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Der höchste Preis (German Edition)

Der höchste Preis (German Edition)

Titel: Der höchste Preis (German Edition)
Autoren: Wolfgang Schweiger
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Ausbildung, mit Mühe die Hauptschule geschafft. Nur weil der Kerl vor ewigen Zeiten an einer Bushaltestelle ein Schulmädchen belästigt hatte.
    Gruber nahm das Halfter mit der Heckler &Koch ab und verstaute die Waffe in der obersten Schublade des Flurschranks. Dann zog er Schuhe und Jackett aus, schlüpfte in seine Pantoffeln und ging in die Küche. Er holte eine Pizza Salami aus dem Tiefkühlfach, schob sie in den Ofen und stellte die Uhr ein. Zeit, die er noch nutzen wollte. Er schenkte sich ein Glas Bier ein und betrat das Wohnzimmer. Der Anrufbeantworter zeigte drei neue Nachrichten an. Er setzte sich auf die Couch, stellte das Bierglas ab und drückte die Abspieltaste.
    „Hallo, ich bin’s.“
    Seine Exfrau! Gruber stöhnte auf.
    „Denk bitte dran, Freitag um halb acht in der Alten Wache. Du weißt, wie wichtig gerade diese Vernissage für mich ist. Und zieh dir bitte was Ordentliches an. Du hast doch diesen schönen dunkelblauen Anzug, den wir in Rosenheim gekauft haben. Schließlich werden eine Menge wichtiger Leute kommen, vielleicht sogar das Fern sehen. Also, ich rechne mit dir, mein Dickerchen. Ciao.“ Gruber schüttelte verwundert den Kopf. Als habe er nichts Besseres zu tun, als sich mit dem Anblick ihrer Klecksereien den Abend zu verderben. Aquarelle mit südländischen Motiven, zum Heulen. Aber vermutlich wollte sie ihn nur verkuppeln, wie schon des öfteren.
    „Servus, da ist der Herbert. I wollt nur wissn, wannst endlich amoi wieder Zeit zum Üben hast? I werd scho dauernd angred, wann wir moi wieder auftretn. Oiso, lass was von dir hörn, Oida ...“ Gruber stieß einen Seufzer aus. Nichts hätte er im Augenblick lieber gemacht, als seine Gitarre hervorgeholt und mit Herbert und den anderen aufgespielt. Let the good times roll. Aber woher die Zeit nehmen, von seiner gedrückten Stimmung ganz zu schweigen.
    „Hi Paps. Tut mir echt leid, dass es diesen Sommer nicht geklappt hat, aber das Praktikum bei dieser Filmfirma war einfach tierisch anstrengend. Wir haben manchmal bis zu vierzehn Stunden am Tag gearbeitet. Aber zu Weihnachten komme ich ganz bestimmt zu euch. Ich hoffe, dir und Mama geht es gut, und ich wollte dich fragen, weil ich jetzt doch noch heuer nach Neuseeland fliegen möchte, ob das mit dem angebotenen Zuschuss noch steht? Gibst du mir bitte in den nächsten Tagen Bescheid? Ich hab dich lieb. Bis dann.“ Gruber lächelte versonnen vor sich hin. Und nahm sich vor, gleich morgen die zweitausend Euro zu überweisen. Wenn das werte Töchterchen unbedingt um die halbe Welt fliegen wollte, um sich von seinem Ferienjob zu erholen, warum nicht?
    Er blieb noch ein paar Minuten lang sitzen und horchte auf die Stille im Haus. Schon seltsam, dachte er, da rackert man sich sein Leben lang ab und was bleibt, ist ein leeres Haus. Vielleicht wäre es doch klüger gewesen, gleich nach der Scheidung alles zu verkaufen und sich eine Wohnung in der Stadt zuzulegen, am Wochinger Spitz etwa, noch zentral und doch ruhig gelegen. Ihm graute jetzt schon vor der Totalrenovierung, die irgendwann in den nächsten Jahren auf ihn zukommen würde. Neue Heizung, neue Fenster, vielleicht sogar ein neues Dach. Andererseits war dieser Flecken hier seine Heimat, sein kleines Reich, das ihm niemand streitig machen konnte und wo ihm niemand auf den Wecker fiel. Hier konnte er rund um die Uhr Musik hören, so laut er wollte, konnte sich in seiner Freizeit seinen Rosen widmen und überhaupt so tun, als ginge ihn der Rest der Welt nichts an. Es reichte schon, dass er sich mit Kollegen herumschlagen musste, nervige Nachbarn hätten ihm da gerade noch gefehlt. Ganz abgesehen davon, dass er immer noch eine Frau finden könnte, mit der er zusammenleben wollte. Hier hätten sie reichlich Platz und könnten sich auch mal aus dem Weg gehen. Umstände also, die man nicht leichtfertig aufgeben sollte.
    Als er genug davon hatte, über seinen häuslichenKram nachzudenken, legte er „Delaney & Bonnie featuring Eric Clapton“ auf, ging zurück in die Küche und schnitt ein paar Tomaten und eine Zwiebel. Nebenbei trank er ein zweites Glas Bier und überlegte, ob er Silvia anrufen sollte. Ob er sich gleich jetzt oder erst morgen wieder mit ihr streiten wollte. Es war schon zum Verrücktwerden. Er mochte die Frau wirklich und redete sich ein, dass auch sie ihn mochte. Jedenfalls bis zu einem gewissen Grad. Gleichzeitig fand er es immer schwerer erträglich, um jedes Rendezvous betteln zu müssen. Zugegeben, die drei Kinder, die
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