete, kam sie sich dumm vor. Er wusste es eben, dachte sie. »Tut mir leid. Dumme Frage. Aber vielen Dank. Sie haben mir das Leben gerettet.«
    »Eigentlich ist es nie wirklich in Gefahr gewesen.« Hörte sie da ein leises Lachen? »Vertrauen Sie mir.«
    »Tut mir leid, dass ich Ihnen nicht geglaubt habe«, sagte sie. »Ich dachte, Sie wären einer von denen.«
    »Das ist durchaus verständlich, wenn man bedenkt, was mir Chief Higgins in meinem Motelzimmer untergejubelt hat. Aber das spielt jetzt alles keine Rolle mehr. Es ist vorbei. Sie und Ihre Kinder sind in Sicherheit.«
    Ja, wurde ihr endlich klar. Sie befanden sich tatsächlich in Sicherheit. »Was ist mit Ihnen? Sind Sie in Ordnung?«
    »Mir geht es gut.«
    »Was werden Sie jetzt tun? Weitere Dokumentationen fürs Fernsehen drehen?«
    Ein Knurren kam vom anderen Ende der Leitung. »Nur wenn meine Gönner mich wieder hängenlassen.«
    Sie schwieg einen Moment. »Wer genau sind Ihre Gönner, Professor?«
    »Das spielt keine Rolle«, antwortete er. »Aber sie werden hocherfreut sein, wenn sie das nächste Mal von mir hören. Doch jetzt verlasse ich die Stadt, um woanders hinzugehen.«
    »Haben Sie gefunden, wonach Sie gesucht haben?«
    »Ja.«
    Eine weitere Pause. Jane wusste nicht, was sie zu diesem Mann sagen sollte, der ihr gerade das Leben gerettet hatte.
    »Deshalb mache ich mich jetzt auf den Weg. Auf den Weg zum nächsten. Ich wollte mich nur verabschieden.«
    Sie verstand nicht ganz, was er damit meinte. »Auf Wiedersehen, Professor.«
    »Ich bin kein besonders geübter Seelentröster, Ms. Ryan, aber bitte nehmen Sie sich dieses Zitat aus dem Markusevangelium zu Herzen: ›Dein Glaube hat dich gesund gemacht.‹ Denken Sie darüber nach.«
    Jane hielt den Hörer noch an ihr Ohr, als bereits das Freizeichen ertönte. Ist das so?, fragte sie sich. Hat mein Glaube mich wirklich gesund gemacht?
    Wahrscheinlich würde sie es irgendwann herausfinden.
    Aber eins machte sie stutzig. Was hat er damit gemeint, als er sagte: Auf den Weg zum nächsten?
    Zum nächsten was?
    Jane legte den Hörer auf.
    (II)
    Dhevic legte den Hörer auf.
    Das neue Motel war kaum besser als das letzte, aber er konnte sich nicht beschweren. Seine Mission war fürs Erste erledigt. Sein Geist verspürte eine selige Ruhe – keine Visionen, nicht das leiseste Omen. Er saß in seinem Stuhl hinter dem kleinen Schreibtisch, auf dem eine Gideonbibel lag, und stieß einen tiefen Seufzer aus. In der Ledermappe zu seinen Füßen ruhte der Klöppel, nunmehr inaktiv, machtlos gegen seine Aura und seinen Glauben. Morgen würden seine Gönner sich am Flughafen Tampa mit ihm treffen und anschließend den Glockenklöppel zum Hochsicherheitslager der Schweizer Garde im Vatikan bringen, um ihn im Spezialdepot für solche Reliquien wegzuschließen.
    Er verzog das Gesicht, als er am Kaffee nippte, den er sich aus dem Automaten in der Lobby des Motels gezogen hatte. Hinter ihm plapperte der Fernseher. Dhevic sah nicht viel fern, aber er ließ das Gerät gern im Hintergrund laufen, um etwas Ablenkung zu bekommen. Jetzt jedoch hörte er:
    »Willkommen zu einer neuen Ausgabe von Satanismus und Hexerei, Amerikas führender Sendung über das Okkulte. Unsere Gäste heute Abend sind der Meisterwahrsager Jeremy Hoty, der klarträumende Priester Pater Jason Judd und der weltbekannte Hellseher Professor Alexander Dhevic ...«
    Dhevic zog den Stecker des Fernsehers aus der Wand.
    Was tut man nicht alles für Geld?
    Es war diesmal eine relativ kurze Mission gewesen, trotzdem fühlte er sich abgekämpft. Nichts überraschte ihn mehr. Aber er wusste, dass er heute Nacht so gut schlafen würde wie schon lange nicht mehr. Ohne Träume und Visionen.
    Die Aussicht begeisterte ihn.
    Der Ordner mit dem anonymen Stich der Cymbellum
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